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Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt

Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt

Titel: Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt
Autoren: Lloyd Alexander
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magischen Zeichen bedeckt war, und von einem dritten einen langen goldenen Stab reichen.
    Also angetan, begann Gildas zu murmeln und zu mummeln und mit seinem Stab Symbole auf die Fliesen des Bodens zu zeichnen. Schnaufend vor Anstrengung drehte sich der Zauberer erst in die eine, dann in die andere Richtung, wobei er Zaubersprüche leierte, mit den Armen wedelte und die Finger bewegte.
    Prinzessin Angharad tippte derweil mit dem Fuß, trommelte mit den Fingern auf der Thronlehne und starrte aus dem Fenster. Selbst Königin Regat konnte das Stirnrunzeln nicht verbergen, das ihre gewöhnlich unerschütterlichen Züge überschattete.
    Gildas fuhr fort mit seinen mühsamen Beschwörungen, bis seine Stirn glänzte und er außer Atem war. Endlich begann eine kleine graue Wolke in der Luft Gestalt anzunehmen. Der Zauberer verdoppelte seine Anstrengungen, schlug mit den Armen und gestikulierte, als wolle er einen riesigen Batzen Teig kneten. Stück für Stück wurde die Wolke größer und schwärzer, bis sie die ganze Halle ausfüllte. Die Schatten wurden tiefer und dichter, verschluckten das Sonnenlicht, das durch die Fenster hereindrang, und in der Großen Halle wurde es finster wie zu Mitternacht.
    Die Höflinge und die königlichen Gefolgsleute tuschelten vor Staunen ob einer solch gewaltigen Leistung. Gildas klatschte scharf in die Hände; die Wolken rissen auf, die Dunkelheit wich, und die Große Halle war so hell, wie sie zuvor gewesen war.
    Der Zauberer wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ein selbstzufriedenes Lächeln rötete seine Wangen. Königin Regat nickte in Anerkennung seines Könnens. Prinzessin Angharad unterdrückte ein Gähnen.
    »Und?«, sagte Angharad.
    Gildas blinzelte. »Und was?«
    »War das alles?«, fragte Angharad. »Ist dies der ganze Zauber, dessen Ihr fähig seid?«
    »Ob das alles war?«, rief Gildas aus. »Einer meiner besten Effekte! Meine liebe Prinzessin –«
    »Mein lieber Herr Zauberer«, beschied ihn Angharad, »ich zweifle keinen Augenblick lang, dass Ihr Euch große Mühe gegeben habt. Ich hoffe nur, Ihr habt Euch nicht überanstrengt. Nichts gegen Eure Zauberei, im Gegenteil; aber offen gesagt, ich sehe nicht recht, warum man solchen Aufwand betreiben sollte, um Tag in Nacht zu verwandeln. Alles, was man braucht, ist ein bisschen Geduld, und die Nacht kommt ganz von allein, mit einer weit besseren Dunkelheit, als Ihr sie schaffen könntet – viel samtiger. Ganz zu schweigen von einem Mond und einem ganzen Himmel voller Sterne dazu.«
    »Dann, Prinzessin«, gab Gildas konsterniert zurück, »erlaubt mir, Euch etwas Spektakuläreres zu zeigen. Zum Beispiel einen Schneesturm. Meine Schneestürme haben noch nie ihre Wirkung verfehlt; sie sind immer mit Beifall aufgenommen worden.«
    Angharad seufzte und zuckte die Achseln. »Wiederum, Meister Gildas, wozu die Mühe? Wenn die kalte Jahreszeit kommt, werden wir genug Schnee haben; und keine Schneeflocke gleicht der anderen. Könnt Ihr das auch?«
    Stotternd und stammelnd gab Gildas zu, dass er das nicht konnte. »Aber – aber vielleicht eine kulinarische Manifestation, ein Festessen? Gebratene Gans? Wein? Süßspeisen?«
    »Wir sind mit unserem eigenen Koch durchaus zufrieden«, antwortete Angharad. »Danke, nein.«
    Schmollend aus verletzter Würde und grollend ob der Undankbarkeit junger Prinzessinnen ließ Gildas sich neben Königin Regat nieder, um dem nächsten Bewerber entgegenzusehen.
    »Es ist gegen meine Prinzipien, meine Kollegen zu kritisieren«, meinte er unterdrückt zur Königin. »Doch ich kann Eurer Majestät im Voraus versichern: Kein Zauber kommt dem meinen gleich.«
    Königin Regat winkte dennoch dem zweiten Freier, die Große Halle zu betreten. Dies war der Zauberer Grimgower, hager, mit ausgemergeltem Gesicht, buschigen Brauen und dünnen Lippen, umrahmt von einem schwarzen Bart. Seine eisenbeschlagenen Stiefel klirrten, als er auf die Throne zuschritt, und sein schwarzer Mantel wehte hinter ihm her. In seinem Gefolge marschierten dunkel gekleidete, mit Kapuzen verhüllte Diener, und die Höflinge wichen beiseite, als sie vorübergingen.
    Grimgower blieb vor Angharad stehen, verschränkte die Arme und warf den Kopf zurück.
    »Prinzessin«, sagte er. »Ich komme, um Eure Hand zu fordern, und erkläre mich willens, Euch zur Frau zu nehmen.«
    »Damit«, sagte Angharad, »wäre die eine Hälfte des Problems geklärt.«
    »Damit wir uns richtig verstehen«, fuhr Grimgower fort. »Das Haus Llyr ist bekannt für
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