Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
gegangen. Sogar Henri hat man nach Hause geschickt. Nur Aaron war hier, und er hat geschlafen.«
    Mona machte eine kleine verneinende Geste und hob eine ihrer zarten, babyhaften Hände. Hübsche Mona.
    »Rowan geht es gut?« fragte Michael. Er wußte schon nicht mehr, was Ryan da gesagt hatte – nur, daß er an Ryans Verhalten erkannt hatte, daß Rowan nicht gestorben war.
    »Ja, ihr geht’s prima«, sagte Ryan. »Aber sie war eine Zeitlang allein im Haus, und die Tür war nicht abgeschlossen. Offenbar hat jemand den Wachmännern gesagt, sie würden nicht mehr gebraucht. Wie es aussieht, war es ein Priester aus der Pfarrkirche, aber bis jetzt haben wir den Mann nicht finden können. Das werden wir aber noch. Aber wie dem auch sei, den Krankenschwestern hat man tatsächlich gesagt, Rowan sei… sei…«
    »Aber Rowan geht es gut?«
    »Der springende Punkt ist, nichts ist passiert. Eugenia war die ganze Zeit in ihrem Zimmer – sehr hilfreich. Aber es ist nichts passiert. Mona und Yuri kamen und fanden das Haus verlassen vor. Sie haben Aaron geweckt und mich angerufen.«
    »Aha«, sagte Michael.
    »Wir wußten nicht, wo du warst. Dann fiel Aaron ein, daß du einen langen Spaziergang machen wolltest. Ich bin hergekommen, so schnell ich konnte. Soweit ich sehen konnte, ist es noch mal gutgegangen. Aber natürlich sind die Leute gefeuert worden. Es sind lauter neue hier.«
    »Ja, ich verstehe«, sagte Michael und nickte kurz.
    Sie gingen die Treppe hinauf in den vorderen Flur. Alles sah aus, wie es aussehen sollte. Der rote Läufer auf der Treppe. Der Orientteppich vor der Tür. Ein paar gewöhnliche Kratzspuren auf dem Boden, wie man sie in gewachstem Holz immer findet.
    Er sah Mona an, die hinter ihrem Onkel stand. Die Jeans hätten enger nicht sein können. Ja die gesamte Geschichte der Mode im zwanzigsten Jahrhundert hätte anders verlaufen können, dachte Michael, wenn der Jeansstoff nicht so strapazierfähig gewesen wäre und wenn er sich nicht derart haltbar um die schmalen Hüften einer Frau hätte spannen können.
    »Es wurde nichts angerührt«, sagte Ryan. »Es fehlt nichts. Wir haben noch nicht das ganze Haus durchsucht, aber…«
    »Das mache ich schon«, sagte Michael. »Es ist okay.«
    »Ich habe die Wachen verdoppelt«, sagte Ryan, »und die Schicht der Krankenschwestern ebenfalls. Niemand verläßt dieses Gelände ohne die ausdrückliche Erlaubnis eines Familienmitglieds. Du mußt sicher sein können, daß du einen Spaziergang machen und zurückkommen kannst, ohne daß Rowan etwas passiert.«
    »Ja«, sagte Michael. »Ich sollte jetzt mal zu ihr hinaufgehen.«
    Rowan hatte ein frisches weißes Seidennachthemd an. Es hatte lange Ärmel mit engschließenden Manschetten. Sie lag so, wie er sie verlassen hatte – mit sanft erstauntem Gesichtsausdruck, die Hände gefaltet auf dem frischen Bettbezug aus besticktem Leinen mit einem hübschen Bortenbesatz. Das Zimmer roch sauber und war erfüllt vom Duft der geweihten Kerzen. Eine große Vase mit gelben Blumen stand auf dem Tisch, an dem die Schwestern immer geschrieben hatten.
    »Hübsch, die Blumen«, sagte Michael.
    »Ja. Bea hat sie besorgt«, sagte Pierce. »Immer, wenn irgend etwas passiert, holt Bea Blumen. Aber ich glaube, Rowan hat überhaupt nicht gemerkt, daß irgend etwas nicht stimmte.«
    »Nein, sicher nicht«, sagte Michael.
    Ryan hörte nicht auf, sich zu entschuldigen und zu beteuern, daß so etwas nie wieder passieren würde. Hamilton Mayfair trat aus dem Schatten in der Ecke hervor, nickte kurz zur Begrüßung und verschwand so sacht und lautlos, wie er aufgetaucht war.
    Beatrice kam mit leisem Klingeln herein – ihre Armbänder vielleicht; Michael wußte es nicht. Er spürte ihren Kuß, bevor er sie sah, und roch ihr Jasminparfüm. Es erinnerte ihn an den Garten im Sommer. Sommer. Bis dahin war es nicht mehr weit. Im Schlafzimmer war es halbdunkel wie immer; außer den Kerzen brannte nur eine kleine Lampe. Beatrice nahm ihn in die Arme und hielt ihn fest.
    »O Darling«, sagte sie, »du bist ja ganz naß.«
    Michael nickte. »Das stimmt.«
    »Jetzt reg dich nur nicht auf«, meinte Bea tadelnd. »Es ist ja alles gutgegangen. Mona und Yuri haben sich um alles gekümmert. Wir waren fest entschlossen, alles in Ordnung zu bringen, bevor du zurückkommst.«
    »Das war nett von euch«, sagte Michael.
    »Du bist erschöpft«, sagte Mona. »Du mußt dich ausruhen.«
    »Ja, komm, du mußt raus aus diesem nassen Zeug«, sagte Beatrice. »Du wirst
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher