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Taubenkrieg

Taubenkrieg

Titel: Taubenkrieg
Autoren: S Lüpkes
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Bild ab, ganz integerer Gesetzeshüter, und das sogar ohne Krawatte. »Meine Männer haben heute den gesamten Pinnower See abgesucht. Sowohl das Ufer als auch den See selbst. Die schlechte Nachricht: Keine Spur vom Opfer, weder die Taucher noch die Hundertschaften an Land konnten irgendetwas entdecken. Die gute Nachricht: Ziemlich genau gegenüber des Tatorts, so etwa in Höhe der Südspitze von Fischwerder, haben wir ein Ruderboot gefunden, das ganz offensichtlich zum Transport der Leiche genutzt wurde.« Die Journalisten schrieben eifrig mit, und auch die wilde Truppe auf den billigen Plätzen war still. »Die meisten von Ihnen kennen den See, das Ufer ist an der Stelle ziemlich steil und nur schwer zugänglich. Die Vermutungen, wo genau die Täter mit der Leiche an Land gegangen sein könnten, sind leider nur sehr vage. Wir glauben aufgrund der wenigen Spuren, dass es über einen der Wanderwege und dann durch die Autobahnunterführung ging.«
    »Was für Spuren?«, fragte dieses Mal eine Frau vom Hörfunk.
    »Abgeknickte Äste, eine leicht angedeutete Schneise durch das Gras   … Aber wie gesagt, alles noch sehr vage.«
    »Sind Sie sicher, dass es das Boot des Mörders ist?«
    »Die Blutspuren sprechen eine eindeutige Sprache. Es ist zwar nicht mehr viel dort zu finden gewesen, aber auch das passt ins Bild. Das Opfer muss beim Transport bereits tot gewesen sein, entsprechend ist kein Blut mehr geflossen.«
    |31| »Und kein anderer Hinweis, keine Textilspuren oder so etwas?« Die aufgeregte Reporterin wollte sich nicht gedulden, bis das Frage-Antwort-Spiel angepfiffen wurde.
    »Aus ermittlungstechnischen Gründen kann ich Ihnen hierauf keine Antwort geben.« Ein Satz wie aus dem Kriminalbilderbuch. Konnte alles oder nichts bedeuten. Entweder hatten sie keinen einzigen Krümel gefunden – oder sie standen bereits kurz vor der Lösung des Falles.
    »Hat die Polizei denn einen Verdacht?«
    »Gibt es Hinweise, dass die
G-Point -Gangsters
ihre Finger im Spiel hatten?«
    »Liegt die Vermutung nicht nahe, es könnte eine Racheaktion wegen des
Hot Lady
sein? Dort sollen doch blutjunge Prostituierte wie auf dem Viehmarkt ihre Besitzer gewechselt haben.«
    Wachtel machte nur die Reißverschlussbewegung über die Lippen, eine etwas alberne Geste für einen Mann seines Alters. Dann setzte er sich demonstrativ und flüsterte dem Pressesprecher etwas ins Ohr, beide lachten daraufhin. Die Pressemeute schleuderte trotzdem unzählige W-Fragen in den Raum. »Was gedenken Sie zu tun?«
    »Wie wurde das Opfer Ihrer Meinung nach ermordet?«
    »Wo…?«
    »Wer…?«
    »Warum…?«
    Erst als
Mighty Mäxx
sich erhob und den finsteren Blick durch den Raum wandern ließ, wurde es wieder ruhiger. »Eins will ich hier mal klarstellen!«, sagte er, man hätte es auch brüllen nennen können, röhren oder bellen, aber für ihn war es wahrscheinlich nichts anderes als ein klar gesprochenes Machtwort. »Meine Brüder* und ich haben hier niemandem den Krieg erklärt. Das mit dem
Hot Lady
war eine saubere Übernahme, wäre Kellerbach da, könnte er es euch schwarz |32| auf weiß vorlegen. Aber wenn es auf unserem Grund und Boden zu einem Mord gekommen ist, und wenn es das Blut einer unserer Brüder war, das in unsere Erde gesickert ist, dann Gnade Gott dem, der das getan hat!«
    Die ersten Männer standen auf, reckten die Fäuste in die Höhe und sagten Sachen wie »Jawoll!« und »Genau!« und »Verfickte Scheiße!«.
    Genau das war es, was der Präsident brauchte, um sich weiter hochzuschaukeln: »Die
Gangsters
sind feige Ärsche! Schleichen sich von hinten an in der Nacht, und machen sich über einen von uns her. Das hat es in der Geschichte der Rocker noch nicht gegeben. Bislang sind sich Feinde noch immer Auge in Auge gegenübergetreten! Mann gegen Mann!« Boris sah die Tätowierungen auf den Händen und am Hals des Rockerchefs. Schädel und Drachen und Schlangen pulsierten auf der Haut, Schweiß rann über die verschlungenen kunstvollen Körpermalereien. Boris wusste, jedes dieser Motive hatte eine Bedeutung im Kreise der Gleichgesinnten, und jedes Tattoo* musste man sich hart verdienen. Die nackten Oberarme des
Mighty Mäxx
verrieten also mehr als nur einen Hang zur Selbstverstümmelung, sie demonstrierten Macht.
    »Aber haben Sie denn schon eine Ahnung, wer das Opfer sein könnte?«, traute sich ein Reporter zu fragen.
    »Wir sind so viele Leute, allein in meinem Chapter haben wir zwanzig Members und doppelt so viele Hangarounds und
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