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Tausendundeine Stunde

Tausendundeine Stunde

Titel: Tausendundeine Stunde
Autoren: Christiane Suckert
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zwanzig Hemden und doppelt so viele T-Shirts.
    „Wieso hast du manche T-Shirts doppelt? Da sind haargenau die gleichen noch original verpackt in der Tüte.“
    „Hm“, zuckte er mit den Schultern, „vielleicht weil ich von dem, was mir gefällt, nicht genug bekommen kann. So wie von dir.“
    Er schubste mich aufs Bett.
    „Das vergiss mal ganz schnell“, wehrte ich ihn ab „du baust jetzt diesen Kleiderschrank. Außerdem klingelt das Telefon.“
    Ich riss mich los. Flo tat das, was er ohnehin vorhatte: Er bohrte.
    „Ja“, meldete ich mich und hielt mir das andere Ohr zu.
    „Was ist denn das für ein Krach? Grüß dich, hier ist Doris.“
    „Flo ist mit Sack und Pack einmarschiert und baut jetzt eine Unterbringungsmöglichkeit für seine Klamotten.“
    „Aha. Du, mir geht dieser Matthäus einfach nicht aus dem Kopf. Ständig muss ich an ihn denken. Und irgendwie glaube ich auch, dass er der Richtige ist.“
    „Redest du von diesem Schlüpferfetischisten?“
    „Ja doch“, antwortete sie und sang jetzt ganze Lobenshymnen auf diesen Mann. Nach etlichen Minuten unterbrach ich Doris. „Hör mal, erzähl das nicht mir, sondern diesem Matthäus.“
    „Das geht nicht. Ich habe ihm doch auf den Anrufbeantworter gesprochen, dass er pervers ist und dass ich meinen Slip wieder haben will.“
    „Genau, deshalb verstehe ich jetzt nicht, warum er dir nicht aus dem Kopf geht.“
    „Weil ich den Slip gefunden habe. Er hatte in der Ritze vom Sofa gesteckt. Was wird der nur über mich denken?“
    „Das erfährst du nur, wenn du ihn fragst.“
    Doris schwieg. Dann hörte ich sie tief durchatmen.
    „Das kann ich nicht, ich versinke in den Boden vor Scham.“
    „Dann lass es. Du hast nur die zwei Möglichkeiten. Entweder du rufst ihn an und erklärst ihm alles, falls er Humor hat, lacht er darüber und steht wenige Minuten später vor deiner Tür, oder du lässt es. Dann wirst du nie wissen, was er darüber denkt und du wirst auch nie herausfinden, ob er der Richtige ist.“
    Sie versprach, darüber nachzudenken und mich auf dem Laufenden zu halten.
    Während Flo noch an seinem Schrankgebilde werkelte, sortierte ich meine Sachen. Nun trennte ich mich endgültig von meinen Kostümen und Kleidern, von denen Flo meinte, ich sähe darin wie „Mutti“ aus. Er hätte mich am liebsten in Klamotten gesehen, die gut zu einer Siebzehnjährigen passten. Und die Haare hätte ich auch lieber länger haben sollen. Mir wurde beim Sortieren der Kleidungsstücke bewusst, dass er mich ganz schön manipulierte. Er verstand es prächtig, mir seine Wünsche aufzudrängen, ohne dass ich es bemerkte. Mehr noch, letztendlich glaubte ich, es wären meine eigenen Entschlüsse gewesen.
    Flo machte eine Pause. „Ich mache mir einen Kaffe, magst du auch einen?“, rief er mir aus der Küche zu.
    „Lieber Tee, setzt du mir bitte das Wasser dazu an?“
    Wir saßen uns nun gegenüber.
    „Du“, sagte ich „ wir wollen uns immer alles sagen. Stimmt’s?“
    Er nickte.
    „Ich habe mich vor einigen Tagen mit einem alten Freund getroffen, nur zum Kaffee. Du musst dir keine Gedanken machen. Aber es war mir wichtig, mich mit ihm über dich zu unterhalten. Ich wollte nur, dass du es weißt.“
    „Hattest du mit ihm etwas?“
    Ich nickte.
    „Was ist mit euch Frauen bloß los? Glaubt ihr wirklich an den Käse, dass man nach einer Beziehung nur eine Freundschaft haben kann?“, fragte er aufgebracht.
    „Ja, natürlich glaube ich daran. Er will dir auf keinen Fall deinen Platz streitig machen.“
    Flo kniff seine Lippen zusammen und sagte gar nichts.
    „He, wir hatten vereinbart, dass wir nichts im Raum stehen lassen. Los, sag jetzt, was du denkst.“
    Er packte mich bei den Armen und sah mir in die Augen. „Ich erzähle dir, wie wir Männer gestrickt sind. Lass es in unserer Beziehung, nur einmal rein hypothetisch gesprochen, kriseln, was meinst du, wer da schon die Hufe scharrt? Es sind die abgelegten Liebhaber, die „Freunde“, die allzu schnell bereit sind, den Seelentröster zu spielen. Ich weiß, wovon ich rede.“
    Ich verschränkte die Arme und sah ihn mit verbiesterter Miene an: „Blödsinn!“
    „Ich will mich nicht mit dir streiten. Aber es gefällt mir nicht, dass du dich mit ihm noch triffst.“
    „Du willst aus mir eine völlig neue Frau machen, nicht wahr? Ein für alle mal: Ich verbiege mich nie mehr für einen Mann, auch nicht für dich, Florian. Und meine Kleider und Kostüme hole ich wieder aus dem Lumpensack.“ Ich stapfte
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