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The Hollow

The Hollow

Titel: The Hollow
Autoren: Jessica Verday
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Haupteingang und meine Füße folgten ganz automatisch den ausgetretenen Wegen, über die wir so oft gelaufen waren. Langsam wanderte ich über die grasbewachsenen Hügel, an Bäumen und Büschen vorbei, und blieb von Zeit zu Zeit stehen, um mich umzusehen. Jedes Mal, wenn ich hierherkam, gab es irgendetwas Interessantes zu sehen.
    Das konnte ein frisches Grab sein oder ein Spielzeug, dass jemand oben auf einen Grabstein gestellt hatte – es war immer wieder etwas anderes. Manchmal jedoch tauchte etwas Seltsames und Ungewöhnliches auf. Etwas, was einen ins Nachdenken brachte, warum ausgerechnet dieser Gegenstand hierhin platziert worden war und welche Geschichte sich dahinter verbarg.
    Heute war es ein Stuhl.
    Ein altmodischer schmiedeeiserner Stuhl mit einer Sitzfläche aus Holzlatten, der dicht neben einem frisch eingesäten Grab stand. Er schien zu warten, dass jemand darauf Platz nahm, um sich mit demjenigen, der gerade erst unter die Erde gebracht worden war, zu unterhalten. Es war ein ebenso verstörender wie schöner Anblick.
    Ich überlegte kurz und schaute mich um, um sicherzustellen, dass ich nach wie vor allein hier war und keine trauernden Familienmitglieder stören konnte. Dann verließ ich den Pfad und näherte mich dem Stuhl, wobei ich darauf achtete, nicht auf die aufgeschüttete Erde zu treten.
    »Darf ich mich einen Moment setzen?«, fragte ich das frische Grab. »Ich verspreche, sofort wieder aufzustehen, wenn der rechtmäßige Besitzer dieses Stuhls auftaucht.«
    Der Zweig eines in der Nähe stehenden Kirschbaums wedelte auf und ab, was ich als ein Ja auffasste. Sorgsam wischte ich die Sitzfläche sauber und setzte mich hin.
    Rundum war ich von großen Grünflächen umgeben, die nur von kleinen Farbklecksen unterbrochen wurden. Bei einigen der hohen Bäume hatte das Laub bereits die Farbe gewechselt und jeder einzelne bildete einen leuchtenden, kräftigen Kontrast zu den gedämpften, sanfteren Farben der dazwischen stehenden Kirschbäume. Der Friedhof würde einen absolut überwältigenden Anblick bieten, wenn der Herbst erst richtig da war und sich alles Laub verfärbt hatte.
    »Dies ist ein wunderschöner Ort«, sagte ich zu der Erde neben mir. »Ich weiß, dass Sie noch nicht lange hier sind, aber ich denke, es wird Ihnen gefallen. Hinter uns steht ein riesiger Ahornbaum und sein Schatten reicht den ganzen Hügel hinunter. Bei einigen der Bäume färbt sich schon das Laub und es sieht atemberaubend aus.« Ich hatte schon so viel Zeit auf diesem Friedhof verbracht, dass ich es kein bisschen seltsam fand, mit einem Grab zu sprechen.
    »Eine Freundin von mir wird heute hier beerdigt«, fuhr ich fort. »Nicht genau an dieser Stelle, sondern weiter unten in der Nähe der alten holländischen Kirche. Ich hoffe, dass da auch ein Baum steht. Ein Baum würde ihr gefallen. Wo immer sie auch sein mag …«
    Der Wind wurde stärker und ich schwieg. Er heulte um mich herum und machte ein unheimliches, klagendes Geräusch. Es klang eher traurig als gruselig, als ob der Wind mit mir um meinen Verlust trauern würde. Und obwohl diese ganze Sache nur ein einziger großer Irrtum war, den Verlust spürte ich ganz eindeutig. Wenn ich wüsste, sie wäre wirklich tot, wäre das irgendwie leichter zu verstehen. Irgendwie könnte ich leichter damit umgehen.
    Plötzlich fiel mein Blick auf etwas Glänzendes. Ich beugte mich vor, um besser sehen zu können.
    Ein kleiner Bagger bewegte sich über einen der unteren Wege. Er tuckerte ein paar Minuten vor sich hin und blieb dann neben einer Plane stehen. Ein paar Leute standen dort herum, zwei von ihnen hielten eine Schaufel in der Hand. Irgendetwas in meinem Hinterkopf verriet mir, was sie vorhatten. Ich wusste auch, dass ich ihnen besser nicht zuschauen sollte.
    Aber ich konnte meinen Blick nicht abwenden.
    Gespannt beobachtete ich, wie sie langsam begannen, ein Grab auszuheben. Der Ausleger des Baggers bewegte sich mehrfach auf und ab und hob eine Fuhre feuchter schwarzer Erde nach der anderen heraus. Dann machten sich die Arbeiter mit ihren Schaufeln in dem Loch zu schaffen. Ich nahm an, dass sie die Seiten glätteten und die restliche Erde entfernten.
    Diese Arbeitsgänge wiederholten sich immer wieder, trotzdem sah ich weiter zu. Ich hätte etwas empfinden sollen. Ärger … Widerwillen … Traurigkeit. Aber ich empfand nichts dergleichen. Stattdessen war ich wie hypnotisiert.
    Nachdem er seine Arbeit beendet hatte, tuckerte der Bagger den Weg wieder zurück. Die
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