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Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt

Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt

Titel: Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt
Autoren: Lloyd Alexander
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selbstsüchtig obendrein! Schätze hättest du haben können! Aber du hast den Zwerg nicht mal um neue Jacken für die Kinder gebeten! Oder eine neue Schürze für mich! Du hättest das Dach flicken lassen können. Oder die Wände verkleiden. Nein, einen Stein hast du dir andrehen lassen! Einen Kiesel nicht besser als die, die du auf der Kuhweide ausgräbst.«
    Geknickt und verlegen begann Maibon zu glauben, dass seine Frau recht hatte und der Zwerg ihm wirklich nicht mehr als einen gewöhnlichen Feldstein gegeben hatte.
    »Ach, ja, es ist wahr«, stammelte er, »ich fühle mich nicht anders als heute Morgen, nicht besser oder schlechter, sondern ganz genauso. Dieser rothaarige kleine Wicht! Er wird den Tag bereuen, wenn ich ihn je wiederfinde!«
    Mit diesen Worten warf Maibon den Stein in den Herd. In der Nacht grummelte er sich seinen Weg ins Bett und träumte von Rache an dem heimtückischen Zwerg.
    Am nächsten Morgen, nach einer ruhelosen Nacht, gähnte er, rieb sich die Augen und kratzte sich das Kinn. Dann setzte er sich kerzengerade auf und tätschelte verblüfft seine Wangen.
    »Mein Bart!«, rief er aus, sprang aus dem Bett und lief eilends zu seiner Frau: »Er ist nicht gewachsen! Nicht um eine Haaresbreite. Ob der Zwerg mich am Ende doch nicht betrogen hat?«
    »Was kümmert mich dein Bart?«, entgegnete seine Frau. »Der Hühnerstall macht mir Sorgen. Die Küken sollten längst geschlüpft sein, aber die Henne brütet immer noch auf dem Nest.«
    »Das lass die Sorge der Hühner sein«, antwortete Maibon. »Frau, siehst du nicht, was für eine großartige Sache mir widerfahren ist? Ich bin nicht eine Minute älter, als ich gestern war. Dank diesem großmütigen Zwerg.«
    »Ich werde ihm schon danken, wenn ich ihn kriege«, gab Modrona zurück. »Das ist alles schön und gut für dich. Doch was ist mit mir? Du bleibst, wie du bist, doch ich werde alt und grau werden und verhutzelt und tatterig in mein Grab gehen! Und was ist mit unseren Kindern? Sie werden aufwachsen und selbst Kinder haben. Und Enkelkinder und Urenkelkinder. Und du, jünger als sie alle. Was für ein närrischer Anblick du sein wirst!«
    Doch Maibon, frohlockend über sein Glück, schenkte den Worten seiner Frau keine Beachtung und steckte den Stein tiefer in seine Tasche. Am nächsten Tag waren die Küken immer noch nicht geschlüpft.
    »Und die Kuh!«, rief Modrona aus. »Sie sollte längst kalben, und kein Zeichen von einem Kälbchen ist zu sehen!«
    »Hör mir auf mit Kühen und Hühnern«, antwortete Maibon. »Sie werden schon zurechtkommen mit der Zeit. Und was das betrifft, so habe ich alle Zeit der Welt!«
    Da er keinen Hunger auf Frühstück hatte, ging Maibon hinaus aufs Feld. Von all den Saaten, die er gesät hatte, war jedoch zu seiner Überraschung keine einzige bereits gesprosst. Das Feld, das inzwischen mit grünen Schößlingen bedeckt sein sollte, lag nackt und leer.
    »Tja, es scheint alles dieses Jahr ein bisschen spät dran zu sein«, sagte Maibon zu sich selbst. »Kein Grund zur Hast. Dann gibt’s auch weniger für mich zu tun. Das Korn wächst nicht, aber das Unkraut auch nicht.«
    Einige Tage vergingen, und immer noch waren die Eier nicht ausgebrütet, die Kuh hatte nicht gekalbt, der Weizen nicht gekeimt. Und jetzt sah Maibon, dass sein Apfelbaum nicht das geringste Zeichen auch nur der kleinsten grünen Frucht aufwies.
    »Maibon, daran ist nur dieser Stein schuld!«, jammerte seine Frau. »Sieh, dass du das Ding loswirst!«
    »Unsinn«, gab Maibon zurück. »Der Sommer kommt spät, das ist alles.«
    Dennoch ließ seine Frau nicht locker und setzte ihm so zu, dass Maibon schließlich, wenn auch sehr widerwillig, den Stein aus dem Hüttenfenster warf. Nicht zu weit freilich, denn er hatte insgeheim im Sinn, ihn später suchen zu gehen und wiederzufinden.
    Am nächsten Morgen zeigte sich, dass seine Sorge unnötig gewesen war, denn der Stein lag auf seinem Fenstersims.
    »Siehst du?«, sagte Maibon zu seiner Frau. »Da ist er wieder. Und das heißt, ich soll dieses Geschenk behalten.«
    »Maibon!«, keifte seine Frau. »Wirst du wohl diesen Stein loswerden! Seit du ihn ins Haus gebracht hast, haben wir nichts als Ärger. Jetzt greint und quengelt das Kleine. Es zahnt, das arme kleine Ding. Aber kein Zahn zu sehen! Maibon, der Stein bringt Unglück, und ich will nichts damit zu tun haben!«
    Maibon, der beteuerte, es sei nicht seine Schuld, dass der Stein zurückgekommen sei, trug ihn hinaus zum Gemüsefeld. Er grub
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