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Tanz der Kakerlaken

Tanz der Kakerlaken

Titel: Tanz der Kakerlaken
Autoren: Donald Harrington
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seiner sechs Krabbler aussetzte und er nur zitternd und zeternd dastand. Ich bin eine Knackerlake aus dem Jenseits, sagte sich Jack Dingletoon und dachte, das Vergnügen, ein Ingledew zu sein, sei ihm nur kurz vergönnt gewesen, nun würde sein elendes Leben von diesem Santa-Fe-Drachen ausgepustet werden. Schon fühlte er, wie die Schnüffelruten des Multi-Krabbler-Monsters ihn ganz besonders gründlich untersuchten. Was würde Junker Hank Ingledew in einer solchen Situation tun? Beten? Nein, jeder wußte, daß Junker Hank und die Ingledews überhaupt den Menschen weder fürchteten noch verehrten. Ich habe ausgespielt, erkannte Jack, während er sich gegen den verhängnisvollen Angriff dieses Santa Fe panzerte. Instinktiv richtete er sich wieder zur Pose der Gottesanbeterin auf, ein armseliges Täuschungsmanöver, das Santa Fe kaum abhalten würde, selbst wenn Tausendfüßler Angst hatten vor Gottesanbeterinnen. Dieser Nikolaus von einem Santa lachte einfach nur mit gemeiner Freude und öffnete seine Zange weit. Adieu, grausame Welt, sagte Jack zur grausamen Welt und bereitete sich auf seinen Untergang vor.
    Doch im Bruchteil der Sekunde, in der der Tausendfüßler ausholte, sprang Junker John Orval Ingledew, ohne zu überlegen, wie er seine Vorderflügel zu entfalten und zu schlagen hätte, ganz zu schweigen von seinen Hinterflügeln (der Fortsatz zum Rückenschild schiebt sich seitlich dicht an die Schuppe, die medial zur Unterseite des Remigiums der Flügel liegt), in die Luft! Wie gebannt vor Ehrfurcht (oder war es nur sein eigenes Flügelschlagen?) war die Luft von den Klängen der Purpur-Sinfonie erfüllt, ein triumphales Präludium, das nicht recht zu seinem unbeholfenen Abgang paßte.
    Er wußte, er könnte den Flug nicht sehr lange durchhalten, bestenfalls zwei Sekunden, aber er war außer Reichweite der tödlichen Fänge des Tausendfüßlers, der nicht einmal innehielt und enttäuscht war, sondern auf der Stelle seine Aufmerksamkeit Freddy Coe zuwandte, der noch immer vor unterwürfiger Feigheit und Grauen zitterte und heulte. Jacks Freude über sein eigenes Entkommen wurde getrübt vom Mitleid für den armen Freddy, der noch keine Flügel hatte und weder fliegen noch flüchten konnte. Aber Ms. Coe hatte noch elf weitere seiner Sorte in ihrer Brut, und womöglich bemerkte sie sein Fehlen nicht einmal. Er war ein frecher Rotzbengel, für niemanden ein Verlust.
    Aber dann – er mußte die tadelnden Stimmen seiner tapferen Ingledew-Vorfahren gehört haben – kam Jack sich plötzlich heimtückisch und egoistisch vor, schlimm und verdorben, und er gebrauchte das letzte bißchen seiner Flugkraft, um Santa Fes Nacken im Sturzflug zu attackieren; er klammerte sich auf ihm fest, biß kräftig zu und brachte sich dann vor den wild umherschlagenden Krabblern in Sicherheit. Er hatte den Santa Fe nicht wirklich verletzt, aber ihm einen Mordsschreck eingejagt, und der haute schleunigst ab, einen Regen von Fäkalien hinterlassend. Er verschwand im Wald der hohen Gräser.
    »So«, sagte er zu Freddy, »meistert ein wahrer Ingledew die Situation.«
    Freddy war einen langen Augenblick sprachlos, bevor er sagen konnte: »Heiliger Heuschreck! Junker John, Ihr seid ein Zauberer! Ich schätze, Ihr seid wirklich ein Ingledew, was?«
     
    2.
    Nein, dachte Bruder Tichborne und näherte sich einer auserwählten Öffnung in der hölzernen Wand des Heiligen Hauses, hinter der er von der Szene mit Jack, Freddy und dem Santa Fe nichts mehr hören oder riechen würde, nein, dieser Bursche ist kein bißchen mehr ein Ingledew als ich; warum also mußte ich ihm erzählen, er wäre einer?
    Er hatte Jack Dingletoon dazu bringen wollen, den Parthenon zu betreten, das war es; er hatte ihn dazu bringen wollen, einzudringen in die Bastion heidnischer Ingledews, die sich nicht einmal vor der Frau, die dort lebte, verneigten oder Ihr huldigten. Pfarrer Tichborne hatte Sie mehr als einmal gesehen, von ferne oder bestenfalls vom Vorgarten Ihres Hauses aus; manchmal saß Ihre Herrlichkeit abends nach dem Essen auf der Veranda, und die Überreste, so es welche gab, fielen ausschließlich jenen beiden glücklichen Ingledews zu, die die Junker von Stay More waren, so, wie die Ingledews seit Anbeginn aller Zeiten Junker gewesen waren; und das, obwohl sie – getreu der Prophezeiung Unseres Herrn Joshua Chrust – immer schneller verschwanden und nur noch zwei von ihnen übrig waren: Junker Hank und sein Sohn, Junker Sam.
    Es war einfach nicht fair, daß
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