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Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)

Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)

Titel: Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)
Autoren: Mauritius Much
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bei den ganzen Knöpfen im Cockpit. Siggi grinst, weil er merkt, dass Horst überfordert ist. »Da«, sagt er und deutet auf ein Gerät, an dem rote Ziffern leuchten. Das ist das kombinierte Funk- und Navigationsgerät. ›Ah ja, richtig‹, fällt es Horst wieder ein. Im Theorieunterricht hat er von diesem Gerät irgendwann schon mal gehört. Er dreht an den beiden Rädchen, bis die zwei Frequenzen stimmen.
    Es dauert, bis sich Horst an seine neue Funktion als Copilot gewöhnt, aber mit der Zeit und Siggis Hilfe schafft er es dann doch. Mittlerweile hat die Cessna die Reiseflughöhe erreicht. Sofort kramt Siggi einen Flammkuchen aus dem Rucksack hinter dem Pilotensitz. »Du fliegst jetzt weiter, ich muss endlich mittagessen!«, sagt Siggi und beginnt zu essen. Horst ist vollkommen perplex. ›Ich soll fliegen!‹ Gerade eben hatte er noch Probleme, überhaupt die richtigen Knöpfe zu finden …! Mit ganzen zwei Flugstunden Erfahrung mit einem ausgebildeten Fluglehrer in einer viel kleineren Maschine? Der spinnt, der Siggi.
    Aber irgendwie imponiert Siggi Horst schon. Der Mann hat echt Gottvertrauen. Vorsichtig nimmt Horst das Steuerhorn in die Hand und zieht es ein wenig nach unten. Sofort sackt das Flugzeug ab. Wahnsinn. Für Horst ist es ein irres Gefühl, das Flugzeug selbst zu steuern. Das Steuerhorn sieht zwar aus wie das Lenkrad beim Auto, aber es fühlt sich tausendmal besser an, ein Flugzeug durch die Wolken zu lenken als ein Auto durch die Münchner Innenstadt.
    Genüsslich verputzt Siggi seinen Flammkuchen. Er merkt Horst sofort an, wie fasziniert der von seinem neuen Job als Chefpilot ist. »Schau einfach, dass du maximal auf 4500 Fuß kommst, und dann hältst du Kurs.« Horst nickt eifrig. Er versucht, das Steuerhorn ruhig zu halten, und schaut nach vorne. Es ist bewölkt. Schade, bei Sonne würde er noch viel mehr sehen. Doch Horst ist auch so ganz happy. Eigentlich wollte er nur zu seinen Eltern … Was für ein Tag!
    »Horst, tust du mir einen Gefallen?«, sagt Siggi und schluckt einen Bissen Flammkuchen herunter. »Kannst du bitte das Gewitter da vorne umfliegen? Danke.« Gewitter? Jetzt? Umfliegen? Die Gedanken schwirren Horst nur so durch den Kopf. Vor fünf Minuten ist er erst Pilot geworden und jetzt schon so eine Bewährungsprobe! ›Warum denn ich? Kann nicht Siggi übernehmen?‹, fragt sich Horst. Doch der macht überhaupt keine Anstalten. Stattdessen kaut er seelenruhig an seinem Flammkuchen. ›Halt das Ding einfach so ruhig wie möglich‹, feuert er sich an. Nur keine hektischen Lenkbewegungen. Nicht, dass er dann die Kontrolle über die Cessna verliert und sie alle abstürzen.
    Vor Horst werden die Wolken dunkel, er sieht Blitze zucken. Möglichst sanft versucht er, das Steuerhorn nach rechts zu ziehen. Hauptsache, irgendwie am Gewitter vorbei. Das Flugzeug biegt tatsächlich nach rechts. Puh. Die Maschine macht wenigstens, was er will. Doch dann wackelt sie bedenklich. Der Jungpilot versucht, sie gerade zu halten, aber das wird immer schwieriger. Der Wind bläst so stark unter die Tragflächen, dass das Flugzeug schaukelt.
    Immerhin, Blitze sieht Horst jetzt keine mehr, aber die Wolken sind rabenschwarz. Dem Zentrum des Gewitters ist Horst durch sein Manöver wohl entkommen, aber die Ausläufer bekommen jetzt alle voll zu spüren. Die Cessna wackelt wieder, dann sackt sie plötzlich ab. Schnell fängt Horst sie ab und versucht, die Maschine gerade zu halten. Okay, das nennt man dann wohl Turbulenzen! Die verursachen in einem Großraumflugzeug schon ein Magengrummeln, aber in der kleinen Maschinen spürt man sie noch viel heftiger. Horst kann nichts dagegen tun – nur sich darauf konzentrieren, die Cessna auf Höhe zu halten. Die Schweißperlen sammeln sich auf Horsts Gesicht.
    Währenddessen wischt sich Siggi seelenruhig die Finger mit einem Taschentuch ab. Das Mittagessen ist zu Ende. Der hat wirklich die Ruhe weg. Horst dagegen klammert sich krampfhaft am Steuerhorn fest und versucht, nicht an Höhe zu verlieren.
    Endlich wird die Wolkendecke wieder heller, der Wind lässt nach. Ein wenig schaukelt die Maschine noch, dann fliegt sie wieder ruhig. Geschafft. Erleichtert atmet Horst tief durch. »Alle Achtung, hast dich tapfer geschlagen«, sagt Siggi, verschränkt entspannt die Arme hinter dem Kopf und grinst. »War dein erstes Gewitter, oder?« Horst nickt mitgenommen. »Ich würde sagen, Härtetest absolut bestanden«, sagt Siggi und klopft Horst auf die Schulter. Der ist
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