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The Attack

The Attack

Titel: The Attack
Autoren: Noam Chomsky
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Folgen 69
    ge, Truppen der Nordallianz 3000 Kriegsgefangene und führten auch in Gegenden, wo sie Taliban-Sympathisanten vermuteten, massive »ethnische Säuberungen« durch, wobei sie viele niedergebrannte Dörfer zurückließen.4
    Zudem dürfte der Terror der Taliban-Milizen, der
    schon schlimm genug wütete, als Reaktion auf eben die Erwartungen, die zu den Flüchtlingsströmen führte, noch stärker geworden sein.
    Wenn die Flüchtlinge die geschlossenen Grenzen erreichen, sitzen sie in der Falle. Nur wenige können über abgelegene Gebirgspässe entkommen. Keiner weiß, wie viele bereits auf der Flucht gestorben sind. Schon bald setzt der harte Winter ein. In den Flüchtlingslagern jen-seits der Grenze gibt es einige Reporter und Angehörige von Hilfsorganisationen. Was sie beschreiben, ist schrecklich genug, aber sie (und wir) wissen, daß sie diejenigen sehen, die in der Lage waren, zu entkommen, und die der Hoffnung Ausdruck geben, »daß selbst die grausamen Amerikaner ein bißchen Mitleid mit unserem zerstörten Land haben« und diesen in aller Stille sich vollziehenden Völkermord beenden.5
    Das World Food Program (WFP) der UNO konnte
    Anfang Oktober einige hundert Tonnen Lebensmittel mit Lastwagen nach Afghanistan bringen, obwohl Schätzungen zufolge damit nach dem Abzug der internationalen
    Hilfsorganisationen und dem dreiwöchigen Lieferungs-stopp nach dem 11. September bestenfalls fünfzehn Prozent des Gesamtbedarfs abgedeckt werden konnten.
    Dann aber verkündete das WFP die Einstellung aller Konvois und der Verteilung von Lebensmitteln aufgrund der Luftangriffe vom 7. Oktober. Danach sei »das alp-traumhafte Szenario von bis zu eineinhalb Millionen Flüchtlingen der Realität einen Schritt näher gekom-70 Noam Cbomsky
    men«, berichtete AFP unter Berufung auf Angehörige von Hilfsorganisationen. Ein Manager des WFP meinte, daß nun eine humanitäre Katastrophe drohe, »deren Umfang ich mir nicht vorzustellen wage«. Ein Sprecher des UNHCR warnte: »Wir stehen in Afghanistan vor einer humanitären Krise allergrößten Ausmaßes. Siebeneinhalb Millionen Menschen sind unzureichend mit Nahrungs-mitteln versorgt und müssen befürchten, Hungers zu sterben.« Alle Hilfsorganisationen halten die Versorgung aus der Luft für den letzten Notanker und ziehen Lkw-Transporte vor, die fast das gesamte Land erreichen könnten.
    Hochrangige NGO-Vertreter äußerten die Ansicht, daß die geplanten Abwürfe von Lebensmitteln eher ein
    »Propagandainstrument als eine wirkliche Hilfe für die Afghanen« seien, weil hier »humanitäre Hilfe für zynische Propagandazwecke ausgeschlachtet« werde, während die Bombardements das einzig wirksame Mittel, große Mengen an Nahrung nach Afghanistan zu schaffen -
    Lkw-Konvois -, zum Erliegen gebracht hätten.6 Die Hilfsorganisationen übten »schneidende Kritik an den nächtlichen Lebensmittelabwürfen«. »Sie könnten eben-sogut Flugblätter abwerfen«, kommentierte ein britischer Helfer und spielte damit auf die Propagandabotschaften auf den Paketen an. WFP-Manager wiesen darauf hin, daß diese Abwürfe »Hilfskräfte am Boden [erforderten], die die Pakete aufsammeln« und verteilen, was »am Tage geschehen muß« und mit angemessener Vorwarnung.7
    Wenn diese Angaben richtig sind, hatten die mit Lebensmittelabwürfen kombinierten Bombardements den Effekt, die hungernde Bevölkerung gerade nicht mit dem zu versorgen, was sie am dringendsten benötigte. Man kann nur hoffen, daß sich die schlimmsten Befürchtungen hinsichtlich Hungersnot und Massenflucht nicht bewahrheiten.
    Der A ngriff und seine Folgen 71
    Allzu optimistisch darf man jedoch nicht sein. Ein im Innenteil der New York Times abgedruckter Bericht er-wähnt beiläufig, daß es »Berechnungen der Vereinten Nationen zufolge bald siebeneinhalb Millionen Afghanen geben wird, die dringend wenigstens Brot benötigen...
    während Bomben fallen«. Die Lieferungen durch Lkws sind um die Hälfte reduziert worden, und der bevor-stehende Wintereinbruch wird die Verteilung von Lebensmitteln noch komplizieren.8 Weitere Berechnungen werden nicht angestellt, dürften aber nicht zu schwierig sein. Es ist, was immer auch geschehen mag, bezeichnend, daß diese Fakten offensichtlich als Marginalien in der Planung auftauchen.
    Die humanitäre Katastrophe ist bereits eingetreten und dürfte sich noch verschlimmern. Die bereits erwähnte indische Schriftstellerin Arundhati Roy hat die Situation auf höchst angemessene Weise beschrieben,
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