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Teeblätter und Taschendiebe

Titel: Teeblätter und Taschendiebe
Autoren: Charlotte MacLeod
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beim Gedanken daran, daß Walter Kellings sauer verdientes Geld ihrer angeheirateten Sippschaft in die Hände gefallen wäre, kann einem angst und bange werden.
    Herzl. Gr.
    Deine Cousine Mabel

    Brief von Mr. Jacob Bittersohn an Max Bittersohn: Lieber Neffe,
    massel tovl Du wirst es kaum glauben, aber Dein Vater hat mich um ein Uhr morgens Eastern Standard Time angerufen, als ich bereits friedlich schlummernd in meinem Hotelbett hier in Chicago lag! Er hat gesagt, er ruft persönlich an, weil es Deiner Mutter vor lauter Aufregung die Sprache verschlagen hat. Ich kann es mir lebhaft vorstellen! Ich schwöre bei Gott, Max, er hat vor Freude wie ein Schloßhund geweint. Ich übrigens auch. Ein Enkel, der den Namen Bittersohn weiterleben läßt. Isaac und ich hatten gar nicht mehr zu hoffen gewagt, daß wir das noch erleben würden. Daß Du ihm die Namen seiner Großväter gegeben hast, war eine Mizwa, die wir nie erwartet hätten, und ich kann mir schon denken, wer auf diesewunderbare Idee gekommen ist. Deine Sarah ist ein Juwel. Aus ihrem Mund fließt Weisheit, und ihre Zunge kennt nichts als Freundlichkeit.
    Versteh mich jetzt bitte nicht falsch, Max. Ich weiß, daß Du ein wunderbarer Ehemann und fürsorglicher Familienvater bist, aber Dein alter Onkel wäre überglücklich, wenn er für den kleinen David das gleiche tun könnte, das er auch für den kleinen Mike Deiner Schwester getan hat. Ich hoffe, Du hast nichts dagegen. Dein Onkel hätte es auch für Dich getan, wenn er damals die Möglichkeit gehabt hätte, aber ich glaube, das weißt Du auch. Ich würde schrecklich gern ein kleines Sparbuch für ihn anlegen, um auf diese Weise später etwas zu seiner Ausbildung beizusteuern, und ich hoffe, daß Du und Sarah, der Herr möge sie beschützen und behüten, mir diese kleine Freude gönnt.
    Wenn der Richter lange genug wach bleibt, ist der Fall, an dem wir gerade arbeiten, in ein paar Tagen abgeschlossen. Ich komme zurück nach Boston, sobald die Geschworenen ihr Urteil gefällt haben. Das richtige, wie ich hoffe. Kejn ayin ra . Gib Sarah einen Kuß von mir. Dem Baby natürlich auch, wenn die Säuglingsschwester es Dir erlaubt. Ach was, wo ich schon mal dabei bin, kannst Du der Säuglingsschwester ruhig auch einen Kuß geben. Oder ich werde es selbst übernehmen, wenn ich die stolze Mutter besuchen komme.
    Bis bald, Onkel Jake

    Nachwort

    Mit dem jüngsten Werk ihrer Boston-Serie knüpft Charlotte MacLeod bewußt an frühere Bände der weitgespannten Familien-Saga um den Kelling-Clan an; statt neue exzentrische Seitentriebe sprießen zu lassen, spinnt sie eher einige lose Fäden der früheren Werke weiter. So geht es z. B. gleich zu Beginn immer noch um das Erbe von Großonkel Frederick Kelling, mit dessen Tod vor wenigen Jahren das Geschehen einst begann: Weil er auf seinem Begräbnisrecht in der schon lange nicht mehr genutzten und längst zugemauerten Familiengruft bestand, kam es zur Entdeckung eines Skeletts. An sich ist das in einer Gruft nichts Ungewöhnliches, aber in diesem Falle handelt es sich um die sterblichen Überreste einer vor einem Menschenalter plötzlich verschwundenen Revuetänzerin, und sie erweisen sich schnell als das im Englischen sprichwörtliche >Skelett im Schrank< der Familie oder um die deutsche >Leiche im Kellen der Kellings (»Die Familiengruft«, DuMont's Kriminal-Bibliothek Band 1012).
    Seitdem ist sein Neffe, Stiefsohn und Alleinerbe Adolphus, genannt Dolph, mit der Sichtung und Ordnung des gewaltigen Nachlasses beschäftigt. Als besonders zeitraubend erweist sich die Auflösung der zahllosen Stiftungen, für die Frederick Kelling in Boston berüchtigt war. Der auf Außenstehende fast krankhaft wirkende Yankee-Geiz der Familie, die diebische Freude an jedem gesparten Cent, verträgt sich durchaus mit einer noblen Stiftergesinnung -schon die kleine Sarah, die Heldin der Serie, war dazu erzogen worden, das wöchentliche Taschengeld von zehn Cent einerseits zu sparen, andererseits regelmäßig das Zusammengesparte einer der Frederick-Kellingschen Stiftungen zuzuführen. Leider war beim Großonkel dann im Alter diese an sich noble Gesinnung ins Kuriose umgeschlagen. Der Versuch, alle Damen eines bestimmten Luxusbordells zu retten, trug ihm und seinem Neffen eine Anzeige wegen Unsittlichkeit ein; der Versuch, dem Bostoner Froschteich lebende Frösche zu spenden - die Neffe Dolph seinerseits aus Geiz alle eigenhändig gefangen hatte -, schlug gänzlich fehl, und seine Stiftung
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