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The Doors

The Doors

Titel: The Doors
Autoren: Greil Marcus
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dem Cover aufgeführt worden wäre, hätte man Sebastian vermutlich den Titelsong der TV-Serie Welcome Back, Kotter singen lassen. John Densmore, Riders on the Storm: My Life with Jim Morrison and the Doors, Delacorte, New York 1990, hier zitiert nach Riders on the Storm. Mein Leben mit Jim Morrison und den Door s, aus dem Amerikanischen übersetzt von Rainer Moddemann, Hannibal, Wien 1991, S. 218 [die zitierte Passage wurde nicht wörtlich übernommen, sondern enger an den Wortlaut des amerikanischen Originals angepasst (A. d. Ü.)].

    Jim Morrison, zu musikalischen Aspekten, in Jerry Hopkins, »The Rolling Stone Interview«, Rolling Stone , 26. Juli 1969; wiederabgedruckt in The Rolling Stone Interviews , Paperback Library, New York 1971, S. 221.

    –, zum Thema Alkohol, a. a. O., S. 232 f.

    »Roadhouse Blues«, Pittsburgh City Arena, 2. Mai 1970, auf Live in Pittsburgh 1970 (DMC/Bright Midnight/Rhino, 2008).

    »You Make Me Real«/»Roadhouse Blues« (Elektra, 1970, # 50).

Queen of the Highway
    JE NACHDEM, wie man es hört, ist dies entweder Bill Murrays schmieriger Nachtclubsänger Nick Winters, wie er in Saturday Night Live von Tisch zu Tisch schlendert und den Text des Evergreens oder des aktuellen Hits, den er gerade zum Besten gibt, mit dem ständig gleichen, sinnentleerten Gesabbel vermischt, das er den Frischverheirateten, den Touristen, den in Begleitung von Prostituierten erschienenen Geschäftsleuten oder den scheidungswilligen Ehepaaren an den Kopf wirft, Leuten, die ihn liebend gern erwürgen würden, aber von ihrer guten Kinderstube daran gehindert werden (»›Lost in a Roman wilderness of pain‹, hey, diese Wildnis haben wir doch alle schon mal kennengelernt, richtig?«) – oder es ist der letzte jener zahllosen Lounge-Sänger, die immer zwei Exemplare des Albums Chet Baker Sings besaßen, eins, um es abzuspielen, und eine jungfräuliche, noch immer eingeschweißte LP, um sie zu betrachten, um sie an sich zu drücken und damit durchs Zimmer zu spazieren, während sie sich die andere anhörten und »I Fall in Love Too Easily«, »But Not for Me« oder »My Funny Valentine« vor sich hin summten. Oder es ist die Abkehr von einer Karriere, die bereits in einer Leere, einer Flut von Nichtigkeiten zu versinken drohte – es ist einer von vielen Tracks auf einem Album, die vortäuschen sollen, sie seien nur ein Song und kein wertloses, verzweifeltes Aufbäumen gegen den Untergang. Auf dem 1970 erschienenen Album Morrison Hotel kommt dieser Song – sein Text, seine Melodie – als das Werk von Musikern herüber, denen jegliches Selbstvertrauen fehlt. Immer wenn es so scheint, als würde der Song zu sprechen beginnen, wird er von melodramatischen Stopps und schrillen Effekten unterbrochen, ja fast schon attackiert; der Charme, den der Gesang möglicherweise verströmen könnte, wird theatralischem Getue geopfert, sobald eine Stimmung ihre eigene Anziehungskraft, ihren eigenen Anspruch auf die Story zu entwickeln droht– um Wörter wie »princess« oder »meadow« mit einem Bedauern über vertane Chancen zu überziehen.
    Es gibt noch eine andere Version des Songs, bei der die Band im Studio herumexperimentiert, unterstützt von dem Session-Musiker Harvey Brooks am Bass. John Densmore agiert so dezent, als warte er darauf, endlich loslegen zu dürfen, obwohl er das bereits getan hat, und Ray Manzarek taucht in eine epigonale Cool-Jazz-Klavierfantasie ab – er spielt ohne nachzudenken, mechanisch, die gleichen Läufe, die er in diesem Song oder in hundert anderen bereits tausendmal zuvor gespielt hat, genauso beseelt oder unbeseelt wie zuvor, die Musik von jemandem, der nichts anderes zu tun hat, der nichts anderes tun kann. Vor diesem Hintergrund kann Jim Morrison die Doors ignorieren, ihre Triumphe und ihre Fehler. Er kann sich und seine Bandkollegen ignorieren. Er kann ihr Publikum ignorieren, wer immer das sein mag, und so tun, als existiere es nicht, als habe es nie existiert oder als werde es sich schon bald in Luft aufgelöst haben.
    In diesem Moment können er und die anderen so tun, als habe die Band nie existiert, als wären sie dort geblieben, wo sie ursprünglich gewesen waren, statt sich einen Gitarristen zu besorgen und mit ihrem Demo-Tape bei den Plattenfirmen die Klinken zu putzen, einem Tape, das sie 1965 in den World Pacific Studios aufgenommen hatten, wo auch viele von Chet Bakers Aufnahmen entstanden waren. Sie können so tun, als hätten sie damals – ja, warum eigentlich nicht?
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