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Test: Phantastische Erzahlungen

Test: Phantastische Erzahlungen

Titel: Test: Phantastische Erzahlungen
Autoren: Stanislaw Lem
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Absichten gegenüber dem Königreich und seinem König. Der König schickte Generalkyberale auf den Mond und Obristkyberiste, schließlich sandte er sogar einen Kyberissimus, aber auch der vollbrachte nichts: Das Getümmel, das der König durch ein Fernrohr von der Schloßterrasse aus beobachtete, währte nur ein wenig länger.
      Der Drache wuchs, der Mond wurde immer kleiner, denn das Ungeheuer fraß ihn Stück für Stück auf und verarbeitete ihn in dem eigenen Körper. So merkte der König, und mit ihm merkten seine Untertanen, daß es schlimm um sie stand, denn wenn dem Drachen kein Boden mehr unter den Füßen blieb, so würde er unweigerlich über den Planeten und über sie herfallen. Der König sorgte sich sehr, aber er wußte sich keinen Rat mehr. Was sollte er noch tun? Maschinen auszuschicken war nicht gut, selbst zum Mond aufzubrechen auch nicht, denn er hatte Angst. In einer sehr stillen Nacht hörte der König auf einmal den Fernschreiber im königlichen Schlafgemach klappern. Es war der Apparat des Königs, ganz aus Gold, mit einer Brillanttastatur, der die Verbindung mit dem Mond aufrechterhielt. Der König sprang auf und lief an den Apparat, der ein um das andere Mal klopf e und schließlich ein Telegramm hingeklappert hatte: Der Elektrodrache telegraf erte, Poleander Partobon solle sich aus dem Staube machen, denn er, der Drache, beabsichtige, seinen T ron zu besteigen!
      Der König erschrak, zitterte am ganzen Leibe und lief so wie er war – im Hermelinnachtgewand und in Pantof eln – , in die Kasematten des Schlosses, wo eine strategische Maschine war, ein alter, sehr kluger Automat. Er hatte sie bisher nicht um ihren Rat gefragt, denn er hatte sich mit ihr bereits vor dem Entstehen des Elektrodrachens wegen einer militärischen Operation überworfen; doch jetzt stand ihm der Sinn nicht nach Hader, es galt, T ron und Leben zu retten.
      Er schaltete die Maschine an, und kaum hatte sie sich ein wenig warm gelaufen, da rief er aus: »Meine Rechenmaschine! Meine Beste! Der Elektrodrache will mich um meinen T ron bringen, er will mich aus meinem Königreich vertreiben. Hilf und sage mir, was ich tun soll, um ihn zu besiegen!«
      »Ach nein«, erwiderte die Rechenmaschine, »erst mußt du mir in der anderen Frage recht geben, und dann wün sche ich mir, daß du mich nicht anders nennst als RechenFeldmarschall, wobei du mich auch mit ›Euer Ferromagnetizität‹ anreden kannst.«
      »Schon gut, ich ernenne dich zum Feldmarschall und gewähre dir alles, was du willst. Aber hilf mir!«
      Die Maschine begann zu summen, zu rauschen, sie räusperte sich und sagte: »Die Sache ist einfach. Man muß einen Elektrodrachen bauen, der mächtiger ist als jener, der auf dem Mond sitzt. Er wird den Monddrachen überwinden, ihm das elektrische Gerippe brechen und auf diese Weise zum Ziel gelangen.«
      »Vorzüglich!« rief der König aus. »Kannst du mir aber die Pläne für diesen Drachen entwerfen?«
      »Es wird ein Superdrache sein«, antwortete die Maschine. »Ich kann nicht nur die Pläne für ihn entwerfen, ich kann ihn sogar bauen. Das werde ich gleich tun, wenn du dich ein Weilchen geduldest, mein König.« Und tatsächlich begann es in ihr zu rasseln, zu dröhnen, sie leuchtete auf, setzte etwas in ihrem Innern zusammen, und schon rutschte ihr eine Art elektrische, riesige, f ammende Kralle aus der Flanke. Da sagte der König: »Alte Rechenmaschine, halt ein!«
      »Wie sprichst du mit mir? Ich bin ein Rechen-Feldmarschall!«
      »Ach ja«, bestätigte der König. »Euer Ferromagnetizität, der Elektrodrache, den du baust, wird zwar jenen Drachen überwinden, wird aber selbst an dessen Stelle bleiben. Wie soll nun er beseitigt werden?«
      »Indem man einen anderen baut, der noch mächtiger ist«, erläuterte die Maschine.
      »O nein! Dann tu lieber gar nichts, ich bitte dich darum. Was habe ich davon, daß auf dem Mond immer schrecklichere Drachen sein werden? Ich will dort ja gar keinen haben!«
      »Ja, dann sieht die Sache anders aus«, erwiderte die Maschine. »Warum hast du mir das nicht gleich gesagt? Jetzt merkst du selbst, wie unlogisch du dich ausdrückst. Warte, ich muß überlegen.«
      Und wieder dröhnte, brummte, summte sie, räusperte sich schließlich und sagte: »Man muß einen Antimond mit einem Antidrachen anfertigen, ihn auf eine Umlaufbahn um den Mond bringen« – jetzt knackte etwas in ihr –, »niederkauern und singen: ›Bin ein junger Roboter,
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