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Teuflische Stiche

Teuflische Stiche

Titel: Teuflische Stiche
Autoren: Manfred Brüning
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und gab seiner Besucherin kommentarlos eine Visitenkarte.
    »Es war angenehm, mit Ihnen zu sprechen. Wir sehen uns!«

    Auf dem Weg zurück zu seinem Büro blieb er bei Kriminaloberkommissarin Barbara Deepe stehen. »Babsi, stell mir bitte mal alle Daten über den Freiherrn Sibelius Balthasar von Eck zusammen, und leg sie mir auf den Schreibtisch.«
    Er ging weiter und sah, wie Venske ihm seinen rechten Daumen entgegenstreckte und feixte. Ihm ging auf, dass die schöne Gertrud ihn mit ihren Schmeicheleien ganz schön um den Finger gewickelt hatte. Sie hatte es geschafft, ihre Vermisstenmeldung ganz dringend zu machen.
    In seinem Büro kramte Konnert die gestopfte Pfeife aus der Jackentasche heraus, zündete sie an und stellte sich ans Fenster. Am Friedhofsweg blühten die Ahornbäume in diesem Jahr vorzeitig. Junge Leute in Blusen oder T-Shirts radelten gut gelaunt in Richtung Innenstadt. Er aber brummte vor sich hin: »Morgen muss ich den Rasen vertikutieren, unbedingt Sechzig-Grad-Wäsche waschen, durchs Haus putzen und einkaufen.« Er dachte lustlos an die Arbeiten, die ihm früher schon mal freudiger von der Hand gegangen waren. Mit einem Blick auf seine Uhr stellte er fest, dass es für einen Freitag Zeit war, Feierabend zu machen. Mit der Pfeife zwischen den Zähnen räumte er seinen Schreibtisch auf. Es standen nur noch Computerbildschirm und Telefon auf der Tischplatte, als Babsi an den Türrahmen klopfte und sofort hereinkam. Sie legte ein unbeschriebenes weißes Blatt vor Konnert hin.
    Er sah sie verwundert an.
    »Das ist alles, was in verschiedenen Datenbanken zum Freiherrn Sibelius Balthasar von Eck zu finden ist. Nichts! Ein Freiherr Sibelius Balthasar von Eck kommt nirgends vor.«
    »Du hast es bestimmt auch mit anderer Schreibweise versucht. Zum Beispiel Siebelius mit ie.«
    »Balthasar gibt es natürlich. Angefangen beim babylonischen König, über einen der drei Weisen, die zur Geburt Jesu erschienen sind, bis zum ehemaligen Ordensmeister der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland. Aber keinen von Eck, auch nicht irgendeinen Freiherrn Sibelius, weder nur mit i noch mit ie oder irgendwie anders.«
    »Tja, danke, Babsi. Wenn er bis Montag nicht wieder aufgetaucht ist, beschäftigen wir uns weiter mit ihm. Ich wünsche dir ein schönes Wochenende. Gehst du zu deinem Verlobten ins Fitnessstudio?«
    »Davon kannst du ausgehen. Und Tschüss.«

    Konnerts Stellvertreter, Kriminaloberkommissar Bernd Venske, saß, durch eine schalldichte Glasscheibe getrennt, im Nachbarbüro. Er beobachtete, dass Konnert aufbrechen wollte, und öffnete die Verbindungstür. »Du denkst an die Abschiedsfete für Doktor-aber-Scherz-beiseite-Görner? Grüß ihn von mir.«
    »Wenn ich zu Worte komme, erledige ich das.«
    Ich wäre jetzt einfach weggefahren, stellte er erschrocken fest.
    »Du hattest Besuch von der schönen Gertrud …«
    »Sie vermisst einen ihrer Schützlinge, von Eck, den Ledernen, der gegenüber von Onken bettelt. Nach Babsis Recherchen gibt es den Mann gar nicht. Er ist in keiner Datenbank zu finden.«
    »Dann kann er auch nicht verschwunden sein.«
    »Das überprüfen wir am Montag weiter.«
    »Ich könnte mich am Wochenende damit beschäftigen statt in Akten zu wühlen, Chef. Ich muss sowieso Dienst schieben.«
    »Meinetwegen.«

    ***

    Im großen Konferenzsaal der Staatsanwaltschaft hatte man die Bestuhlung beiseitegeräumt, um Platz für Stehtische und ein Buffet zu schaffen. In den Pausen zwischen den kurzen Lobesreden für Dr. Görner entstand die typische Geräuschkulisse aus Small Talk und verhaltenem Lachen. Als plötzlich Konnerts Name fiel und er als dienstältester Kommissar nach vorne gebeten wurde, um auch etwas Nettes zu sagen, sah er sich irritiert um. Dann gab er sich innerlich einen Ruck, ging zum Mikrofon auf dem niedrigen Podium und begann: »Liebe Gemeinde!«
    Gewisper und Gebrumme im großen Saal verstummten.
    »Wir wollen beten«, echote jemand spöttisch und erntete die erwünschten Lacher.
    Konnert fuhr ungerührt fort: »Aber Scherz beiseite, sehr verehrter Herr Doktor Görner.«
    Einen Moment lang war es still. Die Floskel »aber Scherz beiseite« gebrauchte der Staatsanwalt bei jedem zweiten oder dritten Satz. Alle Augen richteten sich auf ihn. Wie würde er reagieren?
    Auf seinem Gesicht regte sich kein Muskel. Doch dann breiteten sich Lachfältchen um seine Augen aus. Er schien echt amüsiert zu sein und klatschte in die Hände. Das löste auch bei den übrigen Gästen
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