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Tatjana

Tatjana

Titel: Tatjana
Autoren: Tathana Cruz Smith
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gebleichtem Haar, ausweichendem Blick und frischer Bräune geheftet war. »Igor Mulowitsch hat Tatjana offen vor Gericht bedroht. Er hatte junge Frauen als Models rekrutiert und sie wie Fleisch in die Emirate verkauft.«
    »Ich erinnere mich an ihn.«
    »Solltest du auch. Wir haben ihn verhaftet, aber es waren Tatjanas Artikel, die ihn festgenagelt haben. Er hat ein Jahr im Gefangenenlager abgesessen. Dann hat er sich einen Berufungsrichter gekauft, kam raus und wurde von einem Lastwagen überfahren, also ist er der Angeschmierte.«
    Viktor drehte eine weitere Karte mit noch einem bekannten Gesicht um, Asa Baron, ehemals Baranowski, ein Börsenmakler, dessen Kunden phänomenale Erträge einheimsten, bis Tatjana Petrowna sein Schneeballsystem aufdeckte. »Baron ist in Israel und kämpft gegen die Auslieferung.«
    Er drehte eine dritte Karte um.
    »Tomski. Der große Fisch persönlich«, sagte Arkadi.
    »Genau.«
    Kasimir Tomski, stellvertretender Verteidigungsminister. Er hatte seine Finger kaum im Honigtopf, als ein russischer Frachter schwer angeschlagen in Malta landete. Die Ladung hatte sich im Sturm verschoben und musste neu verstaut werden. Dabei stürzte ein Hafenkran um und ließ Kisten mit der Aufschrift »Haushaltsgeräte« fallen. Doch was sich daraus ergoss, waren Panzerfäuste. Jeder wusste, dass Waffen illegal von Männern quer durch alle Ränge des Verteidigungsministeriums verkauft wurden. Tatjana nannte ihre Namen.
    Tomski wanderte ins Gefängnis. Zehn Tage, bevor Tatjana ermordet wurde, war er entlassen worden.
    »Definitiv ein Kandidat«, sagte Arkadi.
    »Außer dass er sofort nach Brighton Beach zu seiner Mutter gezogen ist. Schade, er hätte einen wunderbaren Kandidaten abgegeben.«
    »Wer ist noch übrig?«
    »Die Schagelmanns.«
    »Mann und Frau.«
    »Wie ich höre, soll sie eine hervorragende Köchin sein, falls dir ein paar Finger im Eintopf nichts ausmachen«, sagte Viktor. »Eine entzückende alte Dame, die Tatjanas Nachbarschaft in ein Einkaufszentrum mit Wellnessoase umwandeln will. Aufgrund der vielen Prozesse hat Tatjana das Projekt ein Vermögen an Schmiergeldern, Darlehen und Anwälten gekostet. Sie kannte sich wirklich mit Gesetzen aus. Die Schagelmanns wollen da alles niederreißen, bevor der Winter kommt, koste es, was es wolle. Für sie ist es eine Geschäftsentscheidung, nichts Persönliches.«
    Viktor ließ eine schwarze Karte hochschnippen. »Dann hätten wir noch den Joker.«
    »Wer ist das?«
    »Weiß ich nicht. Jemand, dem sie die Tür geöffnet hat. Ein Freund, dem sie vertraute.«
    »Was ist mit Grischa? Über den hat sie vor einem Jahr einen Artikel veröffentlicht, der ihm fast die Haut abgezogen hat.«
    »Grischa war schon tot.«
    »Findest du es nicht interessant, dass sie mit nur einem Tag Abstand gestorben sind? Schon ein ziemlicher Zufall.«
    »Zufall ist relativ. Wenn ich in eine Bar gehe, ist das Schicksal. Wenn du auch da bist, ist das Zufall.« Viktor wandte sich wieder seinen Karten zu. »Es wird noch besser. Da sind Ape Beledon und Abdul, der tschetschenische Superstar. Ich werde mal ein bisschen herumschnüffeln.«
    »Gib mir noch einen Tag, dann machen wir’s zusammen.«
    »Nach dem Motto, wenn ich wieder nüchtern bin? Hab doch ein bisschen Vertrauen.«
    »Alles Vertrauen der Welt.«
    Arkadi wusste nur zu gut, dass er im Staatsanwaltsbüro aufhören sollte. Das hätte er schon vor Jahren tun sollen, aber es gab immer einen Grund zu bleiben und einen Anschein von Kontrolle, als könnte man behaupten, ein Mann, der mit einem Amboss in der Hand abstürzt, habe alles unter Kontrolle.

4
    E in Knick in den Rippen kann die Perspektive eines Men schen verändern. Ein Gang die Straße hinunter war mit möglichen Katastrophen belastet. Ein Junge auf einem Skateboard wurde zu einem wilden Stier. Den Niwa mit der manuellen Gangschaltung zu fahren, erforderte einen Schwall Flüche. Das Handy klingelte. Dr. Korsakowa, eine Gehirnchirurgin aus Arkadis Bekanntschaft. Eine weitere Meinung, die er nicht brauchte. Arkadi ging nicht dran.
    Tatjanas Wohnhaus und das Gelände rundherum wirkten noch leerer als zuvor, niemand unterwegs bis auf alte Frauen, die mit ihren Einkaufswagen hin und her schwankten. Eine echte Sackgasse.
    Arkadi drückte auf sämtliche Klingeln, bis ein Mädchen in einem Poncho zur Eingangstür kam. Sie konnte nicht älter als zwanzig sein, hübsch auf Straßenkinderart, mit dicken Maskarastrichen um die Augen und Haar so fein wie Kükenflaum.
    »Noch ein
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