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talon015

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Titel: talon015
Autoren: Jagdbeute
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lebend ans Ziel zu bringen. Der Mann schluckte eine Bemerkung geflissentlich herunter und konzentrierte sich auf den Verkehr.
    „Das war kein normaler Überfall, Al. Nicht, so wie du mir die Männer beschrieben hast. Einbrecher tragen keine Maßanzüge. Mir kommt das eher so vor, als wärst du jemandem auf die Füße getreten.“
    „Aber wem denn?“, brach es aus der Fotojournalistin hervor. „Ich mach’ Berichte für Reisemagazine oder ab und zu den ‚National Geographic’. Manchmal auch für Firmen, ja. Aber das ist doch harmlos!“
    „Vielleicht ein Ex …“
    „Gill!“, fuhr Alice sie an und blickte ihrer Freundin wütend in die Augen.
    „’tschuldige, Liebes. War ’ne blöde Bemerkung.“
    Wie um sich selbst zu schützen, zog Alice Struuten die Einkaufstüten fester zu sich her und sah schweigend aus dem verschmierten Seitenfenster. Den Rest der Fahrt verbrachten die beiden Frauen schweigend nebeneinander. Je weiter das Taxi in den Hafenbereich kam, desto mehr ebbte der Verkehr ab. Gleichförmig zogen sich Reihen von Mietskasernen die geraden Straßen entlang.
    Auf eine Bemerkung von Alice stoppte das Taxi. Die junge Frau rundete den genannten Betrag nur wenig nach oben auf und zwängte sich aus dem Wagen. Kurz sah sie an der kalkweißen Fassade des unscheinbaren Hauses empor, das im Sonnenlicht grell aufleuchtete.
    „Soll ich noch mit rauf kommen?“, fragte Giulia und sah ihre Freundin abwartend an. Alice lächelte schwach und legte ihren Kopf kurz an die Schulter der Frau, die etwas größer als sie selbst war.
    „Klar. Oder meinst du, ich will das ganze Eis selbst verdrücken?“
    Auf ihrem Weg durch das Treppenhaus nach oben plärrten ihnen mehrere Fernsehapparate durch die geschlossenen Türen entgegen. Alice war froh, als sie endlich ihre Wohnung im fünften Stock erreicht hatte. Ein Aufzug war in dieser Gegend ein Luxus. Sie kramte in ihrer Handtasche und suchte nach dem Haustürschlüssel.
    „Al?“, unterbrach sie Giulia Mendes.
    „Was ist denn?“ Endlich hatte sie den Schlüssel in der Hand. Fragend sah sie ihre Freundin an, die ihr die Antwort noch schuldig geblieben war. Die Brasilianerin legte schweigend ihre rechte Hand gegen das Holz der Tür und drückte sie ohne Probleme nach innen. Leicht schwang die Tür zur Seite und gab den Blick auf den Flur frei.
    „Nein …“ flüsterte Alice entsetzt und ließ den Schlüssel wieder in der Tasche verschwinden. „Bitte nicht“, brachte sie nur hervor. Ihre Freundin wies sie mit einer Handbewegung an, zu schweigen und lauschte. Nach einer Weile nickte sie kurz und drückte die Tür dann auf.
    „Bist du verrückt?“, presste Alice leise zwischen ihren Lippen hervor. „Wir wissen doch gar nicht, ob noch jemand drin ist!“
    „Die Wohnung ist leer“, behauptete Giulia kurzentschlossen und trat ein. Sie kommentierte das Bild, das sich ihr bot, mit einem leisen Pfiff. Über den Flur ließ sich ein Blick in jedes Zimmer der kleinen Wohnung werfen. Und jedes Zimmer war verwüstet worden. Schubladen waren aus ihrer Halterung gerissen worden, der Inhalt lag weit über den Boden verstreut.
    Alice war nun auch in ihre Wohnung eingetreten. „Nein, oh nein!“, schrie sie leise auf. Sie zwängte sich an der dunkelhäutigen Frau vorbei und betrat den Wohnbereich. Trotz des Chaos, das sich ihr bot, konnte sie schnell erkennen, dass es die Einbrecher nicht auf Wertgegenstände abgesehen hatten. Sie verließ das Zimmer und hastete in einen weiteren Raum, den sie auch als Dunkelkammer für ihre Fotografien benutzte. Unwillkürlich flossen ihr Tränen über das Gesicht, als sie die Zerstörung betrachtete, die dort angerichtet worden war.
    Die schmalen Fächer, in denen sie die Negative ihrer Filme aufhob, waren vollkommen geplündert worden. Hilflos zuckte ihr Kopf herum und suchte den Raum ab. Dann brannte sich ihr Blick auf einer Stelle fest. Sie trat an die Wandtafel heran, an deren oberen Ende einige leere Klammern schief in der Verankerung saßen. An mehreren von ihnen konnte sie die Fetzen von Fotopapier erkennen.
    Sie legte die Hand gegen das helle Metall der Tafel. Die Gedanken tanzten wild durch ihren Kopf. Langsam trommelten ihre Finger gegen die kühle Oberfläche, während sich in ihr ein Bild formte.
    Giulia war neben sie getreten und besah sich verständnislos die leere Tafel.
    „Was für Bilder hattest du denn dort aufgehängt?“, fragte sie die Fotografin. Alice Struutens Kopf machte nickende Bewegungen, als habe sie die Antwort
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