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Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt

Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt

Titel: Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt
Autoren: Lloyd Alexander
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ein Loch, kein allzu tiefes, und legte den Stein hinein.
    Am nächsten Tag blinkte und blitzte ihm der Stein auf dem Feld entgegen.
    »Maibon!«, geiferte seine Frau. »Ein für allemal, wenn dir etwas an deiner Familie liegt, mach, dass du diesen verfluchten Stein loswirst!«
    Da er keine andere Möglichkeit sah, Frieden im Haus zu halten, nahm Maibon bedauernd und widerwillig den Stein und warf ihn in den Brunnen, wo er ins Wasser platschte und versank.
    Aber in jener Nacht, als er vergeblich versuchte zu schlafen, gab es solch ein Rasseln und Klappern, dass Maibon sich die Ohren zuhalten musste. Er sprang aus dem Bett und torkelte in den Hof. Am Brunnen tanzte der Eimer am Ende des Seils auf und nieder und hin und her; und auf dem Grunde des Eimers lag der Stein.
    Jetzt begann sich Maibon wirklich Sorgen zu machen, nicht nur wegen des Kindes ohne Zahn, der Kuh ohne Kalb, des Baumes ohne Frucht und der Henne, die verzweifelt auf ihren Eiern saß, sondern auch um sich selbst.
    »Nichts geht weiter, wie es sollte«, stöhnte er. »Ein Tag ist wie der andere. Nichts verändert sich, es gibt nichts, auf das ich mich freuen, nichts, das ich als Ergebnis meiner Arbeit vorweisen kann. Warum sollte ich säen, wenn die Saaten nicht keimen? Warum pflanzen, wenn es nie eine Ernte gibt? Warum essen, wenn ich nie hungrig werde? Warum abends zu Bett gehen oder morgens aufstehen oder überhaupt irgendetwas tun? Und so wie es aussieht, wird es immer und ewig so bleiben! Ich werde vor Langeweile eingehen, sonst nichts.«
    »Maibon«, bat seine Frau inständig, »um unser aller willen, zerstöre das schreckliche Ding!«
    Maibon versuchte nun, den Stein mit seinem schwersten Schlegel zu zertrümmern; doch er konnte nicht einmal den kleinsten Splitter davon abschlagen. Er klemmte ihn unter den Mühlstein, aber konnte ihm nicht einmal einen Kratzer beibringen. Er legte ihn auf seinen Amboss und bearbeitete ihn mit Hammer und Zange, alles ohne Erfolg.
    Schließlich beschloss er, den Stein erneut zu vergraben, diesmal tiefer als zuvor. Er nahm seinen Spaten auf und ging zum Feld. Doch plötzlich blieb er stehen und ließ den Spaten fallen. Dort, auf einem Baumstumpf, saß mit übergeschlagenen Beinen der Zwerg.
    »Du!«, schrie Maibon und schüttelte die Faust. »Betrüger! Schurke! Schwindler! Ich habe dir einen Gefallen getan, und schau, wie du mich dafür entlohnt hast!«
    Der Zwerg blinzelte den wütenden Maibon an. »Ihr Sterblichen seid eine undankbare Brut. Ich habe dir gegeben, was du wolltest.«
    »Du hättest mich warnen sollen!«, platzte Maibon heraus.
    »Das habe ich!«, gab Doli zurück. »Du wolltest mir nicht zuhören. Nein, du hast gezetert und gejammert und wolltest unbedingt deinen Willen haben. Ich hab dir gesagt, dass wir die Steine nicht gerne weggeben. Wenn ihr Sterblichen einen davon in die Finger kriegt, bleibt ihr so wie ihr seid – aber alles um euch herum auch. Bevor du es weißt, steckst du in der Zeit fest wie ein Stein im Schlick. Ich kann dir nur raten: Sieh zu, dass du diesen Stein so schnell, wie du kannst, loswirst.«
    »Was, glaubst du, versuche ich denn die ganze Zeit?«, tobte Maibon. »Ich habe ihn vergraben, ihn in den Brunnen geworfen, ihn mit einem Hammer bearbeitet – er kommt immer wieder zurück!«
    »Das liegt daran, dass du ihn nicht wirklich aufgeben willst«, sagte Doli. »In deinen geheimsten Gedanken und der Tiefe deines Herzens willst du dich nicht verändern, so wie die übrige Welt sich wandelt. Solange du das nicht änderst, bleibt der Stein bei dir.«
    »Nein, nein!«, rief Maibon aus. »Ich will nichts mehr damit zu tun haben. Was auch geschieht, lass es geschehen. Das ist besser, als wenn überhaupt nichts geschieht. Ich habe meinen Teil daran gehabt, jung zu sein, ich werde es auch überstehen, alt zu werden. Und wenn ich ans Ende meiner Tage komme, dann kann ich zumindest sagen, dass ich jeden davon gelebt habe.«
    »Wenn dir wirklich ernst damit ist«, antwortete Doli, »dann lass den Stein hier fallen, gleich neben den Baumstumpf. Dann geh nach Hause und mach weiter mit deinem Tagwerk.«
    Maibon warf den Stein auf den Boden, drehte sich um und machte sich, so schnell er konnte, davon. Als er es schließlich wagte, einen Blick über die Schulter zu werfen, halb befürchtend, dass der Stein ihm nachgesprungen kommen könnte, war keine Spur davon zu sehen. Und auch nichts von dem rothaarigen Zwerg.
    Maibon stieß einen Freudenschrei aus, denn im selben Augenblick war das brache
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