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Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Titel: Tante Dimity und der unerhoerte Skandal
Autoren: Nancy Atherton
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Besucher wegschicken und den ganzen August damit verbringen, uns wieder kennen zu lernen. Soweit der Plan, und es hätte funktionieren können, wenn die streitsüchtigen Biddifords nicht gewesen wären.
    Nachdem sie sich dreißig Jahre lang wegen des Testaments des verstorbenen Quentin Biddiford in den Haaren gelegen hatten, hatte die Familie endlich beschlossen, über eine Einigung zu verhandeln.

    Sie hatten Bill gebeten, zu vermitteln, und es schien wie eine geplante Bösartigkeit, dass sie für das erste Gipfeltreffen den ersten August gewählt hatten, das Datum unserer geplanten Abreise nach England.
    Der BiddifordStreit war der Pfirsich, auf den Bill gewartet hatte – dick, saftig und überreif –, und da er ihm statt seinem Vater in den Schoß gefallen war, gab es auch keine Diskussion darüber. Bill musste in Boston bleiben.
    Mit schwerem Herzen flog ich nach England, und Willis senior flog mit mir, denn er hatte angeboten, mir Gesellschaft zu leisten, bis sein Sohn ankam. Bill hatte versprochen, nachzukommen, sobald er die Verhandlungen zu einem Abschluss gebracht hatte, aber ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass das Schicksal – in Form der schwachsinnigen Biddifords – gegen mich war.
    Dank dieser streitsüchtigen Clique war ich im Begriff, meine zweiten Flitterwochen mit meinem Schwiegervater zu verbringen.
    Es war einfach zu viel. Mit Willis senior konnte ich darüber nicht sprechen, aber ich musste mich jemandem anvertrauen und Emma Harris war gleich nebenan. Und genau aus diesem Grund hockte ich auf den Knien zwischen den Radieschen und Bill war in Boston, als Willis senior verschwand.

2
    EMMA HARRIS’ RADIESCHEN gediehen in der Südostecke ihres Gemüsegartens, der in Sichtweite des Landhauses aus dem vierzehnten Jahrhundert lag, das Emma mit ihrem Mann Derek und ihren Stiefkindern Peter und Nell bewohnte. Emma war gebürtige Amerikanerin, aber ihre Liebe zur Gärtnerei hatte sie nach England geführt, und ihre Liebe zu Derek, Peter und Nell hatte sie hier Wurzeln schlagen lassen.
    Emmas Landhaus lag ungefähr auf halbem Wege zwischen meinem Cottage und Finch, einem kleinen Dorf im Westen Englands. Drei Tage zuvor waren Willis senior und ich hier angekommen.
    Nach einer Übernachtung in London hatte uns Paul, ein befreundeter Chauffeur der Familie, sicher hergebracht. Ich litt noch immer zu stark unter dem Jetlag, um mich an das Steuer eines Wagens zu setzen – besonders hier in England, wo das Autofahren eine ziemliche Herausforderung für mich ist –, aber ich war ausgeschlafen genug, um nach dem Frühstück zu Emma hinüberzulaufen und ihr mit den Radieschen zu helfen.
    Und Emma konnte immer Hilfe gebrauchen. Sie war eine begnadete Gärtnerin, aber wenn es um Gemüse ging, hatte sie nie die Tugend der Mäßigung gelernt. Im Frühling, wenn sie pflanzte, kündigte sie mit düsterer Stimme Schäden durch Insekten, Trockenheit, Kaninchen und Krankheitsbefall an. Während des Sommers dann pflegte sie alles mit einer solchen Hingabe, dass auch die letzte Pflanze prächtig gedieh und folglich im Spätsommer die Ernte zum Problem wurde.
    Preisgekrönte Zwiebeln, Kohlköpfe, Salat, Lauch – ich versuchte Emma einmal klar zu machen, dass die Kaninchen allein vom zehnten Teil ihres Gemüses so fett würden, dass sie in der Wildnis keine Überlebenschancen mehr hätten. Allerdings gehörte ich zu den Menschen, die jeden bewunderten, der auch nur einen Avocadokern im Glas zum Keimen brachte, also war mein Urteil vielleicht nicht kompetent. Ich wusste nur eines: Immer im August verwandelte sich meine sonst so ruhige und unerschütterliche Freundin in eine Erntemaschine, die Schubkarren um Schubkarren mit Bergen von Gemüse füllte.
    Derek Harris nahm diese alljährliche Besessenheit seiner Frau gelassen hin. Er war, wie auch Emma, Mitte vierzig, aber während Emma klein und rundlich war, war er groß und hager, mit einem länglichen, wettergegerbten Gesicht, einem Kopf voll grauer Locken und so schönen dunkelblauen Augen, dass es einem den Atem verschlagen konnte. Um diese Augen lagen tiefe Falten. Derek hatte schwere Zeiten durchgemacht – seine erste Frau war jung gestorben und er war mit zwei kleinen Kindern zurückgeblieben –, aber er hatte diese schweren Jahre überwunden und in seiner Ehe mit Emma Trost für sein trauerndes Herz gefunden. Er war ein erfolgreicher Bauunternehmer, der sich auf Restaurierungsarbeiten spezialisiert hatte, aber im August ließ er oft alles liegen, um
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