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The Hollow

The Hollow

Titel: The Hollow
Autoren: Jessica Verday
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weil ich keinen Schirm mitgenommen hatte. Es fühlte sich an wie ein Déjà-vu. Genau wie vorhin wurde ich vom Regen überrascht.
    Als ich am Grab ankam, stellte ich mich auf ein freies Eckchen unter der aufgespannten Plane und wartete schweigend. Die Sargträger trugen den Sarg zum Grab und stellten ihn auf den eisernen Absenkrahmen. Während die Leute vorbeidefilierten, um der Toten die letzte Ehre zu erweisen und ein paar Worte zu sagen, versuchte Mom, Blickkontakt mit mir aufzunehmen.
    Mit ein paar kleinen Gesten forderte sie mich auf, nach vorn zu gehen und auch etwas zu sagen, aber ich schüttelte nur den Kopf. Ich konnte diesen Leuten nicht ins Gesicht sehen. Nicht jetzt und nicht so. Das hier war nur Theater, aber das konnte ich schlecht laut verkünden.
    Immer mehr Leute gingen nach vorn. Manche berührten den Sarg und ein Junge legte eine einzelne Blume darauf. Ich war überrascht, als er sich vor die Menge stellte und einfach sagte, er hätte gern die Gelegenheit gehabt, Kristen besser kennenzulernen. Sein lockiges braunes Haar war verstrubbelt und seine ebenfalls braunen Augen waren rot gerändert und wässrig. Er sah aus, als würde er jede Sekunde anfangen zu heulen. Ich starrte ihm nach, als er davonschlurfte. Ich wusste, dass er in unsere Schule ging und dass er Brad hieß oder Brett, aber sonst wusste ich nichts über ihn.
    Warum also klang er so, als würde er Kristen wirklich vermissen?
    Ich erkannte noch ein paar andere Leute aus unserer Schule, Cheerleader, die sich darüber ausließen, welche liebevollen Erinnerungen sie an Kristen hatten … was für ein netter Mensch sie gewesen war … und wie sehr sie sie vermissen würden … blablabla. Welch ein Unsinn. Dabei kannten sie Kristen überhaupt nicht. Ihnen war nur wichtig, wie viel Aufmerksamkeit sie selbst erregten.
    Und dann war es vorbei.
    Eine letzte Blume wurde geworfen, eine letzte Träne vergossen und ein letzter Abschiedsgruß gesprochen. Dann war der Trauergottesdienst beendet und es war Zeit zu gehen. Ein leerer Sarg in der kalten, harten Erde symbolisierte das Leben meiner besten Freundin.
    Es fühlte sich überaus unpassend an.
     
    Die Menge löste sich rasch auf und ging, den Schlammpfützen ausweichend, zurück zu den Autos. Sie hatten ihren Teil erledigt. Jetzt war es an der Zeit, mit ihrem Leben fortzufahren.
    Ich blieb, wo ich war, bis alle weg waren. Mom und Dad gingen mit Pastor Prescott zur Kirche zurück und verstanden hoffentlich, dass ich eine Zeit lang allein sein wollte. Um mir über all das klar zu werden.
    Ich ging näher an das Grab heran und konzentrierte mich auf den Sarg. In den letzten Wochen war alles in totale Unordnung geraten, ich wusste nicht mehr, wo oben und unten war, und hatte plötzlich niemanden mehr, den ich fragen konnte. All das verursachte mir Kopfschmerzen und ich hatte das Gefühl, meine Gedanken nie mehr entwirren zu können.
    Aber vor allem tat mir das Herz weh. Meine Brust steckte in einer Art riesigem Schraubstock, der langsam alles, was darin war, zerquetschte. Eines Tages würde nur noch ein schwarzes Loch übrig bleiben.
    Plötzlich wurde ich geblendet, ich schaute auf und wurde kurzfristig aus meinem Elend gerissen.
    Die Sonne kam hinter einer Wolke hervor und bahnte sich mutig einen Weg durch den Regen. Ein Lichtstrahl verwandelte den dumpfen Farbton des Sarges in Sternenglitzern. Jede einzelne glänzende Farbschicht leuchtete in der eigentlichen Farbe des Sarges: ein pulsierendes Blutrot. Ich lächelte. Rot war unsere Lieblingsfarbe.
    Dann verschwand die Sonne wieder.
    Ich streckte die Hand aus und berührte den Sargdeckel. Er war kalt. So kalt, dass ich meine Hand auf der Stelle zurückzog. Es fühlte sich fast so an, als hätte ich mich verbrannt.
    Ich stand da wie angewurzelt. Mir fiel kein einziges Wort ein, das ich hätte sagen können … Jedenfalls nicht laut. Aber mir rasten tausend Gedanken durch den Kopf und tausend Emotionen erschütterten mein Herz.
    Das Wetter spiegelte meine Gefühle. Ein heftiger, wütend heulender Wind kam auf. Die Ecken der Plastikplane schlugen gegen die Aluminiumstäbe, an denen sie befestigt waren, und machten ein grässliches Geräusch. Sogar der Regen war stärker geworden und peitschte unbarmherzig herunter.
    Und ich spürte, wie mich jemand beobachtete.
    Ich blickte über die Grabsteine, die Grabplatten, die Mausoleen und Krypten. Über Bäume und Büsche. Dort, neben einem riesigen Mausoleum, das in einen Hügel hineingebaut war, stand ein
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