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Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Titel: Tante Dimity und der unheimliche Sturm
Autoren: Nancy Atherton
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suchend um, bis mir auffiel, dass der Faltenwurf meines Bettzeugs verändert worden war. Ich ging zum Fenster und sah zu meiner Zufriedenheit, dass Reginald auf dem Fenstersims saß und auf den halb gepflügten Hof hinausblickte und den Irrgarten aus schneebedeckten Nebengebäuden, der ihn auf der anderen Seite säumte.
    »Jamie«, murmelte ich, als es mir allmählich dämmerte. »Er war hier, richtig, Reg? Und er hat sich daran erinnert, dass du ein Liebhaber von Outdoor-Aktivitäten bist. Erinnere mich daran, dass ich mich nicht verplappere und ihm erzähle, dass du die meiste Zeit zu Hause auf einem Regal in meinem Büro verbringst. Er würde mich ansonsten der Tierquälerei bezichtigen.«
    Ich kraulte Reginald zärtlich hinter den Ohren und lief nach unten, um Jamie zu suchen.

    »In einem Schiffskoffer, sagst du?« Jamie strich eine Strähne seiner langen schwarzen Haare aus dem Gesicht und hockte sich auf die Fersen. Ich hatte ihn kniend in einer dunklen Ecke des Rauchsalons angetroffen, wo er die Wandvertä felung mit einem Brotmesser abtastete. »Das könnte eine gute Spur sein, Lori. Es ist mir nie in den Sinn gekommen, Lucastas Aussteuer mit der Parure in Verbindung zu bringen.«
    »Das ist ja auch eher etwas für Frauen«, sagte ich. Insgeheim bat ich Dimity um Vergebung dafür, dass ich ihre Lorbeeren stahl, um dann fortzufahren, Lucastas traurige Behausung zu schildern und dass wir ein Tagebuch in ihrer Frisierkommode gefunden hatten. Als ich fertig war mit meinem Bericht, schüttelte Jamie den Kopf.
    »Schade wegen des Tagebuchs«, sagte er. »Es hätte uns nützlich sein können, aber ich muss Wendy zustimmen. Lucasta lebte in einer Traumwelt – oder besser gesagt einem fortwährenden Albtraum, deiner Beschreibung ihrer Suite nach zu urteilen. Arme Seele.« Seine Augen waren voller Traurigkeit, und er ließ kurz den Kopf hängen, dann hellte sich sein Blick jedoch wieder auf, als er mich ansah. »Ich kann nicht glauben, dass Wendy und du, dass ihr euch zusammengetan habt, um gemeinsam die Suche fortzusetzen.«
    »Erstaunlich, nicht wahr?« Ich rieb mit Zeigefinger und Daumen meine Nasenspitze. »Ich bin froh, dass du mich ermahnt hast, nicht so hart mit ihr ins Gericht zu gehen. Sie ist wirklich sehr verletzlich.«
    »Desillusioniert zu werden ist eine bittere Pille, die man schlucken muss«, sagte Jamie. »Aber sie wird ihr leichter hinuntergehen, wenn sie sich in Erinnerung ruft, wie sehr sie ihren Vater liebte.« Ein sehnsüchtiger Ton schwang in seiner Stimme mit, so als wollte er sich von etwas überzeugen, das ihm selbst so schwer fiel zu glauben.
    »Wie lange hast du gebraucht, um deinem Vater zu vergeben?«, fragte ich.
    »Ich? Nun, ich arbeite noch daran.« Jamie richtete sich auf und schob das Brotmesser in die Gesäßtasche seiner Jeans, dann sagte er in munterem Ton: »Ich bezweifle, dass ich hier irgendwelche Schiffskoffer finden werde, aber auf dem Bedienstetenflur sollte es einen Raum für Gepäckstücke geben. Ich werde nachsehen.«
    »Und ich werde wieder zu Wendy zurückgehen«, sagte ich. »Sie muss denken, dass ich inzwischen ertrunken bin. Oh, bevor ich es vergesse – ich habe Catchpole für heute Nacht freigegeben und ihm gesagt, dass du uns das Abendessen servierst.«
    »Gute Idee. Ich ziehe es vor, wenn er in seinem Cottage vor sich hin döst, statt in der Abtei herumzuschleichen. Nachdem er den ganzen Tag an der frischen Luft verbracht hat, müsste er schlafen wie ein Bär.«
    »Was die Betätigung an der frischen Luft anbelangt …« Ich lächelte verlegen. »Du bist ein netter Kerl, Jamie. Nicht jeder würde meine Beziehung zu Reginald so gut verstehen wie du.«
    »Deinen Hasen?« Er grinste. »Er ist bezaubernd – fast so bezaubernd wie du –, und ich bin sicher, dass er ein wunderbarer Zuhörer ist. Was gibt es da nicht zu verstehen?«
    Ich drückte kameradschaftlich seinen Arm und ging dann in Richtung Treppe.

    Nachdem wir Lucastas Suite auf den Kopf gestellt hatten, gelangten Wendy und ich zu der festen Überzeugung, dass nichts zu finden war, was auch nur im Entferntesten an die Aussteuer einer wohlhabenden jungen Braut erinnerte. Wir waren nicht auf einen Schiffskoffer gestoßen noch irgendetwas, das Ähnlichkeit mit einer Marmorschmuckschatulle hatte. Wir beschlossen, uns eine kurze Pause im Bad zu gönnen, um uns den Schmutz von der Haut zu schrubben, der sich während unserer Suche in dem schmuddeligen Zimmer festgesetzt hatte. Anschließend kehrte Wendy zum
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