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Tausendundeine Stunde

Tausendundeine Stunde

Titel: Tausendundeine Stunde
Autoren: Christiane Suckert
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mir herum. Seine Schwägerin fand ich auf Anhieb nett. Sie schien sehr unkompliziert zu sein. Florians Mutter umarmte mich beim Abschied und sein Bruder lud uns für Sonntag zum Wildschweinbraten ein. Die Spontaneität lag wohl in der Familie.
    „Meine Mutter hat noch nie jemanden nach der ersten Begegnung umarmt. Sie mag dich“, erklärte er mir.
    „Na, mich muss man ja auch mögen, oder?“
    Er nickte und küsste mich.
    „Ich denke, meine Familie wird dich auch mögen. Am Freitag werden wir es wissen.“
    Natürlich gefiel er ihnen. Paul war vielleicht noch ein wenig skeptisch. Das lag so in seiner Natur. Er brauchte in allem eine gewisse Anlaufzeit. Meine Mutter schwatzte unaufhörlich, versäumte keine Gelegenheit, Florian kundzutun, wie froh sie doch wäre, dass ihre Tochter nun endlich einmal an einen ordentlichen Mann geraten sei. Stefan schickte am nächsten Tag an Florian eine SMS: „Danke, ich habe meine Mutter schon lange nicht mehr so glücklich gesehen.“
     
    Den Weibertreff wollte ich ohne Florian überstehen. Dafür hatte er Verständnis. Also half er mir noch bei den letzten Vorbereitungen und verabschiedete sich. Er wollte mich am nächsten Tag abholen. Wir waren ja bei seinem Bruder auf einen Wildschweinbraten eingeladen.
    Nele fiel mir als erste um den Hals: „Da sieht man, dass Liebe so richtig schön macht. Du siehst wirklich klasse aus, Juliane. Ich wünsche dir, dass dies ewig so bleibt.
    Caroline umarmte mich lang und anhaltend. Dabei tänzelte sie ein wenig. „Alles Liebe, ich hoffe, dass du die Liebe deines Lebens gefunden hast und dass du gesund bleibst.“
    Doris schloss sich den Wünschen an und überreichte mir das gemeinsame Geschenk. „Vorsicht, es ist schwer.“
    Das war es in der Tat. „Großer Gott, was ist das denn?“
    Ich wickelte das Papier ab. Es war ein Stein mit Gesicht. Sie hatten einen Zettel daran befestigt:
    „Liebe Juliane! Wir haben uns gemeinsam auf den Weg gemacht, um endlich den Stein zu finden, über den du bisher ständig gestolpert bist. Wir haben ihn dir quasi aus dem Weg geräumt. Alles Gute! Nele, Doris und Caroline“
    Ich war so gerührt, dass mir ein paar Tränen über die Wangen rollten.
    „Und ich dachte, ihr hättet eine Drogerie geplündert und mir Kiloweise Antifaltencreme, Gebissreiniger und Blasentee eingepackt. Tolle Idee, wirklich. Na kommt, setzt euch. Die Bowle hat Flo gemacht, der lässt euch grüßen und hofft, dass sie euch schmeckt. Ihr kennt ihn übrigens alle schon.“
    Nun erzählte ich ihnen die Geschichte mit den Chorschwestern und überhaupt alles. Fast alles. Der Abend endete ein wenig in Wehmut. Caroline war fest entschlossen, ihre Zelte abzubrechen und mit ihrem Martin einen Neubeginn in Heidelberg zu wagen.
    Nele bekam ein lukratives Arbeitsangebot in Berlin und würde bald umziehen. Uns wurde bewusst, dass es keine spontanen Unternehmungen mehr geben würde, aber wir versprachen einander, uns nie aus den Augen zu verlieren und regelmäßig miteinander zu telefonieren. Kurz vor Mitternacht rief Florian an, fragte, ob die Bowle geschmeckt hätte und Wirkung zeigte. Ich bejahte beides. Dann bot er sich an, Taxifahrer zu spielen, in zwanzig Minuten wäre er bei mir. Den Mädels war es recht.
    Florian begrüßte sie mit einem kräftigen Handschlag und mit den Worten: „So, da wollen wir die Chordamen rasch nach Hauses fahren.“
    Sie kicherten und machten beim Herabsteigen der Treppe ordentlich Krach.
    Kurze Zeit später kam Florian zurück und half mir beim Aufräumen. Als alles wieder an Ort und Stelle war, fasste er sich mit der Hand an die Stirn und sagte: „Oh, mir fällt ein, dass ich dein Geschenk seit Freitag mit mir herumschleppe.“
    Er überreichte mir ein Kuvert. Darauf stand: „Für das süßeste Mäuschen der ganzen Welt.“ Das fand ich etwas albern. Im Kuvert steckten zwei Karten für ein Konzert.
    „Oje“, sagte ich, „jetzt muss ich dir ein neues Geburtstagsgeschenk kaufen. Ich habe zwei Karten für dasselbe Konzert erstanden. Seltsam, wie viel wir doch gemeinsam haben.“
    „Empfindest du im Moment das gleiche wie ich?“, fragte er und weil ich nickte, trug er mich ins Schlafzimmer.
     
    In jener Nacht schlich ich mich aus dem Schlafzimmer und bereitete für Flo einen provisorischen Geburtstagstisch vor. Ich hatte immer ein paar Kleinigkeiten für den Notfall zu Hause. Eigentlich handelte es sich dabei um die Anhäufung von Dingen, die kein Mensch wirklich brauchte, aber eben herzig war.
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