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Texas

Texas

Titel: Texas
Autoren: James A. Michener
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Gouverneur ging zum nächsten.
    »Dieser Schurke ist der inoffizielle Good-will-Botschafter unseres Staates, Lorenzo Quimper.« Mit Bezug auf den schillernden Medici-Stadtherrn von Florenz hatten ihm die Zeitungen den Beinamen Lorenzo il Magnifico beigelegt, und er erinnerte auch tatsächlich in vielem an einen Renaissance-Condottiere: Lobbyist, Ölbaron, Immobilienmakler, Zerstörer der Universität, Erbauer der Universität, Anführer der Claque bei Sportveranstaltungen der Universität und blindwütiger Verfolger liberaler jüdischer Professoren aus dem Norden - ein radikaler Verfechter des Texanertums. Von vielen gehaßt, von anderen ebenso leidenschaftlich verehrt, war er der Liebling der rauhbeinigen Elemente im texanischen Establishment, ihr Sprecher und Verteidiger.
    Mein Blick fiel auf seine prächtigen Stiefel, die offensichtlich auch die Aufmerksamkeit der anderen erregt hatten. Sie waren aus hellgrauem Leder gefertigt, und auf der Vorderseite schmückte sie ein großer silberner Stern. Über jedem Stern prangte, wie um ihn zu schützen, ein bronzefarbenes Longhorn-Rind, und auf der Außenseite der Stiefel waren kleine Colts aus brüniertem Gold angebracht.
    »He!« rief Professor Garza. »Sind Sie General Quimper?«
    »So heißt eine meiner Firmen.«
    »Sie machen phantastische Stiefel!«
    »Und das ist der Star unserer kleinen Gruppe«, schaltete sich der Gouverneur ein. »Miss Lorena Cobb.« Er küßte sie, und Rusk und Quimper folgten seinem Beispiel. Sie streckte Garza ihre Hand entgegen und lächelte freundlich. Mir schüttelte sie die Hand mit etwas mehr Zurückhaltung, denn sie wußte ja nicht, wer ich war.
    »Das Hirn unserer Gruppe, wie ich neidvoll sagen muß«, fuhr der Gouverneur fort, als er Garza erreichte. »Professor der Soziologie, Texas A&M.«
    Nun stand der Gouverneur vor mir. »Um diese Gruppe von Primadonnen anzuführen, mußte ich einen Mann mit internationaler Reputation finden. Und das ist er, Dr. Travis Barlow, der sein Doktorat mit Auszeichnung in Cambridge, England, erworben hat. Und Sie haben hier in Texas das College besucht?«
    »Ja.« »Und für das Buch, das Sie in Colorado geschrieben haben, bekamen Sie den Pulitzer-Preis?«
    »Das ist richtig.«
    »Also dann: Sie sollen der Leiter dieser Task Force, dieses Sonderstabs sein.«
    »Task Force? Sonderstab? Wofür?« fragte Rusk.
    »Genau um das zu besprechen, sind wir hier zusammengekommen«, antwortete der Gouverneur. »Ich habe Ihnen Ihre Aufgaben noch nicht im einzelnen angegeben, weil ich nicht riskieren wollte, daß einer von Ihnen mir absagt.«
    Wir setzten uns um den großen Tisch in seinem Büro, und er fuhr fort:    »Als einen wichtigen Beitrag zu unserem
    Sesquicentennial möchte ich, daß Sie unseren Bürgern einen umfassenden Bericht über zwei wichtige Fragen vorlegen: >In welcher Form sollten unsere Schulkinder und Collegestudenten die Geschichte Texas’ lernen?< Und: >Was sollten sie über diese Geschichte lernen?««
    »Zunächst einmal«, fiel Quimper ihm ins Wort, »sollten sie lernen, daß das dumme Wort Sesquicentennial hundertfünfzig bedeutet - Hundertfünfzigjahrfeier im weiteren Sinn.«
    »Lorenzo!« gab der Gouverneur zurück. »Außer Ihnen verstehen alle Texaner Lateinisch.«
    »Ich würde es auch verstehen, wenn ich über die dritte Klasse hinausgekommen wäre«, sagte Quimper mit jener gespielten Halbbildung, die er zuweilen gern zur Schau trug.
    »Soll das vielleicht eine weitere Studie werden?« fragte Rusk.
    »Um Himmels willen, nein!« wehrte der Gouverneur ab. »Wir haben Fragen der Erziehung in Texas bis zum Geht-nicht-mehr studiert. Was ich haben möchte, das sind spezifische, festumrissene Empfehlungen.«
    »Welcher Art?« wollte Rusk wissen.
    »Wie wir in unseren Kindern Liebe und Verständnis für die Einzigartigkeit von Texas wecken sollen.«
    »Klingt das nicht ein wenig hochtrabend?« fragte Miss Cobb.
    Der Gouverneur erwiderte: »An dem Tag, an dem man zum Gouverneur dieses großen Staates gewählt wird, beginnt man zu begreifen, daß er wirklich einzigartig ist, daß man uns ein unschätzbares Erbe anvertraut hat.« Ich glaubte die Signalhörner vor dem Alamo blasen zu hören.
    »Nun«, fuhr er fort, »wir fünf wissen, wie einzigartig wir sind, aber die Massen, die von Staaten wie Michigan oder Ohio herunterkommen, wissen das nicht. Und die große Zahl derer, die von südlich des Rio Grande herauffluten, die weiß es auch nicht.«
    »Und was genau sollen wir nun tun?«
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