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Tanz des Verlangens

Tanz des Verlangens

Titel: Tanz des Verlangens
Autoren: Kresley Cole
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eine Art und Weise zu äußern, die andere zu hören vermochten, genauso wenig wie sie sich für andere sichtbar machen konnte.
    Was vermutlich auch gut so war. Ihr Spiegelbild wirkte sogar auf sie selbst erschreckend. Obwohl Néomis Erscheinungsbild eine recht getreue Kopie ihres Aussehens in der Nacht, als sie gestorben war, darstellte – dasselbe Kleid, derselbe Schmuck –, wirkten ihre Haut und ihre Lippen so bleich wie Reispapier. Ihr Haar wallte in ungebärdigen Strähnen, in die sich zahllose Rosenblütenblätter verfangen hatten, über ihre Schultern, während sich die Haut unter ihren Augen verdunkelt hatte, sodass ihre Iris im Kontrast dazu in extremem Blau leuchteten.
    Sie konzentrierte sich wieder auf den Wagen, aus dem tiefe, maskuline Stimmen erklangen. Anscheinend war der Mann nicht allein gekommen.
    Vielleicht wieder zwei von diesen „eingefleischten Junggesellen“, wie das gut aussehende Paar, das in den Fünfzigern hier gelebt hatte?
    Wer auch immer sich in diesem Wagen befand, sollte sich lieber beeilen. Den ganzen Abend lang hatte wiederholt Herbstregen eingesetzt, und Blitze zuckten in immer kürzeren Abständen auf. Sie hoffte nur, dass die Männer die Fassade nicht im Schein der Blitze näher inspizierten. Mit ihren Bögen und Überhängen und den farbigen Glasfenstern konnte das Herrenhaus ziemlich … abweisend wirken. Eben die gotischen Züge, die sie selbst so bewundert hatte, schienen andere abzuschrecken.
    Das Fahrzeug begann jetzt auf seinen breiten Reifen von einer Seite zur anderen zu schaukeln, und die Stimmen wurden lauter. Dann war das Brüllen eines Mannes zu hören. Ihr Mund öffnete sich, als ein Paar riesiger Stiefel die Heckscheibe eintraten und sie vollkommen zerschmetterten, sodass sich die Glasscherben auf den Kies ergossen.
    Jemand, den sie nicht sehen konnte, zerrte den Mann mit den Stiefeln wieder hinein, aber dann wölbte sich plötzlich eine der hinteren Türen nach außen. Waren die Autos heutzutage so zerbrechlich, dass ein Mann sie mit Tritten deformieren konnte? Nein, nein, sie hatte pflichtbewusst immer sämtliche Reportagen über Crashtests gelesen, und darin stand …
    Die Tür wurde aus den Angeln gesprengt und bis zur Veranda geschleudert. Sie fuhr zusammen, als ein offensichtlich wahnsinniger Mann mit wildem Blick aus dem Wagen stürzte. Er war sowohl an den Händen wie auch an den Füßen mit Ketten gefesselt und von oben bis unten mit Blut bedeckt. Gleich darauf rutschte er in dem glitschigen Matsch der Einfahrt aus und wurde von drei anderen Männern zu Boden gerungen.
    Einer von ihnen war ihr zukünftiger Mieter von gestern Abend.
    Dann erkannte sie, dass sie alle blutverschmiert waren – weil der Gefesselte sie damit bespuckte, während er wild um sich trat.
    „ Nein … nein! “, brüllte er und wehrte sich mit aller Kraft dagegen, das Haus zu betreten. Ob er womöglich spürte, dass es hier mehr gab, als das Auge zu sehen vermochte? Da wäre er der Erste.
    „Conrad, hör endlich auf, dich zu wehren!“, stieß der Mieter zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Wir wollen dir nicht wehtun.“
    Aber der Verrückte, den sie Conrad nannten, ließ einfach nicht nach. „Gott verdamme dich, Nikolai! Was hast du mit mir vor?“
    „Wir werden dich von diesem Wahnsinn befreien, deine Blutgier besiegen.“
    „Ihr Narren!“ Er begann wie ein Wahnsinniger zu lachen. „Niemand kehrt zurück!“
    „Sebastian, nimm seine Arme!“, befahl dieser Nikolai einem der anderen. „Murdoch, du hältst seine verfluchten Beine fest!“ Als Murdoch und Sebastian eiligst zur Tat schritten, fiel ihr auf, dass sie beide Nikolai ähnelten. Alle drei hatten denselben grimmigen Gesichtsausdruck sowie die gleichen hochgewachsenen, kräftigen Körper.
    Brüder. Ihr Gefangener musste auch einer von ihnen sein.
    Sie schleppten den blutigen, wild um sich schlagenden Conrad auf die großen Doppeltüren des Haupteingangs zu. Blut in ihrem Zuhause. Sie erschauerte. Sie verabscheute Blut, hasste schon den bloßen Anblick, den Geruch. Sie würde niemals vergessen, wie es sich angefühlt hatte, in ihrem eigenen Blut dazuliegen, als es um ihren sterbenden Körper herum langsam gerann und auskühlte.
    Hatte Elancourt davon nicht bereits mehr als genug gesehen?
    In einem Anfall von Panik raste sie nach unten und riss die Hände in die Höhe, sodass eine unsichtbare Kraft auf die Türen einwirkte. Mit aller Kraft hielt sie den Eingang geschlossen. Jetzt konnte niemand mehr
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