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Tempel der Unsterblichen

Tempel der Unsterblichen

Titel: Tempel der Unsterblichen
Autoren: Vampira VA
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gehen. Sei vernünftig. Stell dich mir nicht in den Weg, dann geschieht auch nichts, was ich bedauern müßte. Laß mich heraus!«
    Tikal schluckte hart.
    »Ich . ich möchte, daß du bleibst«, sagte er. Dabei hatte er das Gefühl, neben sich zu stehen und einem anderen zuzuhören. »Ich kam zu spät, das werde ich mir nie verzeihen - aber wenn du bleiben würdest . für immer . würde ich besser auf dich aufpassen, das schwöre ich!«
    Ihr Schweigen schien die Zeit anzuhalten.
    Schließlich sagte sie: »Du weißt nicht, was >für immer< bedeutet. Aber ich weiß es jetzt. Mein Herz hat aufgehört zu schlagen. Mein Geist schwebt. Es ist wie in einem Traum, über den die Zeit keine Macht hat. Aber ich spüre Durst, schrecklichen Durst ...«
    Tikal wich das Blut aus dem Kopf. Ihn schwindelte. Was habe ich getan? dachte er. Wie konnte ich vergessen, was aus ihr wird, wenn sie ...
    Er war außerstande, sich den absehbaren Folgen seiner Kurz -schlußhandlung in voller Konsequenz zu stellen.
    »Wir finden - Möglichkeiten«, sagte er. »Du kannst deinen Durst -an mir stillen.«
    Sie lachte. Es hörte sich verächtlich an, und sie schien es zu merken, denn sie stellte das Gelächter abrupt wieder ein und erklärte: »Das wird mir nicht reichen. Du hättest tun sollen, worum ich dich bat. Nur durch deine Feigheit konnte es soweit kommen, daß ich . Gefallen an meiner neuen Existenz finde.«
    »Du hast wirklich erwartet, daß ich dir das Genick breche, nachdem dein Herz zu schlagen aufhörte?«
    »Ja!«
    Tikal hatte sich noch nie schlechter und selten hilfloser gefühlt. »Du bist immer noch meine Schwester - immer noch das, was ich am meisten liebe.«
    »Hör auf! - Hör auf, dich selbst zu betrügen! Sieh der Wahrheit ins Auge: Ich liebe dich nicht mehr! In meinem Traum bin ich nicht mehr die Duldsame, die ihren Kummer lieber in sich hineinfrißt, als ihn hinauszuschreien. In meinem Traum bin ich ein Ungeheuer, dem es danach giert, in den Hals eines Menschen zu beißen und dessen Blut zu trinken, so lange, bis ich satt bin - und ich fürchte, das wird nie geschehen. Nie mehr. Ich bin verflucht. Aber ich leide nicht unter diesem Fluch. Mach jetzt auf! Ich werde dich schonen. Du warst einmal mein Bruder, und ich erinnere mich, daß ich dich mochte, auch wenn ich nun kaum noch die Bedeutung dieses Wortes kenne.«
    Sie all dies reden zu hören, schnürte Tikal das Herz eng.
    »Vielleicht hätte ich es wirklich tun sollen«, sagte er bitter. »Ich muß ein Narr gewesen sein, es nicht zu tun - oder dich einfach liegenzulassen, bis sie kommen und -«
    »Deine Einsicht kommt immer noch nicht zu spät. Mach auf, und ich verlasse dich auf der Stelle. Ich könnte gar nicht anders, denn ich fühle mich zu ihm hingezogen!«
    »Ihm?« Tikal erwachte wie aus fiebriger Benommenheit.
    Viejo schwieg.
    Tikal glaubte nicht, daß sie sich jemals mit einem Mann eingelassen hatte. Dennoch ahnte er, was hinter ihrer Bemerkung steckte. Es wurde viel geredet, und bei einigen Opferungen von Verstorbenen war es zu Merkwürdigkeiten gekommen, die zu bestätigen schienen, was hinter vorgehaltener Hand gemunkelt wurde .
    »Ich kann dich nicht gehen lassen, zumindest noch nicht!« wies er ihr Verlangen zurück. »Ich habe einen Fehler begangen, dessen bin ich mir fast sicher. Aber ich will nicht gleich den nächsten und vielleicht noch schwerer wiegenden begehen. Laß mir etwas Zeit. Ich muß nachdenken .«
    »Zeit?« Ihre Stimme wurde wieder zu jenem schrillen Mißklang, der Tikal durch Mark und Bein ging. »Was gibt es da zu bedenken? Meinst du, mein Durst wird geringer, je länger ich in diesem verdammten Loch stecke ...?«
    Tikal fröstelte. Schwerfällig kam er auf die Beine und ging schwankend zum Herd. Ihn fror plötzlich so sehr, daß er an nichts anderes mehr denken konnte als an ein wärmendes Feuer. Mit unbeholfener Hast schichtete er Brennbares auf. Der Anblick der schon fast erkalteten Asche erinnerte ihn an das, was aus Viejo werden würde - aus jedem von ihnen, eines Tages.
    Mit Mühe gelang es ihm, das Feuer in Gang zu setzen, und als es endlich aufloderte, vermochte es die Kälte, die wie Gift durch sein Fleisch kroch, auch nicht zu vertreiben.
    Von Viejo war in der ganzen Zeit erstaunlicherweise nichts mehr zu hören - aber daraus zu schließen, sie hätte sich mit der Vertröstung ihres Bruders abgefunden, wäre sicher grundfalsch gewesen.
    Tikal hatte den Beginn eines neuen Tages noch nie so herbeigesehnt wie heute.
    Aber die
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