The Attack
US-Amerikaner aus Saudi-Arabien zu
verdrängen, weil dort die heiligen Stätten des Islam behei-matet sind.
Seine Forderung, korrupte und brutale Gangsterregimes zu stürzen, findet ebenso großen Widerhall wie seine Empörung über Greueltaten, die er und andere, durchaus nicht grundlos, den USA anlasten. Andererseits schaden seine Verbrechen den Armen und Unterdrückten in der Region; und der Angriff auf das World Trade Center war für die Palästinenser alles andere als hilfreich. Aber was von außen betrachtet unlogisch erscheint, kann sich in arabischer Perspektive ganz anders darstellen. In seinem Kampf gegen durchaus reale Unterdrücker gilt Bin Ladin auch dann als Held, wenn seine Politik der armen
Bevölkerungsmehrheit schadet. Und sollte es den Vereinigten Staaten gelingen, ihn zu töten, gewinnt er als Märtyrer vielleicht sogar noch mehr Einfluß. Er ist, für die USA, aber auch für große Teile der arabischen Bevölkerung, nicht nur eine objektive, sondern auch eine sym-bolische Macht.
Man muß ihn und seine Ziele unbedingt ernstnehmen.
Außerdem dürften seine Verbrechen die CIA eigentlich nicht überrascht haben. Die von den USA, Ägypten, Frankreich und Pakistan organisierten radikal-islamisti-Usama Bin Ladin und die USA 43
sehen Organisationen begannen schon sehr früh zurück-zuschlagen, indem sie 1981 den ägyptischen Präsidenten Sadat töteten, obwohl er zu den energischsten Unterstüt-zern des Heiligen Kriegs gegen die Sowjets in Afghanistan gehört hatte.
Dieser »Rückstoß« erfolgte äußerst direkt und war seiner Art nach aus einer fünfzigjährigen Geschichte bekannt, samt Drogenhandel und Gewalt. Nehmen wir nur ein
Beispiel. In dem bereits erwähnten Buch Unholy Wars berichtet John Cooley, daß die CIA der Einreise des ägyptischen Radikalislamisten Scheich Omar Abdel Rahman in die USA 1990 »bewußt zugestimmt« hätte. Ägypten hatte bereits einen Haftbefehl für ihn ausgestellt, weil man ihn terroristischer Verbrechen beschuldigte. 1993 war er in das Bombenattentat auf das World Trade Center
verwickelt, das offensichtlich nach dem Muster von CIA-Handbüchern gestrickt war, mit deren Anleitung die
»afghanischen« Milizen gegen die Sowjets gekämpft hatten.
Es gab Pläne, das UNO-Gebäude sowie die Lincoln-und Holland-Tunnel in die Luft zu sprengen. Omar Abdel Rahman wurde wegen Verschwörung zu einer mehr-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt.
Das Problem der Auslieferung
Es ist, wie gesagt, nicht so einfach, eindeutige Beweise für die Urheberschaft Bin Ladins vorzulegen. Wie schwierig es ist, wurde am 5. Oktober deutlich, als der britische Premierminister Tony Blair mit großem Aplomb verkündete, die Verantwortung von Bin Ladin und der Taliban sei »zweifelsfrei« erwiesen. Die vorgelegte Dokumentati-44 Noam Chomsky
on muß den intensivsten Recherchen entsprungen sein, die es je in der Geschichte gegeben hat. Alle westlichen und einige andere Geheimdienste waren daran beteiligt.
Trotz der Plausibilität der Anschuldigung ist die Be-weislage jedoch erstaunlich dünn und dürftig. Nur ein kleiner Teil bezieht sich überhaupt auf die Anschläge vom 11. September und würde als Belastungsmaterial gegen westliche Staatsverbrecher oder ihre Satelliten nicht ernst genommen. Das Wall Street Journal beschrieb die Unterlagen als »Schuldzuweisung, die kaum als Beweismaterial bezeichnet werden kann« und verwies den Artikel auf eine der hinteren Seiten. Außerdem zitiert die Zeitung einen hochrangigen US-Regierungsbeamten, der sagte: »Der Verbrechensfall selbst ist irrelevant. Es geht darum, Mr. Bin Ladin und seine Organisation auszulöschen.«
Die Dokumentation dient vor allem dazu, daß Blair, der Generalsekretär der Nato und andere der Welt versichern können, die Beweise seien »eindeutig und zwingend«.
Ob das im Mittleren Osten auch so gesehen wird, ist fragwürdig. Berichten von Robert Fisk zufolge reagiert die Bevölkerung eher skeptisch, während die Regierungen und ihre Organisationen für den Schulterschluß mit dem Westen eigene Gründe haben. Außerdem läßt sich fragen, warum Washingtons Propagandaspezialisten Blair den Fall präsentieren ließen. Vielleicht sollte der Eindruck erweckt werden, er habe noch »aus Sicherheitsgründen« ganz überzeugende Beweismaterialien in der Hinterhand. Oder man hoffte auf eine gelingende Churchill-Imitation.
Außerdem lauern im Hintergrund weitere Minenfel-
der, die von den Strategen sorgfältig berücksichtigt werden
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