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Tanz des Verlangens

Tanz des Verlangens

Titel: Tanz des Verlangens
Autoren: Kresley Cole
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sterbliches Leben geschenkt worden war, sehnte sie sich nach Unsterblichkeit.
    Das Leben war so verheißungsvoll …
    Bis auf die Tatsache, dass sie nicht wusste, was sie war.
    Manchmal, wenn sie in den Spiegel sah oder wenn sie zufällig ihr Spiegelbild in einem Fenster erspähte, sah sie kurz ihr altes geisterhaftes Ich aufblitzen. Dann wurden die Schatten unter ihren Augen und Wangenknochen sichtbar.
    Ihre Nachtsicht war so makellos, wie sie es in ihrer Zeit als Geist gewesen war, und wenn sie schlief, träumte sie davon, zu schweben und Dinge mit ihren Gedanken zu bewegen.
    Als Néomi an diesem Tag kurz vor der Dämmerung aufgewacht war, hielt sie ein Rosenblütenblatt in ihrer Faust.
    Nïx hatte Néomi schon einige Male besucht. Jedes Mal hatte die Walküre Néomi unverhohlen mit ihren goldenen Augen gemustert. Sie schien von ihr fasziniert zu sein. Erst gestern hatte Nïx Elancourt wieder einen Besuch abgestattet, ohne etwas zu sagen. Sie hatte sie einfach nur ausdruckslos angestarrt.
    „Nïx, was bin ich?“, hatte Néomi schließlich gefragt.
    „Kompliziert?“
    „Ich bin als eine andere zurückgekommen, stimmt’s?“
    Nïx seufzte. „Ich spüre dich einfach nicht richtig.“
    Néomi selbst ging es nicht anders. Sie fühlte sich weder als Mensch noch als Geist.
    Unangenehm ist nicht mal annähernd der richtige Ausdruck für dieses Treffen.
    „Setz dich. Bitte“, sagte Nikolai und zeigte auf einen der Stühle vor seinem Schreibtisch. Sebastian saß auf dem anderen.
    Conrad hatte sich nach Blachmount Castle transloziert, Nikolais Heim, um sich mit seinen Brüdern zu treffen – auf Néomis Drängen hin. In New Orleans war es Tag, und sie hatte am Nachmittag ein kleines Schläfchen machen wollen, also hatte er gedacht, das sei eine gute Gelegenheit, eine unangenehme Pflicht hinter sich zu bringen.
    Seine Brüder hatten Fragen über die Vergangenheit – und Conrad hatte vor, Nikolai offiziell Elancourt abzukaufen.
    Conrad nahm widerwillig Platz. Schon jetzt tat ihm der Nacken vor lauter Anspannung weh. Außerdem war er nervös, weil er Néomi zum ersten Mal seit ihrer Rückkehr allein gelassen hatte, aber wieder hier zu sein steigerte seine Nervosität noch um einiges.
    „Ich dachte eigentlich, ihr würdet alle drei hier sein“, sagte Conrad. „Wo ist Murdoch?“ Er hätte die angespannte Atmosphäre etwas lockern können.
    „Er wird vermisst“, erwiderte Nikolai. „Wir nehmen an, es hat etwas mit seiner ‚geheimen‘ Braut zu tun. Ich glaube, er hat zum allerersten Mal in seiner ganzen Existenz Probleme mit einer Frau.“
    „Das schadet ihm gar nicht“, sagte Sebastian. „Fühlt es sich nicht unwirklich an, wieder hier zu sein?“, fragte er an Conrad gewandt.
    Der nickte. In dieser Burg waren er und der Großteil seiner Familie gestorben. Seine jüngeren Schwestern hatten hier geweint, als sie eine nach der anderen der Seuche erlagen. Blachmount war der Ort, an dem Conrad geboren und aufgewachsen war – und von den Toten auferstanden.
    Dreihundert Jahre lang hatte Conrad Nikolai wegen seiner Entscheidung in jener schicksalhaften Nacht gehasst. Jetzt war Conrad ihm wegen Néomi verpflichtet. Ohne Nikolais Entscheidungen und Murdochs Entschlossenheit hätte er seine Braut nie kennengelernt. Er hätte nie zusehen können, wie sie sich fürs Bett fertig machte, ihr langes Haar bürstete.
    Erst gestern hatte er gedacht: Das Schicksal hat die Braut für mich gewählt, doch meine Frau habe ich mir selbst gewählt …
    „Mir ging’s ganz genauso, als ich zum ersten Mal wieder hier war“, sagte Sebastian.
    Nikolai schnaubte spöttisch. „Von wegen. Du warst viel zu sehr damit beschäftig, mich niederzuschlagen.“
    „Na dann eben beim zweiten Mal.“
    Es folgte ein unbehagliches Schweigen. Conrad sah sich in dem getäfelten Arbeitszimmer um. Nikolai klopfte mit einem Stift auf die Tischplatte. Sebastian bewegte sein Bein unruhig hin und her.
    Schließlich erhob sich Nikolai von seinem Stuhl. „Ich habe etwas, was dir gehört.“ Er zog einen Aktenordner aus einem Schrank und reichte ihn Conrad. Darin befand sich die Besitzurkunde für Elancourt und die Verträge, die den Eigentümerwechsel besiegelten.
    „Ich habe den Besitz dir und deiner Braut überschrieben, noch in der Nacht, als du sie zurückbekommen hast.“
    Conrads Anspannung wuchs ins Unerträgliche. „Ich kann dich bezahlen.“
    „Technisch gesehen gehört es sowieso Néomi, stimmt’s? Betrachte es als
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