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Tanz mit dem Engel

Tanz mit dem Engel

Titel: Tanz mit dem Engel
Autoren: Ake Edwardson
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da runter in diese schlimme Gegend lockte.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Winter.
    »Ich frage, was du verdammt noch mal glaubst, Erik«, sagte Lasse Malmström mit lauterer Stimme, aber seine Frau reagierte immer noch nicht.
    Winter wollte gerade etwas Kaffee trinken, stellte die Tasse aber wieder hin. Wenn man schon so lange wie ich Polizist ist, hat man seinen Glauben an das meiste verloren, und während einer Mordermittlung glaubt man schon gar nichts, das Schlimmste, was man tun kann, ist herumzugehen und an etwas zu glauben, was völlig verkehrt ist, sich als völlig verkehrt erweist. Aber das kann ich hier, in diesem Zusammenhang, nicht sagen. Für diese Menschen hier handelt es sich um einen Glauben an etwas, einen Glauben an eine Erklärung dessen, was nicht zu erklären ist.
    »Ich glaube nicht, daß er jemanden getroffen hat, der ihn verleitete, in diesem Zimmer abzusteigen, aber ich weiß, daß er jemanden traf, als er schon dort war«, sagte er. »Als er in der Gegend war.«
    »Danke.«
    »Es war etwas anderes, was ihn bewogen hat runterzufahren.«
    Er bekam keine Antwort.
    Durchs Fenster drangen Stimmen. Die Schule unterhalb der Biegung hatte für den Tag Schluß gemacht, und die Kinder gingen nach Hause. Beginn der Februarferien. Karin Malmström stand auf und ging aus dem Zimmer.
    Im Auto grübelte er darüber nach, warum er Per Malmströms Eltern nicht die zwei oder drei selbstverständlichen Fragen gestellt hatte. Sie waren wichtig, und ohne die Antworten würde man nicht arbeiten können. Vielleicht wissen sie nichts, aber die Fragen mußten gestellt werden, und es ist besser, ich tue es jetzt, so schnell wie möglich. Ein Weilchen zum Ausruhen, und dann muß ich noch mal hin.
    Es gab kurze Augenblicke im zeitigen Februar, da der Frühling ein Wörtchen flüsterte und sich danach zurückzog. Dies war ein solcher Nachmittag. Winter fuhr die Eklandagatan hinunter, und die Stadt dröhnte unter ihm. Der Himmel packte das Hochhaus des Hotels Gothia, und das Licht drehte sich von dort im Kreis und blitzte ihm in die Augen, als er in den Verkehrskreisel am Korsvägen einbog. Plötzlich wußte er nicht mehr, wohin er unterwegs war.
    Er hörte einen Hupton vom Auto hinter sich und lenkte nach rechts, am stillen Liseberg vorbei und weiter nach Osten. Er fuhr bei Grün über den Sankt Sigfrids Plan und bog auf den Parkplatz am Funkhaus ein.
    Er bugsierte das Auto in eine Parklücke und beugte sich über das Lenkrad. Das alles nimmt mich mit, dachte er, ich schaffe es, die Maske bis zum Sankt Sigfrids Plan zu tragen, aber dann fällt sie zusammen.
    Man ist auch nur ein Mensch. Ich muß mit Hanne sprechen. Ich bleibe hier sitzen, bis es draußen ein Licht von oben gibt, und dann fahre ich zurück. Jetzt stecke ich tröstende Musik in den Rekorder und bringe mein Gesicht im Rückspiegel in Ordnung.

6
    Es hatte geschneit, und dank der Kälte blieben die Äste weiß, eine Last, die die Umgebung für einige wenige Stunden schön machte. Von der Stelle, wo sie stand, konnte Hanne Östergaard Fußgänger sehen, die sich vier Stockwerke tiefer bewegten, die auf der Unterlage gleichsam dahinglitten, den Atem wie eine Tüte vorm Gesicht. Entsetzlich neugierig: Sie fuhr mit dem linken Zeigefinger über die Fensterscheibe, um besser sehen zu können. Der Beschlag wurde zum klaren, aber feuchten Glanz. Der Finger wurde kalt. Sie wandte sich zu Winter um.
    »Zu viele Dinge auf einmal«, sagte er. »Ja.«
    »Tja... es muß wohl mal sein, daß man mit jemandem spricht«, sagte er.
    »Sogar du?« fragte sie und setzte sich auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch.
    Es war ein schwerer, breiter Schreibtisch. Er gefiel ihr nicht.
    Sie hatte um einen anderen Schreibtisch gebeten und dann um ein anderes Zimmer, aber sie mußte so lange da sitzen bleiben, bis die Frage entschieden war.
    Es würde nichts geschehen. Sie arbeitete halbtags, und deshalb konnte sie keinen anderen Schreibtisch bekommen. Als sie sagte, es sei vom ersten Tag an mehr als halbtags gewesen, hatte die Frau in der Verwaltung sie angeguckt, als hätte sie eine lustige Geschichte erzählt, die alle schon seit der Vorkriegszeit kannten. Aber sie kannte keine lustigen Geschichten. Sie war Pfarrerin, und Pfarrer kennen keine lustigen Geschichten außer denen, die in die Freudenzeiten des Kirchenjahres fallen. Und soweit war es noch nicht.
    »Sogar ich«, sagte Winter und schlug mit Mühe ein Bein über.
    Ich mag diesen Mann, dachte Hanne Östergaard. Er ist zu jung
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