Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt
Autoren: David Eddings
Vom Netzwerk:
nieder, Sperber?« fragte Khalad. Seine breiten, nackten Schultern glänzten im Fackellicht. In seiner Stimme und seinem Aussehen, ja, selbst in seinem Auftreten glich er so sehr seinem Vater, daß Sperber einen schmerzhaften Stich in der Brust verspürte.
    »Ich wollte nur sichergehen, daß keine Leichen mehr im Graben schwimmen, wenn meine Gemahlin am Morgen aufwacht. Verbrannte Menschen sind kein schöner Anblick.«
    »Ich kümmere mich darum. Gehen wir jetzt ins Badehaus. Ich werde Euch aus der Rüstung helfen, und Ihr könnt Euch eine Weile in der Wanne aalen.«
    »Ich habe mich heute nacht wirklich nicht sonderlich angestrengt, Khalad. Ich bin nicht mal ins Schwitzen gekommen.«
    »Darum geht es gar nicht. Der Geruch steckt in Eurem Panzer, so daß Ihr darin schon nach fünf Minuten riecht, als hättet Ihr einen Monat lang nicht gebadet.«
    »Das ist eine der Mißlichkeiten unseres Berufs. Bist du sicher, daß du Ritter werden willst?«
    »Die Idee stammt nicht von mir!«
    »Wenn das alles hier vorüber ist, wird die Welt vielleicht so friedlich, daß Ritter in Rüstung überflüssig sind.«
    »Ja, sicher. Und vielleicht lernen die Fische dann fliegen!«
    »Du bist ein Zyniker, Khalad!«
    »Was macht er da oben?« fragte Khalad gereizt, während er zu den hoch über die anderen Bauten ragenden Türmen hinaufspähte.
    »Wer macht was wo?«
    »Ganz oben im Südturm ist jemand! Jetzt ist mir schon zum viertenmal das Flackern einer Kerze hinter dem Fenster dort aufgefallen!«
    Sperber zuckte die Schultern. »Vielleicht haben Tynian oder Bevier einen ihrer Ritter dort oben Stellung beziehen lassen.«
    »Ohne es Euch – oder Hochmeister Vanion – mitzuteilen?«
    »Wenn es dir so viel Kopfzerbrechen bereitet, dann sehen wir doch nach.«
    »Es scheint Euch gar nicht zu beunruhigen.«
    »Warum auch? Diese Burg ist vollkommen sicher, Khalad.«
    »Ich werde trotzdem dort oben nachsehen, bevor ich zu Bett gehe.«
    »Nein, lieber gleich. Ich komme mit.«
    »Ich dachte, Ihr seid überzeugt, daß die Burg sicher ist.«
    »Vorsicht schadet nie. Ich möchte deinen Müttern nicht mitteilen müssen, daß du getötet worden bist, weil ich mich geirrt habe.«
    Sie stiegen vom Wehrgang hinunter, überquerten den Innenhof und betraten das Hauptgebäude.
    Lautes Schnarchen klang durch die verschlossene Tür der Banketthalle. »Ich nehme an, daß es in der Früh gewaltiges Schädelbrummen geben wird.« Khalad lachte.
    »Wir haben unsere Gäste nicht gezwungen, soviel zu trinken.«
    »Aber sie werden uns die Schuld daran geben.«
    Rasch stiegen sie die Treppe zum Turmzimmer des Südturms hinauf. Der Hauptturm und der Nordturm waren auf die übliche Weise erbaut, mit übereinanderliegenden Räumen; doch der Südturm war kaum mehr als eine leere Hülle mit einer Holztreppe, die durch ein knarrendes Gerüst in die Höhe führte. Der Baumeister hatte diesen Turm offenbar nur der Symmetrie halber errichtet. Das einzige Zimmer befand sich ganz oben und besaß einen Fußboden aus dicken, grob geglätteten Holzbalken.
    »Ich werde zu alt für solche Treppen«, keuchte Sperber, als sie etwa die Hälfte hinter sich hatten.
    »Ihr habt keine Kondition mehr, Sperber«, rügte Khalad seinen Herrn unverblümt. »Ihr verbringt zuviel Zeit auf Eurer Kehrseite, mit Politik und Diplomatie.«
    »Das gehört zu meinen Aufgaben, Khalad.«
    Sie erreichten die Tür am Ende der Treppe. »Laß lieber mich zuerst hineinsehen«, murmelte Sperber und zog sein Schwert aus der Scheide. Dann streckte er die Hand aus und schob die Tür auf.
    Ein schäbiger Mann saß an einem Holztisch in der Mitte des Zimmers. Der Schein einer Kerze fiel auf sein Gesicht. Sperber kannte ihn. Die Jahre übermäßigen Trinkens waren Krager nicht sehr bekommen. Sein Haar hatte sich in den sechs Jahren seit ihrer letzten Begegnung beträchtlich gelichtet, und die Tränensäcke waren noch stärker angeschwollen. Die wäßrigen, kurzsichtigen Augen wirkten farblos und schienen mit einer dünnen gelblichen Schicht überzogen zu sein. Die Hand, in der er seinen Weinbecher hielt, zitterte, und seine rechte Wange zuckte fast ununterbrochen.
    Sperber handelte, ohne einen Augenblick zu überlegen. Er richtete das Schwert auf Martels heruntergekommenen Knecht und stieß zu.
    Es war keinerlei Widerstand zu spüren, als die Klinge in Kragers Brust drang und die Spitze aus dem Rücken wieder herauskam.
    Krager fuhr heftig zusammen; dann lachte er mit seiner krächzenden, vom Alkohol zerfressenen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher