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Teufelskuss und Engelszunge - Jones, E: Teufelskuss und Engelszunge

Teufelskuss und Engelszunge - Jones, E: Teufelskuss und Engelszunge

Titel: Teufelskuss und Engelszunge - Jones, E: Teufelskuss und Engelszunge
Autoren: Emilia Jones
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Fährmann denn damit schon wieder sagen?
    Hinter einer Biegung endete der Fluss. Ein rauschender Strudel zog die Suppe in ein Loch. Als hätte man den Stöpsel in einer Badewanne gezogen. Wengodian schüttelte den Kopf über diesen billigen Trick.
    Vor ihm tat sich nun ein von Fackeln gesäumter Höhlengang auf. Weit und dunkel, mit einem nicht zu erahnenden Verlauf.
    »Verdammter Knochenkopf«, fluchte Wengodian.
    Es mussten Stunden gewesen sein, die er durch die Hölle geirrt war. Wengodian hatte jedes Zeitgefühl verloren, war erschöpft und müde. Dinge, die einem Seelenfänger für gewöhnlich nicht passierten. Trotz seiner körperlichen Beeinträchtigungen steckte in ihm eine ungemeine Kraft. Die hatte er jedoch niemals auf derart ausgedehnte Spaziergänge trainiert. In diesem Moment fühlte er sich wie ein gebrechlicher Mensch mit morschen Knochen und puddinggleichen Muskeln.
    War es womöglich die gestohlene Seele, die ihn derart beeinträchtigte?
    Er schüttelte den Gedanken sogleich wieder ab. Während er sich weiter voran schleppte, starrte er die Flasche in seinen Händen an. Dumpf pulsierte das verblasste Leben in ihr. Es hörte sich an wie ein leises Lachen, gerade so als ob die Seele ihn auslachen würde.
    Wengodian fühlte Wut in sich. Wut auf die Flasche und die Seele – vor allem aber auf sich selbst. Er war an einem Punkt angelangt, an dem er dieses grässliche Ding am liebsten gegen die nächste Felswand geschleudert hätte. In tausend Stücke sollte es zerspringen! Und er würde einen Freudentanz auf den Scherben aufführen. Oh ja, das würde er, grollte er in sich hinein.
    Doch gerade in diesem Moment züngelten die Flammen der Fackeln an den Wänden in die Höhe. Funken fielen wie Wassertropfen herab und brannten schwarze Löcher in den Boden. Wengodians Füße sackten mit jedem Schritt ein Stück weiter ein und hinterließen tiefe Abdrücke. Rauchschwaden stiegen aus ihnen auf.
    Die Hitze hüllte ihn ein, machte den Anschein, seine missratene Gestalt zuerst erdrücken und danach verschlingen zu wollen.
    Ein Grinsen schlich sich in Wengodians zerfurchtes Gesicht. Sein Weg hatte ein Ende gefunden. Die Pforte zu Beelzebubs Reich würde jede Sekunde vor ihm auftauchen und ihm Einlass gewähren. Er konnte es bereits riechen. Der faulige Gestank hatte auf ihn die Wirkung eines Beruhigungsmittels, so dass er immer langsamer wurde, bis er schließlich stehen blieb.
    Die Flasche mit der Seele hatte er die ganze Zeit über an seinen Oberkörper gepresst getragen. Nun lockerte sich sein Griff. Er streckte die Flasche vor sich in die Höhe, wie eine Trophäe, die er präsentieren wollte. Den Kopf hielt er dabei gesenkt.
    Er wartete.
    Sein Atem ging ruhig. Nur ein Röcheln, das er selten unterdrücken konnte, war zu hören und wurde echoartig von den Wänden zurück geworfen.
    Die Flammen peitschten höher. Sie züngelten, tasteten sich nahe an Wendogian heran und schlossen sich letztlich in einem Kreis um ihn zusammen.
    Der Seelenfänger lachte in einem Grollen auf, das die Höhle erzittern ließ. Selbst das Feuer schien sich von ihm einschüchtern zu lassen, denn die heißen Zungen wurden kleiner und kleiner, bis sie ihm nur noch bis knapp unterhalb der Hüfte reichten. Ihn zärtlich wie einen Liebhaber kitzelten.
    Erst als sich vor Wengodian aus dem augenscheinlichen Nichts ein gewaltiges Tor abzeichnete und quietschend öffnete, erstarben die grässlichen Laute aus seinem Maul wieder.
    Schnaufend trat er durch den Feuerring, der ihm nichts anhaben konnte, denn er liebte das Feuer – und das Feuer liebte ihn. So war es bei allen Höllenkreaturen.
    Hinter dem Tor tat sich ein weitläufiger Raum auf. Der Boden erstreckte sich in einem Schachbrettmuster aus Granit und Spiegeln, und zu den Seiten ragten graue Felswände halbkreisförmig bis zum höchsten Punkt der Decke herauf. Dort – in der Mitte – verschmolz der Stein in einem seltsamen Gebilde, das wie ein böser Geist aus Spiegelaugen auf Wengodian hinab blickte.
    »Wie nett«, brummte der Seelenfänger.
    Das Betreten von Beelzebubs Reich brachte stets eine Überraschung mit sich, denn es sah niemals gleich aus. Es veränderte sich, passte sich dem Gemütszustand Beelzebubs an, und offensichtlich war er zurzeit guter Dinge. Das zeigten die vielen Spiegel. Diese mied er nämlich, sobald er über irgendetwas erzürnt war.
    »Wengo«, hallte Beelzebubs Stimme durch den Raum. Die Spiegel am Boden vibrierten.
    »Warum bist du hier?« Mit einem Mal
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