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Teufel in High Heels

Titel: Teufel in High Heels
Autoren: Bridie Clark Martina Tichy
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einem Mal wieder das kleine Mädchen von vor zwanzig Jahren. Ihre Umarmung lockert den Knoten in meiner Magengrube wenigstens ein winziges bisschen.
    »Tish-Tish, bitte, du musst mir unbedingt bei den Ohrringen helfen«, winselt Lucille und zerrt Mom von mir weg. Zu spüren, wie sich ihre Arme von mir lösen, ist furchtbarer als das Geplärr des Weckers nach einer schlaflosen Nacht. Hilflos sehe ich zu. Ich bin zu alt, um mich an den Knien meiner Mutter festzuklammern, aber ich muss mich schwerstens zusammenreißen, um nicht genau das zu tun.
    Und dann, als ich denke, schlimmer kann es nicht werden - kommt der Hammer.
    Denn jetzt höre ich sie. Die unverkennbare, tiefe, kehlige, mächtige, grausame Stimme. Die Stimme, die seit elf Monaten durch all meine nächtlichen Albträume hallt.
    Die gefürchtete Stimme, die zügig durch den Flur näher kommt.
    »Claire!... Claire ! Da sind Sie ja!«
    Ich bin das Reh, und die Stimme ist der Scheinwerfer. Der mich unweigerlich zur Salzsäule erstarren lässt.
    Kann es denn wahr und wahrhaftig SEIN?! Allein die Vorstellung ist zu grauenhaft -
    »Verflucht noch mal, Claire, ich habe Ihnen ein Dutzend Nachrichten auf Handy und Anrufbeantworter gesprochen!

    Bin dann endlich bei irgendeiner spatzenhirnigen, inzuchtgeschädigten Verwandten von Ihnen gelandet, die mir nach mordsviel Hu und Ha schließlich gesagt hat, wo Sie stecken. Ab solut in akzeptabel, Claire. Sie müssen für mich rund um die Uhr erreichbar sein, das hatten wir doch nun schon zur Genüge - «
    Durchatmen , denke ich hektisch, ohne mich umzudrehen, und spüre, wie meine Handflächen feucht werden. Das kann nur ein neuer Albtraum sein. So was gibt es doch nicht in echt.
    Ich zwinge mich zur Kehrtwendung. Sie ist es wirklich. Das bereits erwähnte Höllenweib, meine Chefin: die gnadenlose, glamouröse, gloriose Vivian Grant. Eins zweiundfünfzig, ein Monsterschreck im Miniaturformat. Ungeduldig die Hüfte vorgereckt, zornrot im Gesicht, einen Notizblock in der Hand.
    Nein, nein, nein! , schreie ich innerlich. Es darf doch schlicht nicht wahr sein, dass Vivian tatsächlich in meine Brautsuite gestürmt kommt, mit einem Blick, der nur eins bedeuten kann -
    »Ich muss mit Ihnen kurz ein paar Dinge für nächste Woche absprechen.«
    Bea verschränkt die Arme und sieht aus, als wollte sie Vivian jeden Augenblick in Stücke reißen. Mom und Lucille kommen völlig verdattert wieder zum Vorschein. Vivians dreister Auftritt hat selbst meiner hartgesottenen Schwiegermutter in spe die Sprache verschlagen.
    »Vivian«, sage ich so langsam und betont wie möglich. »Ich heirate in einer Stunde. Ich habe meine Flitterwochen verschoben, damit ich all meinen beruflichen Verpflichtungen nachkommen kann. Hat das nicht Zeit bis Montag?«
    Vivian starrt mich mit gerunzelter Stirn finster an. Auf
diesen Satz hat sie nur gewartet. Jetzt kann sie übergangslos mit einer ihrer Lieblingstiraden loslegen.
    »Wie schön, dass Sie der Meinung sind, meine Pläne sollten sich nach Ihren richten, Claire! Ich will nichts weiter als scheißkümmerliche zehn Minuten. Könnten Sie sich wohl so lange von dem hier losreißen« - sie wedelt verächtlich in die Runde, bestehend aus Mom, Lucille und Bea, die sie mit offenem Mund anstarren - »und sich etwas so Belanglosem und Nebensächlichem wie Ihrer Karriere widmen?«
    Ich überlege kurz, ob ich durch die Brautsuite sprinten, das Fenster aufreißen und …
    »Ich dachte, Sie wären aus härterem Holz geschnitzt, Claire«, kommt es als Nächstes mit höhnischem Lächeln von Vivian. »Ich dachte, aus Ihnen könnte etwas werden. Aber nachdem Sie ja nun heiraten …«
    Sie ist verrückt, ich weiß. Nicht ganz richtig im Oberstübchen. Trotzdem, die Frau hat mich gnadenlos im Griff - mich und die meisten anderen ihrer Untergebenen.
    »Fünf Minuten«, sage ich (sehr kühn, für meine Verhältnisse), nehme einen Riesenschluck Champagner und schnappe mir Notizblock und Stift.
    »Das ist echt der Abschuss«, faucht Bea, als Vivian an ihr vorbeigerauscht ist. »Du bist Lektorin, Claire, von dir hängt nicht das Wohl und Wehe der freien Welt ab. Was kann denn so dringend sein, dass sie an deinem Hochzeitstag hier hereinplatzen muss? Das ist doch nicht normal! Wieso tut sie dir das an?«
    Wieso tut Vivian überhaupt irgendwem irgendwas an? Gute Frage.
    »Weil sie’s kann«, sage ich zu Bea.
    Mir kommt eine schauderhafte Erkenntnis: So absurd
es auch ist, dass meine Chefin mich nicht mal an meinem Hochzeitstag in
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