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Teufelskuss und Engelszunge - Jones, E: Teufelskuss und Engelszunge

Teufelskuss und Engelszunge - Jones, E: Teufelskuss und Engelszunge

Titel: Teufelskuss und Engelszunge - Jones, E: Teufelskuss und Engelszunge
Autoren: Emilia Jones
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überforderten sie schlichtweg.
    Marafella zwang sich zur Ruhe. Niemand konnte sie sehen oder ihre Anwesenheit spüren. Sie musste doch nur vor dem Mann stehen bleiben und darauf warten, dass seine Seele heraus gekrochen kam. Aber entgegen aller Regeln des Seelensammler-Handbuches passierte rein gar nichts.
    Marafella kniete nieder. Sie streckte eine Hand aus und befühlte die kühle Haut des Mannes.
    Auf ihre ebene Stirn verirrte sich zum ersten Mal eine tiefe Falte.
    »Seine Seele ist fort«, wisperte sie. »Wie kann das sein?«

    Wengodian hatte die Seele in einer Kugelflasche eingeschlossen. Mittlerweile pulsierte sie hellgelb, doch dank des pechschwarzen Glases, drang davon kaum etwas nach außen. Grimmig verzog der Seelenfänger die Mundwinkel. Er knurrte, und der Sabber lief ihm das Kinn hinab.
    Seinen verkrüppelten Körper bewegte er in einer Mischung aus schlurfenden Schritten und grotesken Hüpfern vorwärts. Der gewaltige Buckel, den er erst seit einigen Jahren auf seiner linken Schulter trug, beeinträchtigte ihn zusätzlich. Beelzebub – die rechte Hand von Luzifer – hatte ihm diesen verfluchten Klumpen für ungebührliches Verhalten verpasst. Als Wengodian daran zurück dachte, hielt er kurz inne und spuckte aus.
    Verdammter Mistkerl!
    Jeden noch so winzigen Fehltritt bestrafte sein Meister mit einer weiteren körperlichen Grausamkeit. Solange, bis die Seelenfänger seinen Befehlen bedingungslos folgten. Schließlich war er, Beelzebub, der einzige, der in Sachen Seeleneinsammeln das Sagen hatte.
    Wengodian humpelte weiter den dunklen, unterirdischen Gang entlang. Unterhalb des Erdbodens besaß er keinerlei besondere Fähigkeiten. Er musste sich voran schleppen, wobei das Gewicht der Seele allmählich zur Last wurde.
    Warum plagte er sich nur damit herum?
    Warum unternahm er schon wieder den Versuch, Beelzebub einen besonderen Dienst zu erweisen? Dabei hatte er sich nie wieder so unterwürfig verhalten wollen.
    Das Gewicht des Buckels drückte seinen Oberkörper hinab, so dass Wengodian nach vorn gebeugt voran schlich. Die letzten Meter tastete er sich mit einer Hand an der Wand entlang.
    Der lange und beschwerliche Weg von der Erde bis in die Tiefen der Hölle hinab war ganz und gar nicht gewöhnlich für einen Seelenfänger wie Wengodian.
    Hätte er eine Seele auf die normale, vorher bestimmte Weise eingefangen, wäre er ohne große Umstände direkt an Beelzebubs Pforte gelangt. Doch nun, da er einen solchen Frevel begangen hatte, indem er eine gute Seele auf hinterhältige Weise gestohlen hatte, war er auch dazu verdammt, sich Stückchen um Stückchen voran zu kämpfen. Er quälte sich durch enge Felsvorsprünge, eine blubbernde Lavalandschaft und erreichte schließlich den Fährmann. Dessen leere Augenhöhlen schienen neugierig unter seinem weiten Kapuzenmantel hervor zu lugen. Er hob einen Arm und deutete mit einem seiner Knochenfinger auf ihn.
    »Wohin so eilig, Verfluchter?«, fragte er.
    »Zu IHM.« Wengodian knirschte mit seinen schiefen Zähnen, was ein grauenhaftes Geräusch verursachte.
    »IHM?« Der Fährmann blickte ihn unverwandt an. Aus seinen tiefen Augenhöhlen leuchteten weder Leben noch Licht. Vielmehr war es vollkommene Ausdruckslosigkeit, die sein Knochengesicht preisgab.
    »Nun, ich denke, es ist nicht an der Zeit, IHN zu stören«, fuhr er fort. »Sein nächster Termin ist in einer halben Stunde. Du solltest wissen, dass ER die Ruhe zwischendurch sehr schätzt.«
    »Nicht jetzt. Jetzt ist keine Zeit für Ruhe.« Wengodian schob den Knochenmann kurzerhand beiseite und humpelte an ihm vorbei. »Ich erreiche ihn auch ohne deine Hilfe!«
    Die Flasche in seinen Armen fühlte sich unendlich schwer an, so dass er beinahe versucht war, sie fallen zu lassen. Zudem zwang das Gewicht seines Buckels ihn in die Knie. Er beugte sich im Gehen weit mit dem Oberkörper hinab, stützte sich sogar mit einer Hand vom Boden ab. Immer weiter voran, das schäbige Lachen des Fährmanns im Nacken.
    »Das wird nicht gut ausgehen, Verfluchter! Gar nicht gut.«
    Wengodian ignorierte die Rufe, ebenso wie die körperliche Pein. Er würde es schaffen, sich bis zum Schluss die scheinbar endlose Strecke am Ufer der brodelnden Suppe entlang zu schleppen, die der Fährmann seinen Fluss nannte. Dieser Knochenkopf zwang ihn nicht in die Knie. Niemals!
    »Na, schön«, hörte er es durch den Tunnel hallen, »geh zu IHM! Stürze uns alle ins Verderben …«
    Ins Verderben! Wengodian spuckte aus. Was wollte der
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