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Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)

Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)

Titel: Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)
Autoren: Walter Jury , S.E. Fine
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verraten, wieso ich dir all das zumute, Tate«, presse ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Dadurch macht es ja erst Spaß. Ich erzähl dir einen Haufen Scheiße über Familienverantwortung, klar, aber eigentlich ist der Grund, dass ich Wissenschaftler bin und ich mich genauso sehr für dich interessiere wie für meine ganzen anderen Experimente.«
    Ich atme ein und aus. Ich bin nahe genug an ihm dran, um die kleine Narbe auf seinem Kinn und das blitzende Feuer in seinen Augen zu sehen, während er mich unablässig anstarrt.
    Er bewegt sich nicht. Zuckt nicht zusammen, weicht nicht zurück, schiebt mich nicht weg. Er steht einfach nur da. Und wenn er spricht, ist seine Stimme felsenfest und totenstill. »Ich erzähle dir alles, wenn du so weit bist, Sohn. Leider hast du heute bewiesen, dass du noch weit davon entfernt bist.«
    Seine offenen Worte sind messerscharf und verpassen mir einen Dämpfer, bremsen mich aus. Mir kommt ein weiteres Zitat von Sun Zi in den Sinn, aber wie immer ist es zu spät, um mir noch zu nutzen. Der Inbegriff des Könnens ist, den Feind ohne Gefecht zu unterwerfen.
    Keiner kann das besser als Frederick Archer.
    Ich nicke, krümme mich unter dem Gewicht der Niederlage. Sie wiegt schwer genug, um mich zu bremsen, aber nicht so schwer, dass sie mich im Erdboden versinken lassen würde. »Danke, Dad. Guten Appetit«, murmele ich.
    Ich mache auf dem Absatz kehrt und gehe langsam in mein Zimmer, dankbar, dass er nicht sehen kann, was ich für ein Gesicht ziehe, während ich mich zwinge, nicht zu humpeln.

DREI
    Als ich am Morgen meine Tür aufmache, steht da mein Frühstück auf einem Tablett. Gericht Nummer sechs. Zwei Schälchen mit Eisen angereichertes Getreide, eine Banane, ein Viertelliter Milch, ein Viertelliter Orangensaft, eine blaue Vitamintablette. Außerdem ein Zettel von meinem Dad, auf dem steht, dass er heute Abend erst spät aus Chicago zurückkommt und ich daran denken soll, dass Chicão heute Nachmittag vorbeikommt, um mir meine erste Zusatztrainingsstunde zu geben. Rein gar nichts über gestern.
    Nichts außer einem Fläschchen mit Schmerztabletten, das er neben ein Glas Wasser mitten auf den Tisch gestellt hat.
    Auch wenn Sonntag ist und ich gestern durch die Hölle gegangen bin, ist das kein Grund, nachlässig zu werden. Ich laufe auf meinem schmerzenden Bein in unseren Trainingsraum und komme nicht mehr heraus, bis ich mich angemessen bestraft habe. Dazu laufe ich etwa acht Kilometer auf dem Laufband und mache eine Stunde lang Krafttraining, wobei ich die ganze Zeit über die Familienverantwortung nachdenke und darüber, was zum Henker er wohl damit meinen könnte. Aber das führt zu nichts weiter als zu einem Brummschädel von den Ausmaßen Manhattans. Dann kommt die Putzfrau, um ihre Arbeit zu machen, und erfüllt die Wohnung mit einem Duft aus 2-Butoxyethanol und Natriumalkylsulfonat – Glasreiniger und Putzmittel –, wovon mein ohnehin schon hämmernder Kopf zu explodieren droht.
    Ah, aber kurz bevor das passiert, klingelt es … Vor der Tür steht Christina, in einem kurzen Rock und mit einer Schachtel Donuts in der Hand.
    Keiner kann mir weismachen, dass ich nicht die beste Freundin der Welt habe.
    »Hallo.« Ich ziehe die Tür weit auf, damit sie eintreten kann, und bekomme das breite Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht.
    Sie klappt die Schachtel auf und zieht eine Augenbraue hoch. »Ich dachte, du könntest vielleicht was Süßes brauchen.«
    Ich grinse auch dann noch, als ich mir ein glasiertes Monstrum aus der Schachtel schnappe und ein großes Stück davon abbeiße. Mein Dad würde einen Schlaganfall kriegen, wenn er mich jetzt sehen könnte. »Du hast ja keine Ahnung …«, sage ich mit vollem Mund.
    Sobald jeder von uns einen Donut verputzt hat, nehme ich sie mit nach unten in das Labor meines Vaters, zum einen, weil das die einzige Möglichkeit ist, der Putzfrau zu entkommen, und zum anderen, weil mein Vater keine Ahnung davon hat, dass ich weiß, wie man in sein Labor kommt. Das bereitet mir eine diebische Freude. Außerdem ist Zeit, die ich allein mit meiner Freundin verbringen kann, ein seltenes Geschenk, das ich keinesfalls vergeuden will, nur weil die Putzfrau in der Wohnung herumhantiert.
    »Nur mal aus reiner Neugierde, wie hast du rausgekriegt, wie man hier reinkommt?«, fragt Christina, als wir uns der Tür nähern. »Ich dachte, dein Dad macht so ein Geheimnis aus diesem Labor.«
    Ich winke ihr mit den Fingerspitzen meiner rechten Hand zu.
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