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Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer
Autoren: Richard Auer
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könnte ewig auf diesem Balkon sitzen.«
    Â»Ewig auf diesem Balkon?« Fiona blickte nachdenklich in den dunklen
Abendhimmel. Morgenstern stutzte.
    Â»Ist doch super hier. Herz, was willst du mehr?« Dann hob er sein
Glas und nahm einen Schluck.
    Fiona rieb die Hände aneinander, als wüsste sie nicht recht, wo sie
anfangen sollte. Die Ruh ist hin, dachte Morgenstern. »Also, was liegt dir im
Magen?«
    Â»Mir ist es hier zu eng«, murmelte Fiona.
    Morgenstern atmete auf. Es ging also um ihr Leben in Eichstätt,
fernab von Nürnberg, wo sie früher so zufrieden gelebt hatten und wohin er
eines Tages zurückkehren wollte. »Zu eng«, wiederholte er erleichtert. »Das
sage ich doch auch immer. Dieses Altmühltal hier, dieses Eichstätt mit seinen
braven Menschen, den vielen Kirchen, mit diesem ganzen Idyll, das ist mir auch
zu eng. Jeden kennt man, jeder beobachtet jeden.«
    Fiona hatte ihm aufmerksam zugehört, schien aber nicht zufrieden.
»So habe das nicht gemeint. Das mit der Enge.«
    Â»Wie denn dann?«
    Â»Mir ist es hier zu eng, in unserer Wohnung, auf diesem Balkon.« Sie
deutete auf den in der Tat winzigen Balkon, auf dem mit Müh und Not ein rundes
dunkelgrünes Bistrotischchen mit einer gelochten Metallplatte und zwei
Korbstühle Platz fanden. Wenn ihre beiden Kinder mit dabei sein wollten, saßen
sie mit ihren Stühlen schon halb im Wohnzimmer. Die beiden teilten sich
außerdem ein schmales Kinderzimmer mit Stockbett. »Wir haben einfach nicht
genug Platz.«
    Â»Na ja«, sagte Morgenstern unbestimmt. »Ich komme ganz gut zurecht.«
    Doch Fiona ließ nicht locker. »Ich finde es auf Dauer auch nicht
toll, dass wir immer Miete bezahlen. Das tut fast keine von meinen Bekannten
hier.«
    Morgenstern atmete tief durch. Wo führte denn dieses Gespräch hin?
Auf jeden Fall nicht zurück nach Nürnberg, so viel war klar. »Und wie bitte
schön wohnen deine Bekannten? Und was für Bekannte sind das überhaupt?«
    Â»Die vom Malkurs zum Beispiel. Die haben alle was Eigenes.« Fiona
hatte ihren Blick in die Ferne gerichtet. »Fast alle haben was Eigenes.«
    Morgenstern war ratlos. Sicher hatten sie vor Jahren überlegt, ob
sie sich eines Tages eine eigene Wohnung würden leisten können. Aber das war in
Nürnberg gewesen. Und damals hatten sie das als unrealistisch teuer verworfen.
Hier im Altmühltal war ihre Wohnsituation nur ganz selten Thema gewesen. Ihre
Wohnung war klein, das stimmte wohl. Sie hatten bei ihrem Umzug nicht viel Zeit
zur Suche gehabt und das Erstbeste genommen. Aber Morgenstern war einer von den
Männern, die sich gerne mit dem Status quo arrangierten – auch wenn der
seine Macken hatte. Manche baumelnde Glühbirne an der Decke würde wohl nie
einen Lampenschirm bekommen, jedenfalls nicht vom Hausherrn selbst. Und eine
quietschende Zimmertür erhielt erst dann einen Tropfen Öl, wenn Fiona das
nervtötende Geräusch nicht mehr ertragen konnte.
    Â»Etwas Eigenes?«, fragte Morgenstern mit kaum unterdrücktem Gruseln
in der Stimme. »Aber doch nicht hier in Eichstätt!«
    Fiona nickte. »Ich hab mal zusammengerechnet, wie viel Miete wir
bezahlen, wenn wir noch zehn Jahre lang in dieser engen Wohnung leben.«
    Â»Soso.«
    Â»Ãœber siebzigtausend Euro.« Fiona lächelte. »Wenn wir das in was
Eigenes stecken würden, wäre das ein solider Sockel.« Sie blickte ihn
erwartungsvoll an.
    Morgenstern wurde mulmig. Die Sache roch für ihn nach Streit. »Ich
will aber gar nichts Eigenes. Grundsätzlich nicht, und hier in Eichstätt erst
recht nicht. Auf ein eigenes Haus habe ich echt keinen Bock.« Er rutschte in
seinem Korbstuhl hin und her, der daraufhin ächzte und knarzte, als würde er
gleich unter ihm zusammenbrechen. »Außerdem: Wenn ich mir unseren Kontostand
ansehe, kommt so etwas überhaupt nicht in Frage. Da ist immer Ebbe.«
    Â»Keinen Bock, das ist ja wohl das schwächste Argument überhaupt«,
sagte Fiona. »Bloß weil du deinen Hintern nicht hochbringst … Außerdem«,
ihre Stimme wurde sanfter, »wir haben doch dieses kleine Finanzpolster. Waren
das nicht runde zwanzigtausend Euro?«
    Â»Du weißt genau, dass das unsere eiserne Reserve ist. Wer weiß, wie
lange es unser alter Landrover noch macht. Dann brauchen wir von heute auf
morgen ein anderes Auto. Oder die
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