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Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)

Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)

Titel: Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)
Autoren: Mauritius Much
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bitte dahin mit.« John trottet voraus, dann fragt er leise. »Entschuldigung, ich müsste so dringend aufs Klo. Kann ich?« Streng mustert ihn der Beamte von oben bis unten, dann nickt er. »Aber ich gehe mit.« Wenn es sein muss … aber eigentlich passt es John gar nicht, dass ihm ein Bulle beim Pinkeln zusieht. Als würde John Drogen aus Mund oder Po holen und die Toilette hinunterspülen …
    John stellt sich ans Urinal, der Beamte sieht ihn von der Seite an. Beschämt fixiert er die gekachelte Wand, nur nicht nach rechts schauen. Wie peinlich. Doch dann steigt langsam eine unheimliche Wut in ihm auf. Das alles nur wegen diesem Arsch. Mitfahrgelegenheiten sind Schicksalsgemeinschaften, da ziehen die Leute doch an einem Strang, und dieser Typ nutzt das schamlos aus. Jetzt hängen sie alle in der Geschichte mit drin. Verdammte Scheiße …
    Wenigstens kann er jetzt pinkeln. Das erste Problem ist er los. Aber wie kann er die Polizei überzeugen, dass er kein Komplize des Drogendealers ist? Das ist die Frage. John setzt sich auf die Holzbank, der Beamte nimmt ihm gegenüber Platz. Das Verhör beginnt. John erklärt, dass er eine Mitfahrgelegenheit von Berlin nach Hamburg gebucht hat. Der Beamte schaut ihn ernst an, mit seiner Antwort scheint er alles andere als zufrieden. »Warum sitzt ein bekannter Drogendealer in Ihrem Auto?« Das ist ja interessant, die Polizisten müssen dem Typen schon länger auf der Spur gewesen sein. Sie sind dem Opel wohl schon seit Berlin hinterhergefahren und haben auf dem Parkplatz zugegriffen. Wahrscheinlich dachten sie, dass hier der Drogendeal stattfinden oder das Päckchen deponiert werden sollte. Wie krass ist das denn? Die verfolgen uns seit Berlin und keiner von uns hat was bemerkt. Die Festnahme und die Razzia waren von Anfang an geplant.
    »Antworten Sie bitte auf meine Frage.« John ist so perplex, die Frage hatte er gar nicht mehr auf dem Schirm. »Ich habe eine Mitfahrgelegenheit angeboten, den Typen mit der Tasche habe ich heute zum ersten Mal gesehen.« Der Beamte ist nicht zufrieden, er bohrt weiter. Irgendwie möchte er eine Verbindung zwischen dem Drogendealer und John finden. Doch John beteuert, dass er den Typen noch nie getroffen hat. »Kennen Sie die Mitfahrgelegenheit?« Das tue nichts zur Sache, sagt der Beamte. Eben doch. Nur so ist er in diese beschissene Lage gekommen …
    Das Verhört dreht sich im Kreis. Schon eine halbe Stunde sitzt er mit dem Beamten da, aber von seiner Unschuld ist der immer noch nicht überzeugt. Je länger die Vernehmung dauert, desto unwohler fühlt sich John. Das ist so ungerecht. Nur weil so ein Typ neben ihm Drogen dabeihat, ist er selbst doch kein Verbrecher! Wo leben wir denn hier? Gilt hier nicht die Unschuldsvermutung?
    Irgendwie muss er dem Beamten beweisen, dass er den Dealer nicht kennt. Aber wie? Da kommt John eine Idee: »Schauen Sie doch im Internet nach bei www.mitfahrgelegenheit.de. Ich bin Premium-Mitglied und habe dort die Fahrt angeboten. Außerdem finden Sie dort den gesamten E-Mail-Verkehr mit meinen Mitfahrern. Damit dürfte klar sein, dass ich niemanden vorher gekannt habe.« Der Beamte horcht auf, dann funkt er den Kollegen im Präsidium an. »Wir prüfen das«, sagt er zu John.
    Ein paar Minuten später meldet sich der Kollege über Funk. John hört den Zivilbeamten mehrmals »Ja« oder »In Ordnung« antworten, dann sagt er zu John: »Sie können gehen.« Ungläubig starrt John ihn an. Wie bitte? Eine Dreiviertelstunde lang verhört der Beamte ihn, tausendmal muss er erklären, warum er mit einem Verbrecher im Auto sitzt – und dann reicht ein kurzer Funkspruch?!?
    Langsam geht John zurück zum grauen Opel. Das ganze Gepäck liegt am Boden verstreut, der komplette Inhalt des Handschuhfachs mit Hustenbonbons, Parkscheibe und Straßenkarten ist auf dem Beifahrersitz verteilt. Die Rückbank ist umgeklappt, das Ersatzrad lehnt am Kofferraum. Verbandsrollen, Pflaster und Schere aus dem Erste-Hilfe-Kasten liegen daneben auf der Erde. Die Beamten haben ganze Arbeit geleistet und das Auto gründlich auseinandergenommen. Wenn dort irgendwo noch Drogen waren, dann haben sie sie sicher gefunden, das ist mal klar. Aber die Aktion war so was von unnötig. Der Drogendealer hatte doch gar keine Zeit, etwas zu verstecken. Er war ja auch nur ein Mitfahrer …
    Am Auto stehen die beiden anderen Mitfahrer, John stellt sich zu ihnen. Dann kommt einer der Beamten auf sie zu. »Tut mir leid, dass wir Sie festhalten mussten.
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