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Teuflische Versprechen

Teuflische Versprechen

Titel: Teuflische Versprechen
Autoren: Andreas Franz
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denkt, dass Maria und ich uns gestritten haben. Wir dürfen nicht auffallen, klar? Wir fahren zurück, heute finden wir die sowieso nicht mehr. Wo zum Teufel kann die sich verstecken? Sie kennt doch keine Sau hier! Scheiß Weiber!«

Montag, 17.25 Uhr
    Maria hatte sich die Schuhe ausgezogen. Sie trug keine Strumpfhose und auch keine Socken. Sie lauschte aus der Kabine, was draußen gesprochen wurde. Dann warf sie einen kurzen Blick durch einen Spalt des Vorhangs und sah, wie die Inhaberin Carlos in eine Ecke des Geschäfts lockte, um ihm ein Kleid zu zeigen. Sie atmete einmal tief durch, schlich blitzschnell und lautlos auf Zehenspitzen zur Hintertür, die sich beinahe geräuschlos öffnen ließ.
    Und dann rannte sie. Sie rannte und rannte und rannte, schnell und immer schneller, als wäre der Teufel hinter ihr her. Der Boden war trocken, aber kalt, doch das spürte sie nicht. Sie wollte nur so schnell wie möglich weg von hier. Die Menschen, denen sie begegnete, an denen sie vorbeirannte, schienen gar nicht zu bemerken, dass sie barfuß war, sie selbst merkte es nicht einmal. Keiner schien Notiz von der jungenFrau zu nehmen, die um ihr Leben lief. Ihre Lungen schmerzten schon nach wenigen Minuten, aber sie würde diesen Schmerz ertragen, sie hatte schon ganz andere, schlimmere Schmerzen ertragen müssen. Maria wusste nicht, wo sie sich befand, sie kannte sich ja in Frankfurt nicht aus, alles war fremd, die Straßen, die Häuser, die Menschen. Sie befand sich inmitten einer breiten Einkaufsstraße mit vielen kleinen Geschäften, passierte ein Gebäude, das wie eine Oper aussah, und kam in eine um diese Zeit stark befahrene, nicht sehr breite Straße. Nachdem sie schier unendlich lange gerannt war, blieb sie erschöpft stehen, warf einen Blick auf ein silberfarbenes Schild, das neben einem Hauseingang angebracht war, auf dem »Verena Michel, Psychotherapeutin, alle Kassen« stand, trat durch die Tür und hastete in den ersten Stock. Sie hatte das Gefühl, ihre Beine nicht mehr zu spüren und gleich zusammenzubrechen. Sie klingelte Sturm, wartete und wollte schon einen Stock höher gehen, als sie Schritte hörte, die Tür aufgemacht wurde und eine Frau, die vielleicht doppelt so alt war wie sie, vor ihr stand. Diese wollte gerade etwas sagen, als sich Maria an ihr vorbeizwängte, sie am Arm packte und in den Raum zog. Sie machte leise die Tür zu, lehnte sich mit dem Rücken dagegen und schloss für einen Moment die Augen. Ihr Herz raste, das Blut pochte in ihren Schläfen, ihr Mund war wie ausgetrocknet, ihr Hals kratzte. Maria keuchte und hustete, bis die Frau sagte: »Was ist los mit Ihnen? Meine Praxis ist geschlossen.«
    »Ich brauche Hilfe«, stieß Maria mit heiserer Stimme hervor. »Bitte, helfen Sie mir!«
    »Kommen Sie mit nach hinten«, sagte die Frau, die instinktiv begriff, dass Maria nicht log. »Sie haben Glück, dass Sie mich noch antreffen, mein letzter Patient ist vor zwanzig Minuten gegangen.« Und nach einem weiteren Blick auf Maria:»Sie sind ja barfuß und völlig außer Atem. Setzen Sie sich erst einmal hin. Möchten Sie etwas zu trinken haben?«
    »Nein. Wo bin ich hier?«
    »In meiner Praxis, ich bin Psychotherapeutin. Sie brauchen keine Angst zu haben, hier kann Ihnen niemand etwas tun. Ich schließe aber sicherheitshalber vorne ab, damit wir ungestört sind.«
    Maria sah ihr ängstlich nach und war erleichtert, als die ihr fremde Frau gleich darauf zurückkehrte.
    »Ich möchte mich erst einmal vorstellen, mein Name ist Verena Michel.« Sie reichte Maria die Hand, die sie zögernd nahm. »Sie brauchen wirklich keine Angst zu haben, hier sind Sie sicher. Und jetzt hole ich uns etwas zu trinken.« Verena Michel kam mit einer Flasche Wasser und zwei Gläsern, schenkte ein und reichte eines davon Maria, die ihre Ellbogen auf die Oberschenkel gestützt hatte, die Beine eng geschlossen. Sie trank in langsamen Schlucken und hielt das Glas wie einen Rettungsanker umklammert. Ihr Gesicht war von der Anstrengung gerötet, sie sah Verena Michel an, die sich einen Stuhl herangezogen hatte und sich neben sie setzte.
    »Erzählen Sie, was passiert ist. Sie können mir vertrauen, als Psychologin unterliege ich der Schweigepflicht. Verraten Sie mir bitte, wie Sie heißen?«
    Maria holte noch ein paar Mal tief Luft und sagte mit leicht slawischem Akzent und flehendem Blick: »Ich will nicht zur Polizei, bitte, keine Polizei.«
    »Jetzt beruhigen Sie sich erst mal. Wenn ich Ihren Akzent richtig deute, stammen
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