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Tatjana

Tatjana

Titel: Tatjana
Autoren: Tathana Cruz Smith
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Ermittler?«, fragte sie. »Wenn Sie wegen Tatjana kommen, sind Sie eine Woche zu spät dran. Wenn Sie wegen des Hauses kommen, stellen Sie den Strom wieder an.«
    »Ich bin nicht wegen des Hauses hier.«
    Das Mädchen erklärte, die Bauunternehmer hätten seit Monaten versucht, Tatjana Petrowna loszuwerden. »Sie haben den Fahrstuhl abgestellt und die Heizung. Sehen Sie sich den Hausflur an. Nichts als Müll und schmutzige Wörter. Die Briefkästen aufgebrochen. Ekelhaft. Wenigstens werden die Ratten von den Katzen in Schach gehalten.«
    »Soll das heißen, sonst ist niemand im Gebäude?«
    »Nein, nachdem Tatjana jetzt fort ist.«
    »Kein Hausmeister?«
    »Nein.«
    »In welchem Stockwerk wohnen Sie?«
    »Im sechsten, ganz oben. Direkt ihr gegenüber.«
    Was sonst?, dachte Arkadi.
    »Ihr Name ist …?«
    »Swetlana.«
    »Arbeiten Sie heute nicht?«
    »Ich weiß nicht. Wir werden sehen.«
    Sprayer hatten auf den Treppenstufen Vorschläge hinterlassen, was Menschen mit sich machen könnten, und die Erkenntnisse, dass »Spartak regiert!« und »Dynamo stinkt!«. Während er Swetlana nach oben folgte, bemerkte Arkadi, dass sie stärker mit den Hüften wackelte als absolut notwendig. Du rührst in einem kalten Topf, dachte er. Danke für den Versuch.
    »Also wart es ihr zwei gegen den Rest der Welt.« Als hätte Tatjana noch weitere Feinde gebraucht, dachte er. Der Schutt draußen konnte für ein Megaeinkaufszentrum oder einen exklusiven Fitnessklub aus dem Weg geräumt werden. Wenn man Swetlana glauben konnte, mussten Tatjana und sie ein unerträgliches Hindernis gewesen sein. »Waren Sie da, als sie starb?«
    »In der Nacht, als sie aus dem Fenster fiel? Ich hörte sie um Mitternacht heimkommen. Das war nicht ungewöhnlich, sie hat oft bis spät gearbeitet. Sie war berühmt, wissen Sie. Tatjana musste hier nicht wohnen. Ich habe sie mal gefragt, und sie sagte, sie würde sich gern mit dem System anlegen.«
    Arkadis Rippen wehrten sich gegen jeden Schritt, und er war schweißgebadet, als sie den dritten Stock erreichten.
    »Geht’s Ihnen gut?« Swetlana schaute sich um.
    »Alles bestens. Haben Sie an dem Abend mit ihr gesprochen?«
    »Nein, aber ich hörte sie kommen.«
    »Allein?«
    »Das kann ich nicht genau sagen, ich konnte sie nur im Flur hören.«
    »Und niemand kam hinterher?«
    »Nein.«
    »Sie waren befreundet.«
    »Keiner würde das glauben, nicht wahr, nach dem, wer sie war und so. Sie hat immer Milch für meine Katzen mitgebracht. Sie musste nur ihre Tür öffnen, und sie begannen zu miauen.«
    »Waren Sie allein?«
    »O ja.«
    »Wie haben Sie sich kennengelernt?«, fragte Arkadi. »Auf dem Fischmarkt? Bei einer Mieterversammlung?«
    »Nicht so ganz. An einer Kontaktstelle.«
    An »Kontaktstellen« wurden Prostituierte von Männern aufgegabelt. Das konnte eine Straßenüberführung sein, eine Fußgängerunterführung, ein Kinderspielplatz.
    »Ich hatte Streit mit einem Kerl, und ich war in schlechter Verfassung. Tatjana sah es und hat mich bei sich aufgenommen.«
    »Einfach so?«
    »Einfach so. Ihr gehörten zwei Wohnungen, und sie hat mich in der gegenüberliegenden untergebracht.«
    »Warum besaß sie zwei Wohnungen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Wann haben Sie zum letzten Mal mit ihr gesprochen?«
    »Am Tag des Unfalls, vor einer Woche.«
    »Wie kam sie Ihnen vor? Glücklich, normal, deprimiert?«
    »Niedergeschlagen.« Die Katzen hätten gemerkt, dass etwas nicht stimmte. Sie hätten den ganzen Tag miaut. »Gut, wir sind da.«
    Er lehnte sich gegen die Wand und überlegte, wie lange es wohl dauern würde, bis nach unten hinabzufallen. Ein Polizeisiegel klebte auf der Tür und dem Rahmen, und die Tür war verschlossen. Spuren von gewaltsamem Eindringen gab es nicht.
    »Die Polizei hatte einen Schlüssel?«
    »Nehme ich an. Tatjana hat ihre Tür immer abgeschlossen.«
    »Woher sollten die den Schlüssel haben?«
    »Warum stellen Sie all diese Fragen? Alle sagen, es sei Selbstmord gewesen.«
    »Können wir in Ihrer Wohnung reden?«
    Swetlana stockte. »Weiß nicht. Wird mich das in Schwierigkeiten bringen? Tatjana hat mir erklärt, welche Rechte ich habe. Ich brauche niemanden reinzulassen.«
    Arkadi nieste.
    »Wie viele Katzen?«, fragte er.
    »Sechs. Mögen Sie Katzen? Ich habe immer das Gefühl, dass sie gute Menschenkenner sind. Man muss sie zu sich kommen lassen.«
    »Oh, keine Bange, die kommen.«
    Nach Arkadis Erfahrung wussten Katzen sofort, wer gegen sie allergisch war, und strebten auf denjenigen zu.
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