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Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Titel: Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)
Autoren: Urs Bigler
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eines tollwütigen Esels.
    Oh, oft besungene Altersweisheit! Ein cholerischer Trottel war er. Er hatte Lena verletzt, er hatte sie vor den Kopf gestoßen und zutiefst gekränkt!
    Irgendwann, er hatte keine Ahnung, wie lange er da gesessen und sich mit Vorwürfen gequält hatte, schob sich eine Gestalt vor das Abendlicht.
    Es war der Prinz, das erkannte er ohne aufzusehen an der kostbaren Muskete, die der junge Mann in der Rechten hielt, und an den zwei Hasen, die leblos an ihm hinunterbaumelten.
    «Ist Euch nicht wohl?»
    «Doch, doch», brummelte der Abt.
    Ferdinand schien etwas sagen zu wollen, legte stattdessen die Hasen auf den Tisch und drückte prüfend an ihnen herum.
    «Habt Ihr Lena und Arno gesehen?»
    Nur zu gut wusste der Abt, dass ihm die Antwort hierauf einige Zungenverrenkungen abverlangte, daher beschloss er, sie vorerst aufzuschieben und Ferdinand noch ein wenig an den Hasen herumdrücken zu lassen.
    Eine Weile fiel kein Wort.
    Dann aber schien Ferdinand das Schweigen unerträglich zu werden und mit leiser Stimme sagte er: «Am späten Vormittag standen plötzlich Männer vor der Türe. Sie erkundigten sich nach Lena. Schaurig, wie der eine ausgesehen hat. Ihr müsst wissen, der Franzose, sie waren schwer gezeichnet. Ich wollte sie fortjagen. Lena hielt mich zurück und kümmerte sich um sie. Und wie sie ihnen geholfen hat! Ich glaube, sie ist in der Heilkunst noch besser als ihr Vater.»
    «Wie haben die Leute hierher gefunden?»
    Der Prinz runzelte die Stirn, umfasste mit beiden Händen die Muskete und ließ sie unruhig auf-und abwippen.
    «Sie haben es wohl aufgeschnappt, dass eine kundige Heilerin im Wald wohnt. Denn vor kurzem waren Händler hier, die Arno und ich bei ihrem havarierten Fuhrwerk entdeckt hatten. Ein Stein, eine Wurzel oder eine Bodenunebenheit hatte den Wagen aus der Fahrtrinne gekippt. Weil sie verletzt waren, führten wir sie zum Waldhaus, wo sich Lena um ihre Wunden kümmerte. Wieder zurück in ihren Dörfern haben sie wohl kräftig die Werbetrommeln gerührt.»
    «Das gefällt mir nicht», sagte der Abt scharf.
    «Warum?»
    Ferdinand fragte gereizt und fing an, schwer zu atmen.
    «Lena versteht viel von der Heilkunst, sie hat von ihrem Vater mehr gelernt als jeder Student der Medizin. Menschen zu heilen bedeutet ihr viel, es bedeutet ihr alles, so viel wie Euch die Alchimie.»
    Einen Augenblick zweifelte der Abt am Sinn eines jeden weiteren Wortes, denn nur zu gut kannte er diesen Ton, nur zu gut wusste er, dass jetzt kein vernünftiges Argument mehr half. Jetzt sprach aus Ferdinand der Adlige, der Fürstensohn, der sich verschanzte, weil man die Widerrede ohne die obligaten hundert Zückerchen begonnen hatte, und nun ging es nicht um die Sache, sondern um eine Prinzenseele in Schieflage.
    «Ihr seid ein liebenswerter Mensch», sagte der Abt leise, «ein hervorragender Adept, aber ein kluger Staatsmann seid Ihr nicht!»
    Wie versteinert sah ihn Ferdinand nun an und hörte auf, die Muskete in seinen Händen zu wippen.
    «Was ist dagegen einzuwenden, wenn Lena den Menschen Gutes tut, wenn sie ihre Leiden lindert?»
    Der Abt spürte, dass er mit hitzigen Worten nicht weiterkam, und sagte möglichst ruhig:
    «Meint Ihr, das Waldlabor stehe hier in dieser Lichtung, wo Füchse und Hasen einander gute Nacht sagen, damit jedes Plappermaul von ihm weiß? Vorbei sind die Zeiten des freien Denkens und Forschens, vorbei die Zeiten eines Reuchlins, als man sich noch öffentlich gegen die Hetze der Kölner Dominikaner bekennen durfte. Überall gärt es, überall haben die Eiferer, die Zuträger, Engstirnigen das Sagen. Wer weiß, vielleicht haben wir schon bald einen fürchterlichen und grausamen Glaubenskrieg. Und wie schnell wird heute, da immer mehr Fanatiker und Moralapostel durch die Dörfer geistern, aus einem Alchimistenlabor eine Teufels-oder Hexenküche?»
    Angespannt sah der Abt ins schmale Gesicht des Prinzen und versuchte, eine Regung zu erkennen. Doch Ferdinands Miene ließ sich nicht lesen, weder der gepflegte Schnauzbart, die lange, edle Nase noch die schwarzen Augen gaben etwas preis. Nur seine Hände, die zitternd die Muskete umklammerten, verrieten, dass er in die Enge getrieben war und sein geistiges Pulver verschossen hatte.
    «Auch in Haldenburg steht es nicht zum Besten», doppelte der Abt nach, «die Speichellecker und Jesuiten ziehen die Fäden, das ist Euch bekannt. Vor drei Wochen hat der Hofrat einem neuen Gesetzesentwurf zugestimmt. Das hat mir der
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