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Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt

Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt

Titel: Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt
Autoren: Lloyd Alexander
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»Und Ihr mögt mir frei antworten, von Frau zu Mann.«
    Als ihre Augen sich trafen, wusste Angharad, dass sie ihr Herz nur ihm geben könnte. Doch bevor sie antworten konnte, trat der Zauberer Gildas vor, spuckend und protestierend. Und der Zauberer Grimgower sprang von seinem Sitz auf und bestand zornig darauf, dass Geraint seine Fähigkeiten beweisen müsse, so wie man es von ihnen verlangt hatte.
    Und so begann Geraint. Doch im Gegensatz zu den anderen zeichnete er keine magischen Symbole, stieß keine Beschwörungen aus. Stattdessen sprach er in einfachen, ruhigen Worten von Wasser und Wald, von Meer und Himmel, von Männern und Frauen, von Kindheit und Alter; von den Wundern und der Schönheit alles Lebendigen, und wie alles eng miteinander verwoben ist wie Fäden auf demselben Webstuhl.
    Während er sprach, streckte er seine offenen Hände aus, und der ganze Saal verstummte voll Staunen. Denn jetzt, geboren aus dieser schlichten Geste, flatterten Schwärme von Tauben auf, die ihn umkreisten. Blumen erblühten bei jeder Bewegung seiner Finger. Er hob die Arme, und über seinem Haupt glitzerten Sterne in einer funkelnden Wolke, und ein Schauer von Lichtern ergoss sich durch die Große Halle.
    Dann ließ Geraint die Arme sinken, und der Zauber verging. Er stand wartend, sagte nichts mehr, während sein Blick und der Blick Angharads sich trafen und nicht mehr losließen. Lächelnd erhob sich die Prinzessin von ihrem Thron.
    »Meine Entscheidung steht fest«, sagte sie. »Der Zauberer Geraint hat um meine Hand angehalten und mein Herz gewonnen. Und so sollen wir heiraten.«
    Freudenrufe erfüllten die Große Halle, als Angharad und Geraint aufeinander zutraten, um sich in die Arme zu schließen.
    Doch Grimgower warf sich zwischen sie. Sein Gesicht war fuchsteufelswild, als er zu Königin Regat und der ganzen Schar ausrief:
    »Welche Gaunerei ist das? Er hat keine Magie benutzt, die mir oder irgendeinem anderen Zauberer bekannt wäre. Er ist ein Betrüger! Ein falscher Zauberer! Werft ihn raus!«
    »Er hat versucht, uns hinters Licht zu führen«, schnaufte Gildas, und seine Wangen zitterten vor Empörung. »Mein Kollege hat recht. Ich habe keine echten Beschwörungen oder Formeln gehört. Dieser Emporkömmling hat keine wirkliche Zauberkraft. Ein Schwindler! Das waren alles nur Tricks!«
    Angharad wollte protestieren, doch die Königin gebot ihr mit einer Geste, zu schweigen. Regats Gesicht war ernst, als sie sich erhob und einen strengen Blick auf Geraint richtete.
    »Du hast die Anschuldigungen gehört«, sagte Königin Regat. »Sind sie wahr?«
    »Ja«, gab Geraint bereitwillig zu, »völlig wahr. Ich bin nicht als Zauberer geboren, ich habe keine magischen Kräfte. Was ich euch gezeigt habe, habe ich selbst geschaffen. Die Vögel, die ihr saht? Keine Tauben, nur Fetzen weißen Pergaments. Die Blumen? Trockenes Gras und bunte Blätter. Die Sterne? Eine Handvoll heller Kieselsteine. Ich habe euch nur geholfen, in diesen Dingen mehr zu sehen als das, was sie sind. Wenn dies euch ein paar Augenblicke Freude bereitet hat, bin ich zufrieden.«
    »Wie kannst du es wagen, als Zauberer vor uns zu treten?«
    »Um Angharads Hand zu gewinnen«, entgegnete Geraint, »würde ich weit mehr wagen als das.«
    »Dennoch«, erklärte die Königin, »war dein Wagnis vergebens.«
    »Nein!«, rief Angharad aus. »Jede andere Wahl wäre vergebens gewesen. Diese beiden haben ihre Fähigkeiten geerbt. Geraint hat sich seine verdient. Falsch? Er ist der einzig wahre Zauberer!«
    »Vielleicht hast du recht«, antwortete Königin Regat. Sie seufzte und schüttelte den Kopf. »Tochter, auch wenn ich dir alles Glück der Welt wünsche, verbieten jedoch Gesetz und Brauch deine Heirat mit diesem Mann.«
    Da Angharad sich mit keinem außer Geraint einverstanden erklären wollte, befahl die Königin der Prinzessin, sich zurückzuziehen und in ihren Gemächern zu bleiben. Und Geraint wurde von Burg Llyr weggeschickt.
    Doch Angharad trotzte dem alten Gesetz und folgte Geraint und fand ihn wartend, so als hätte der eine des anderen Gedanken gekannt.
    Als die beiden durch den Wald jenseits der Burg gingen, wurde plötzlich der Himmel dunkel wie zu Mitternacht, obgleich der Mittag gerade erst vorbei war. Doch aus ihrem Mantel zog Angharad eine goldene Kugel, die bei ihrer Berührung leuchtete, und deren Licht überwand diese rachsüchtige Zauberei von Gildas.
    Da erstanden vor Angharad und Geraint monströse Geschöpfe aus dem Nichts,
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