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The Hood

The Hood

Titel: The Hood
Autoren: Gavin Knight
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Quellen fallen ausnahmslos in eine andere Kategorie. Man nennt sie auch »Vertrauenspersonen«. Sie werden nicht bezahlt: Meist wollen sie einen individuellen und endgültigen Ausstieg aus ihrem bisherigen Leben. Oder Rache dafür, vergewaltigt oder zusammengeschlagen worden zu sein.
    Am nächsten Tag sitzt Svensson rauchend in seinem Auto. Er observiert das Haus des Mädchens in Ashton und wartet auf seine Rückkehr. Er will gerade fahren, als er sie um die Ecke biegen sieht, den Blick gesenkt. Sie betritt Nummer Acht. Svensson stellt seinen Kragen auf und folgt ihr die Reihenhauszeile hinunter. Graffiti an den Wänden benennen alle »gefallenen Sol­daten«. Aus einem Fenster im Obergeschoss plärrt Grime. »Come and get me/Killers respect me/You can sweat me«. Diese Mädchen haben das Klischee des Gang-Lebens verinnerlicht, das Rapper wie 50 Cent oder Akon verkörpern, wo Frauen wie Prinzessinnen behandelt, mit Aston Martins und den Cigarette Speedboats von Playboys herumkutschiert werden und ständig teure Geschenke erhalten. Aber die Realität sieht anders aus. Realität ist, von der Polizei gejagt zu werden, zehn Männer des Sondereinsatzkommandos in Helmen mit Visier, die um fünf Uhr morgens durch die Haustür deiner Sozialwohnung stürmen. Realität ist, geschlagen zu werden, tagelang zu Hause allein gelassen zu werden.
    Svensson klopft an die Tür, sie öffnet sie einen Spaltbreit.
    »Chanelle?«, sagt er leise.
    Sie hat einen erstarrten, verängstigten Ausdruck in den Augen. Diesen Ausdruck sieht er nicht zum ersten Mal.
    »Was wollen Sie?«
    »Ist deine Mum da?«
    Sie schüttelt den Kopf. Wenig später unterhalten sie sich bei einer Tasse Tee in der Wohnung, in der sie mit ihrer Mutter lebt. Ein großer Teil von Svenssons Können besteht darin, genug Vertrauen bei diesen Informanten zu wecken, dass sie offen mit ihm reden. Und die Frauen vertrauen ihm, vertrauen darauf, dass er sie nicht in Gefahr bringt. Die eine oder andere verliebt sich sogar in ihn beziehungsweise in das, was er ihrer Meinung nach darstellt, nämlich die Fähigkeit, ihre Sicherheit zu garantieren. Seine besten Informanten sind Freundinnen. Sie spüren bei Svensson Verständnis und Mitgefühl. Heute drängt er nicht auf Infos über die Gooch. Heute geht es darum, einen Draht zueinander zu finden.
    »Warum bist du Bulle geworden?«, will Chanelle wissen.
    Svensson zuckt die Achseln. So etwas fällt ihm leicht. »Mein Dad war ein gewalttätiger Mann. Er hat meine Mutter geschlagen. Um von zu Hause wegzukommen, habe ich mit Judo angefangen. Der Judo-Trainer war ein Bulle.« Bevor er geht, sagt er ihr noch, sie solle seinen Namen unter »Jackie« in ihrem Handy einspeichern, und wenn sie ihm eine SMS schickt, soll sie ein »Kuss« ans Ende setzen, damit er weiß, dass sie von ihr kommt.
    Svensson holt gerade seinen Sohn von der Schule ab, als Chanelle ihn das erste Mal anruft. Kein guter Augenblick, aber er muss rangehen. Es herrscht dichter Verkehr, also sagt er seinem Sohn, er werde über die Freisprechanlage telefonieren müssen und der Junge solle still sein. Mutter und Stiefvater des Jungen sind beide Polizisten, daher weiß er, wie das läuft.
    »Solange Aaron im Krankenhaus ist, hab ich keinen, der mich beschützt«, sagt sie. Ihre Stimme flattert und bleibt ihr im Halse stecken, als würde sie weinen. Svensson schweigt und wirft einen Blick auf seinen Sohn. Der Junge sitzt still, hört zu und sagt nichts. Er ist zwölf.
    »Sein Dealer-Freund kommt inzwischen jede Woche vorbei«, sagt sie. »Er ist ein verdammtes Tier. Ich wünschte, irgendwer würde ihn umlegen.«
    Der Dealer besucht Chanelle einmal wöchentlich, ist völlig durchgeknallt und greift sie vor den Augen ihrer kleinen Schwester an. Svensson beißt die Zähne zusammen, hört zu.
    »Ich will einfach, dass es aufhört. Ich will, dass er aus meinem Leben verschwindet.«
    Als sie aufgelegt hat, sieht der Junge zu seinem Vater auf. Svensson spürt, wie sein Zorn verebbt. Sein Sohn ist noch viel zu klein, um solche Details mitzubekommen.
    »Mum verhört die Leute nur«, sagt sein Sohn. »Mein Stiefvater fährt mit ’nem Streifenwagen durch die Gegend. Aber du bist Ross Kemp! Du bist da, wo es krass abgeht mit den Gangs.«
    Der Vergleich mit dem britischen Schauspieler und investi­gativen Reporter Ross Kemp ist durchaus schmeichelhaft.
    Die folgenden Wochen ist er damit beschäftigt, Chanelle als Quelle aufzubauen. Sie besitzt lediglich Informationen über kleine
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