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Test: Phantastische Erzahlungen

Test: Phantastische Erzahlungen

Titel: Test: Phantastische Erzahlungen
Autoren: Stanislaw Lem
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fürchte nicht das Wasser, komm ich an ‘nen Graben, hopp – schon bin ich drüben, tralala tiralala!‹«
      »Du redest sonderbar«, versetzte der König. »Was hat der Antimond mit diesem Singsang von dem jungen Roboter zu tun?«
      »Welchen Roboter meinst du?« fragte die Maschine. »Ach so, nein, ich habe mich versprochen, ich glaube, in meinem Innern ist etwas nicht in Ordnung, ich muß irgendwo durchgebrannt sein.« Der König begann die durchgebrannte Stelle zu suchen und fand schließlich eine zersprungene Röhre; er setzte eine neue ein und fragte die Maschine, was er mit dem Antimond machen solle.
      »Was für ein Antimond?« fragte die Maschine, die inzwischen vergessen hatte, was sie vorher gesagt hatte. »Ich weiß nichts von einem Antimond … Warte, laß mich überlegen.«
      Sie rauschte, summte und fuhr fort: »Man muß eine allgemeine T eorie der Bekämpfung von Elektrodrachen schaf en, für die der Monddrache ein Einzelfall sein wird, der kinderleicht zu lösen ist.«
      »Dann stelle bitte eine solche T eorie auf!« sagte der König.
      »Zu diesem Zweck muß ich zunächst verschiedene experimentelle Elektrodrachen bauen.«
      »O nein! Vielen Dank!« rief der König aus. »Der Drache will mich meines T rones berauben, und was soll erst werden, wenn du eine Unmenge von diesem Gezücht hergestellt hast!«
      »So? Na, dann müssen wir eben zu einer anderen Methode Zuf ucht nehmen. Laß uns die strategische Variante der fortlaufenden Annäherung anwenden. Geh und telegraf ere dem Drachen, daß du ihm den T ron abtreten wirst, wenn er drei ganz einfache mathematische Operationen ausführt …«
      Der König ging hin und telegraf erte, und der Drache war einverstanden. Flugs lief der König zu der Maschine zurück.
      »Jetzt«, sagte sie, »nenne ihm die erste Handlung, die er auszuführen hat: Er soll sich durch sich selbst teilen!«
      Der König tat es. Der Elektrodrache teilte sich durch sich selbst, und da in einem Elektrodrachen nur ein Elektrodrache steckt, blieb er weiter auf dem Mond, und nichts hatte sich geändert.
      »Ach, was hast du nur getan!« klagte der König, während er so schnell in die Kasematten hinunterlief, daß ihm die Pantof eln von den Füßen f ogen. »Der Drache hat sich durch sich selbst geteilt, und da einer in einem nur einmal steckt, ist er nach wie vor auf dem Mond, und gar nichts hat sich geändert.«
      »Macht nichts, ich habe es absichtlich getan, das war ein Täuschungsmanöver«, entgegnete die Maschine. »Nun teile ihm mit, er soll die Wurzel aus sich ziehen.« Der König telegraf erte zum Mond, und der Drache begann die Wurzel zu ziehen. Er zog, zog, bis er in allen Fugen krachte, er schnaubte und bebte, doch plötzlich ließ die Spannung nach – die Wurzel war gezogen!
      Der König kehrte zu der Maschine zurück. »Der Drache hat gekracht, gezittert, geknirscht, aber er hat die Wurzel gezogen und bedroht mich weiter!« rief er schon auf der Schwelle aus. »Was soll ich jetzt tun, alte Ma …, das heißt Euer Ferromagnetizität?«
      »Sei guter Dinge«, beruhigte sie ihn. »Sage ihm nun, er soll sich von sich selbst subtrahieren.«
      Der König eilte ins Schlafgemach, telegraf erte, und der Drache f ng an, sich von sich selbst zu subtrahieren. Zuerst nahm er sich den Schwanz ab, dann die Beine, dann den Rumpf, und schließlich, als er merkte, daß etwas nicht in Ordnung war, zögerte er, aber das Subtrahieren war schon so in Schwung, daß es von selbst weiterlief. Er nahm sich noch den Kopf, und übrig blieb Null, das heißt nichts – es gab keinen Elektrodrachen mehr!
      »Es gibt keinen Elektrodrachen mehr!« frohlockte der König, als er in die Kasematten eilte. »Vielen Dank, alte Rechenmaschine, vielen Dank. Du hast genug gearbei tet, gönne dir jetzt eine Ruhepause, ich schalte dich aus, ja?«
      »O nein, mein Lieber«, erwiderte die Maschine. »Der Mohr hat seine Arbeit getan, der Mohr kann gehen? Du willst mich ausschalten und nennst mich nicht mehr Euer Ferromagnetizität! Oh, ist das häßlich! Jetzt verwandle ich mich in einen Elektrodrachen, mein Lieber, vertreibe dich aus deinem Königreich und werde selbst regieren, sicherlich besser, als du es vermagst, denn du hast mich ja ohnehin immer in allen wichtigen Dingen befragt, so daß eigentlich ich regiert habe und nicht du …«
      Und schon begann sie sich summend und dröhnend in einen Elektrodrachen zu verwandeln; schon ragten ihr f ammende
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