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Teuflische Freunde: Roman (German Edition)

Teuflische Freunde: Roman (German Edition)

Titel: Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
Autoren: Faye Kellerman
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Als Roy sein Angebot, den Jungen zu adoptieren, wiederholte – was sowohl Dylan als auch Maurices neue Frau wollten –, willigte Maurice ein.«
    »Wie haben Sie sich dabei gefühlt?«, fragte Marge.
    »Am Boden zerstört. Er war mein erstes Enkelkind.« Sie wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. »Mein kleiner Junge war so lieb und lustig und so wahnsinnig klug! Ich dachte, aus ihm wird ganz sicher ein Arzt. Wenn es Warnsignale gab, dann habe ich sie nicht gesehen. Keine Grausamkeit gegenüber Tieren, keine Brandstiftung … er hat bis sechs ins Bett gemacht, aber das ist bei Jungs nicht weiter ungewöhnlich. Er wirkte wie ein ganz wunderbarer, besonders aufgeweckter Junge.«
    »Er ist immer noch sehr aufgeweckt«, sagte Marge. Vermutlich würde er im Gefängnis prächtig zurechtkommen , dachte sie im Stillen. Wenn sie ihn jemals fänden.
    »Haben Sie eine Idee, wo er sich verstecken könnte?«, hakte Oliver nach.
    Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen. »Die Wahrheit lautet, dass ich nicht weiß, wo er ist. Wie bereits gesagt, ich habe seit Jahren nicht mehr mit ihm gesprochen. Aber die andere Wahrheit ist, dass ich mir, falls ich wüsste, wo er ist, nicht ganz sicher bin, ob ich es Ihnen mitteilen würde.«
    Marge musterte die Ärztin und entschied sich, der Frau zu glauben, dass diese tatsächlich nicht wusste, wo Dylan steckte. Marges Gefühle waren jenseits von Mitleid. Olivia Garden ertrug einen Schmerz, den Marge sich nicht im Entferntesten vorstellen konnte.
    »Danke für das Gespräch.« Oliver reichte ihr seine Karte. »Wenn er sich bei Ihnen meldet … Sie wissen, was Sie zu tun haben.«
    »Das weiß ich.«
    Weder Marge noch Oliver rechneten damit, von ihr zu hören. Marge hätte noch einen typischen Polizistenspruch anbringen können – dass es die Pflicht der Ärztin sei, sie zu informieren, sollte sie irgendetwas erfahren. Dylan hatte immerhin den Tod eines Jungen verursacht, und zwar mit einer Waffe, die er aus ihrem Schreibtisch entwendet hatte. Aber was hätte diese Wiederholung noch gebracht?
    Also sagte Marge nichts.
    Man konnte Salz in die Wunde streuen. Und man konnte einfach nur grausam sein.

39
    Gabe hatte zwei Blocks entfernt von der Mädchenschule in einem Wohnviertel aus kleinen Einfamilienhäusern und mit der Nagelschere geschnittenen Rasenflächen geparkt. Obwohl es erst acht Uhr morgens war, befanden sich Leute auf der Straße: ein paar ältere vermummte Damen mit Kopfbedeckungen, die Einkaufswägelchen hinter sich herzogen, junge Mütter mit roten Nasen, die Kinderwagen schoben, schwarze Teenager, die mit großem Hallo auf einem Platz herumstanden, der in jungen Jahren vielleicht mal ein Park gewesen war. Er hatte einen Bücherstapel dabei und seinen iPod, um sich während der Warterei zu amüsieren.
    Das Ganze konnte sich auch zu einer Übung in Sinnlosigkeit entwickeln, weil er den Kontakt zu Ariella verloren hatte. Sie war die Botin zwischen Yasmine und ihm – der Grund, warum er hier an einem eiskalten Januarmorgen eingepfercht in sein Auto für wer weiß wie lange herumsaß.
    Seit acht Monaten hatte er keinen Mucks mehr von Yasmine gehört. Aus seiner Sicht war sie vom Erdboden verschwunden. Er hatte keine Telefonnummer, keine Adresse für E-Mails, und ihre Facebook-Seite war abgemeldet worden. Also war Gabe auf die altmodische Variante umgestiegen und hatte Briefe geschrieben, die alle unbeantwortet blieben. Ariella war sein allerletzter verzweifelter Versuch.
    Ich seh sie nicht mehr, Gabe , hatte sie ihm erzählt. Ihre Eltern sind weggezogen, und sie lebt in der Stadt. Sie geht auf eine andere Schule, und wir haben keinen Kontakt.
    Bitte, bitte versuch’s für mich , hatte er sie angefleht. Sag ihr nur, ich werde den ganzen Tag vor ihrer Schule warten. Er gab ihr die Adresse von der Stelle, wo er parken würde, und die Beschreibung und das Nummernschild seines Wagens – sein zweitliebster Besitz, da der Steinway die absolute Nummer Eins war.
    Ich weiß nicht, ob ich sie erreichen kann , hatte Ariella gesagt.
    Versuch’s einfach. Resigniert hatte er hinzugefügt: Sag ihr nur, dass ich da sein werde. Wenn sie kommt, ist es gut. Wenn nicht … na ja, dann weiß ich Bescheid.
    Der Morgen zog sich endlos in die Länge. Am frühen Nachmittag wurde ihm bange ums Herz. Gegen vier entschied er sich fast schon dafür, auszusteigen und direkt nach ihr zu suchen. Aber das hätte seinen Zweck verfehlt.
    Wenn sie kommt, ist es gut. Wenn nicht … na ja, dann wusste er
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