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Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)

Titel: Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)
Autoren: Annelie Wendeberg
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Gedanke war ihm vermutlich gerade gekommen.

    »Möchten Sie, dass ich Ihre Adresse hinter Ihrem Rücken herausfinde? Nur für den Fall, meine ich.«
    Er knallte seine Hand gegen den Türrahmen. »221B Baker Street.«

Kapitel Drei

    ch stieg aus dem Omnibus und konnte gerade noch einem Haufen Pferdeäpfel auf dem Bürgersteig ausweichen. Beim Umdrehen erblickte ich den Straßenkehrer. Auf seinen Besenstiel gelehnt kaute er auf etwas Lederartigem herum und pulte mit schwarzen Fingern faseriges Zeugs zwischen seinen Zähnen hervor. Solche archäologischen Ausgrabungen erschienen mir weitaus unappetitlicher als Obduktionen.
    Ich tippte zum Gruß an meinen Hut, betrat den Regent Park an seinem östlichen Ende und wandte mich nach Norden. Langsam verstummte das geschäftige Treiben der Straße und wurde ersetzt durch Spatzengezwitscher und das leise Geplauder von Paaren, die Arm in Arm spazieren gingen.
    Nach wenigen Minuten erreichte ich 221B Baker Street. Wie die angrenzenden Häuser war das dreistöckige Gebäude aus roten Ziegelsteinen erbaut und sah aus, als hätte man das Erdgeschoss in einen Topf Sahne getunkt. Es hatte große, weiß gerahmte Fenster und eine Tür aus geräucherter Eiche. Mit dem Messingtürklopfer in der Hand fragte ich mich, wie viel Holmes wohl mit seinem eigenartigen Beruf verdiente. Nach einem Klopfen und kurzem Warten bat mich die Vermieterin herein.
    Meine Füße erklommen die Treppe, und in meinem Gehirn schwirrten die Gedanken durcheinander wie einSchwarm Mücken. Für mich war Sherlock Holmes ein Magnet mit vereintem Nord- und Südpol. Er kannte mein Geheimnis und konnte mein Leben mit einer einzigen Bemerkung zerstören. Ich wusste nicht, ob ihm aus dem Weg zu gehen oder ihn zu beobachten die bessere Taktik war.
    Oben angekommen, hob ich meinen Blick und bemerkte einen kleinen Krater in der Wand. Ich stocherte mit dem Finger darin herum, pulte den Putz ab und schaute durch das Loch. Auf der anderen Seite sah ich Gibsons Kopf. Konnte das womöglich ein Einschussloch sein?
    Ich klopfte an Holmes’ Tür, Gibson öffnete, ich trat ein, und die Welt verwandelte sich schlagartig von einer hochglanzpolierten Idylle in ein absolutes Chaos. Die Decke war mit Spritzern dekoriert, deren Muster auf mehrere kleine Explosionen hindeutete. Hier und da wirkte es, als hätte sich Säure in den Kalkputz gefressen. Mir waren bereits gestern Flecken auf Holmes’ Händen aufgefallen, die ich nicht identifizieren konnte. Jetzt wurde mir klar: Der Mann war ein Hobbyforscher.
     
    Enorme Papierstapel begruben den Schreibtisch, einen Stuhl und den größten Teil des Kaminsimses, wo ein Messer ein Bündel Papier ans Holz pfählte. Oben auf dem ruinierten Sims stand das Foto einer wunderschönen Frau.
    Ich entschuldigte meine Verspätung. Gibson lief mit gewichtiger Miene im Wohnzimmer auf und ab. Holmes selbst saß in einem Sessel am Kamin, rauchte Pfeife und wirkte gelangweilt. Seine Violine lag vor ihm auf dem Couchtisch.
    Ein kleines, schüchternes Hausmädchen mit einer Haarfarbe wie schmutziges Eigelb servierte Tee und Kekse. Sieblickte keinen der Anwesenden an. Wie sie hierhin und dorthin huschte, schien Gibson, der sich nun in den anderen Sessel setzte, sie nicht einmal zu bemerken.
    Holmes teilte dem Inspektor die Ergebnisse der Obduktion mit, ließ sich aber weder über die Zweige und Käfer aus, noch gab er irgendwelche Überlegungen bezüglich des Falls preis.
    »Waren Sie in der Lage, den Mann zu identifizieren, Inspektor?«, fragte ich.
    Er schüttelte verärgert den Kopf. »Nein, ich habe Mr Holmes eben schon gesagt, dass das vollkommen unmöglich ist. Er hatte keine Papiere bei sich, und niemand, auf den die Beschreibung zutrifft, wurde als vermisst gemeldet. Ich werde meine Zeit nicht weiter mit diesem Fall verschwenden. Sie sind da hoffentlich meiner Meinung, Mr Holmes.«
    Holmes nickte ohne aufzusehen, und Gibson schob sich mit einem zufriedenen Lächeln aus dem Sessel.
    »Dr. Kronberg, wenn ich weitere Fragen habe, werde ich mich bei Ihnen melden«, sagte Gibson und verabschiedete sich. Mir war klar, dass das nicht passieren würde. Auch gut.
    Als der Inspektor die Treppen hinunterstampfte, lehnte ich mich mit dem Rücken an die geschlossene Tür, meinen Blick auf Holmes gerichtet. »Interessant«, sagte ich, und er öffnete seine Augen, offenbar überrascht, mich zu sehen.
    »Gibt es noch etwas, Dr. Kronberg?« Seine Stimme klang monoton.
    »Gibson liegt falsch, und Sie wissen es.«
    Holmes
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