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Terrorist

Terrorist

Titel: Terrorist
Autoren: John Updike
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okay. Im Möbel-Ausliefern lag deine Zukunft ohnehin nicht.»
    Ahmed fährt den Laster ein Stück vor, damit er den Verkehr weniger behindert, und wartet auf eine Anweisung. «Geradeaus, dann links, wo du kannst», wird ihm gesagt.
    «Ich will mit dir und diesem Ding hier in keinen Tunnel mehr, besten Dank. Wir nehmen die George-WashingtonBrücke. Was meinst du, könnten wir vielleicht die Sicherung wieder aktivieren?»
    Ahmed greift hinunter, furchtsam nun, um den sorgsam eingestellten Mechanismus nur ja nicht falsch zu behandeln. Der kleine gelbe Hebel macht schnapp; die gewichtige Sprengladung bleibt still. Mr. Levy, erleichtert, dass er noch am Leben ist, redet weiter. «Bieg an der Ampel da vorn nach links ab, das müsste die Tenth Avenue sein, nehm ich an. Ich versuch mich gerade zu erinnern, ob Lastwagen auf dem West Side Highway zugelassen sind. Könnte sein, dass wir auf den Riverside Drive müssen, oder wir schlagen uns einfach bis zum Broadway durch und bleiben immer weiter darauf, bis zur Brücke.»
    Ahmed lässt sich dirigieren; er biegt nach links ab. Der Weg vor ihm ist gerade. «Du fährst wie ein Pro», sagt Mr. Levy. «Fühlst du dich okay?» Ahmed nickt. «Du stehst unter Schock, das weiß ich. Ich auch. Aber es gibt wirklich keinen Platz, wo man diese Kiste parken könnte. Wenn du erst auf der Brücke bist, sind wir schon fast zu Hause. Sie führt auf die Route 80. Wir fahren sofort zum Polizeipräsidium, hinter dem Rathaus. Wir lassen uns nicht einschüchtern von den Mistkerlen. Dadurch, dass du diesen Laster in einem Stück zurückbringst, stehen sie gut da, und wenn sie ein bisschen Grips haben, wissen sie das auch. Es hätte zu einer Katastrophe kommen können. Wenn irgendwer versucht, dich unter Druck zu setzen, erinnere sie daran, dass du von einem CIA-Mitarbeiter dazu angestiftet worden bist, im Rahmen einer Agent-Provocateur-Aktion von höchst zweifelhafter Legalität. Du bist ein Opfer, Ahmed – ein Sündenbock. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Ministerium für Heimatschutz diese Geschichte in allen Details in den Medien sehen oder erleben möchte, dass sie in irgendeinem Geriehtssaal wiedergekaut wird.»
    Für einen Block oder zwei bleibt Mr. Levy still und wartet ab, ob Ahmed etwas sagt; dann sagt er: «Ich weiß, es klingt vielleicht voreilig, aber das war kein Scherz, als ich gesagt hab, du würdest einen guten Anwalt abgeben. Du bleibst unter Druck cool. Du kannst gut reden. In den nächsten Jahren werden viele Araboamerikaner Anwälte brauchen. Oh-ooh – ich glaub, wir sind auf der Eighth Avenue, und ich wollte uns eigentlich auf Tenth bringen. Fahr aber ruhig weiter – so kommen wir über Columbus Circle auf den Broadway. Ich glaube, sie nennen das Ding immer noch Columbus Circle, dabei ist der arme Itaker doch gar nicht mehr politisch korrekt. Das da links ist das Port Authority Bus Terminal – wahrscheinlich warst du da schon ein-, zweimal. Dann kommen wir gleich über die Forty-second Street. Die hab ich noch aus Zeiten in Erinnerung, wo sie wirklich räudig aussah, aber der Disney-Konzern hat da gründlich aufgeräumt, soviel ich weiß.»
    Inmitten der gelben Taxis, der Ampeln und der Fußgängertrauben an jeder Ecke möchte Ahmed sich auf diese neue Welt um ihn herum konzentrieren, aber Mr. Levy hat einen Gedanken nach dem anderen. Er sagt: «Was mich noch interessiert, ist, rauszufinden, ob das verdammte Zeug da hinten wirklich zündbereit verdrahtet war – oder ob’s unserer Seite gelungen ist, auch das zu türken. Das war meine einzige und letzte Karte, aber ich war sehr glücklich darüber, dass sie nicht auf den Tisch musste. Gott sei Dank dafür, dass du gekniffen hast.» Das klingt in seinen eigenen Ohren unerträglich. «Oder, sagen wir mal, dich hast erweichen lassen. Dass du das Licht gesehen hast.»
    Überall um sie her, die Eighth Avenue hinauf zum Broadway, wimmelt es in der großen Stadt von Menschen, manche chic, die meisten schäbig angezogen, einige wenige schön, die meisten jedoch nicht, alle von den turmhohen Bauten um sie her auf Insektengröße reduziert, und dennoch hasten sie dahin, in der milchigen Morgensonne auf irgendeinen Plan, ein Projekt, eine Machenschaft versessen, oder auf eine Hoffnung, die sie für sich selbst liegen und die ihnen Grund gibt, einen weiteren Tag zu leben, jeder Einzelne von ihnen lebendig auf die Nadel des Bewusstseins gespießt, auf Selbstförderung und Selbsterhaltung fixiert. Auf das, und nur auf das.
    Diese
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