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Terra Anchronos (German Edition)

Terra Anchronos (German Edition)

Titel: Terra Anchronos (German Edition)
Autoren: Andree Leu
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Kurzem selber noch gehockt hatte, stand nun der Navigator. Den Zweispitz auf dem Kopf und den blauen Mantel korrekt geknöpft, stand er vor dem Zugang zur Faulkammer und stemmte die Fäuste in die Hüfte.
    „Der Navigator. Sieh einmal an. Immer um Gerechtigkeit bemüht. So, wie wir ihn kennen.“ Der Baske tat einige Schritte auf den Mann zu.
    „Wir haben dich schon gesucht. Wo hast du gesteckt?“, fragte er schmeichlerisch.
    „Binde den Jungen los, Baske! Es ist keine Art, sich an Kindern zu vergreifen.“
    „Das soll deine Sorge nicht sein, Navigator. Du hast gleich andere.“ Der Baske drehte sich zu Sigurd um.
    „Binde ihn!“
    Der Navigator hob die Hand. „Mann gegen Mann.“
    „Was meinst du damit?“ Der Baske hob fragend die Augenbrauen.
    „Verschone den Jungen, meine ich. Oder hast du keine Ehre im Leib?“
    „Das ist mehr als eine Frechheit. So etwas sagt man mir nicht ungestraft.“
    Der Baske schien kurz zu überlegen. Dann trat er dicht an Arne heran. Dem Jungen, der schon Hoffnung geschöpft hatte, wurden beim Anblick der erbarmungslos erscheinenden Augen des Basken die Knie weich. Er zitterte am ganzen Leib.
    Der Baske hob die Hand. „Angst?“, fragte er und tätschelte gleichzeitig Arnes Wange. „Wir sind noch nicht fertig miteinander. Das verspreche ich dir.“
    Dann wandte er sich an die Subtektonen: „Holt den Schamanen. Der Junge blutet. So können wir ihn nicht zu seiner kleinen Freundin sperren.“
    Sofort eilten einige der Anwesenden davon.
    Noch während der Junge den Subtektonen nachblickte, wandte der Baske sich wieder dem Navigator zu.
    „Nun zu uns.“
    Auf ein Zeichen des Basken hin begann Sigurd, dem Navigator Fesseln anzulegen. Arne hatte schon jeden Befreiungsversuch aufgegeben. Die Seegraswurzeln verrichteten zuverlässig ihren Dienst. Nicht um eine Haaresbreite hatten sie sich durch Arnes heimliches Ziehen und Zerren gelockert.
    Der Navigator bewegte keinen Muskel seines Gesichts, als der Wikinger die Fessel anzog. Scheinbar be absichtigte er, sich an die Vereinbarung zu halten. Arne bezweifelte, dass auch der Baske Wort halten würde.
    „Kommen wir zur Abrechnung, Herr Navigator.
    Deine geliebte Faulkammer, die uns regelmäßig fast der Entdeckung ausgeliefert hat, wird nie wieder die Wasseroberfläche durchstoßen.“
    Der Navigator schien das gelassen hinzunehmen.
    „Wie willst du dann den Zeitpunkt bestimmen, an dem neues Leben in die Terra anchronos geholt werden darf?“
    „Die Viperae archimedensis werden immer genau dann freigelassen, wenn mir danach ist.“
    „Das kannst du nicht“, erwiderte der Navigator ruhig. „Es ist gegen das Gesetz.“
    „Die Gesetze mache neuerdings ich, falls es dir entgangen sein sollte.“ Der Baske warf sich in die Brust.
    „Die Terra anchronos kann nicht mehr viele Leben aufnehmen. Der Platz ist begrenzt. Das weißt du genau!“
    „Ich werde schon einen Weg finden, Platz zu schaffen. Und mit dir fange ich an.“
    „Ich warte. Der einzige Weg nach draußen führt über die Faulkammer. Willst du jeden, der dir im Wege steht, in die Nordsee jagen? Wenn alle so schlau sind wie Martha, kehren sie zurück.“
    Der Baske antwortete nicht. In der Versammlungshalle entstand Unruhe. Hatte der Navigator die Subtektonen auf seiner Seite? Oder war die Angst vor dem Basken zu groß?
    Plötzlich nahm Arne den Geruch von faulen Eiern wahr. Er drehte nur ein wenig den Kopf und blickte in das Gesicht des Schamanen. Nach dem ersten Erschrecken beim Anblick der Furcht einflößenden gelben Zähne des Eisbärenmauls ließ Arne ein wenig erleichtert die angehaltene Luft aus der Lunge strömen.
    Die Augen des Schamanen sahen ihn freundlich und beruhigend an.
    „Der Mann ist schlecht“, sagte der Medizinmann mit einem unauffälligen Kopfnicken in Richtung des Basken. Dann holte er aus einer Tasche seines Eisbä renfells einen kleinen Beutel und entnahm ihm ein Pulver, das er auf seine Handfläche streute. Dann spuckte er in seine Hand und verrieb alles zu einem Brei, den er Arne in die Nasenlöcher schmieren wollte. Arne zuckte zurück.
    „Vertrau mir! Ich bin Heiler.“
    Sofort spürte Arne, dass der Schmerz in der Nase nachließ. Der Schamane rieb mit dem verbleibenden Brei Arnes Kopfhaut ein. Dabei kam er mit seinem stinkenden Atem nahe an das Ohr des Jungen.
    „Ich komme, wenn alle fort sind“, raunte er und verschwand.
    Zwischen Navigator und Baske war kein weiterer Wortwechsel erfolgt. Sie starrten sich feindselig an und schwiegen.
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