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talon006

talon006

Titel: talon006
Autoren: Shion
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Schlucht blickte. „Müssen wir überhaupt da runter?“, verlangte sie nach einer Antwort.
    „Ja“, erwiderte er kurz angebunden. Trotz der offensichtlichen Unsicherheit, die ihn immer wieder befiel, schien er sich des Weges, den er einschlug, im Klaren zu sein. Er verschaffte sich einen Überblick über die Landschaft und deutete dann nach rechts, auf ein Stück, das leicht nach unten abfiel.
    „Wir gehen dort entlang.“
    Ohne die Reaktion der anderen abzuwarten, setzte er seinen Weg fort. Die übrigen drei rafften ihr Gepäck zusammen und folgten ihm. Eugene beschleunigte seinen Schritt ein wenig, bis er direkt hinter Talon war.
    „Woher wissen Sie das alles, wenn Sie noch nie hier waren?“, wollte er wissen. Die Rücksichtslosigkeit, mit der der „Wilde“, für den er Talon nach wie vor hielt, seinen Weg fortsetzte, machte ihn rasend. Er verstand nicht, warum Janet dem Mann so bereitwillig folgte.
    Talon warf ihm einen kurzen Blick über die Schulter zu.
    „Ich fühle … – etwas. Und es führt mich dorthin, wo die Quelle liegt.“
    Eugene hatte solch eine Antwort befürchtet und verkniff sich alle weiteren Fragen, auch wegen des Seitenblicks, mit dem ihn Janet Verhooven bedachte. Er kannte in Kapstadt den einen oder anderen wichtigen Kontakt, der ihm vielleicht etwas Licht in die ganze Angelegenheit bringen konnte. Wenn er jemals wieder zurück nach Bangui kam …
    Die folgenden Stunden kämpfte sich die Gruppe einen Weg über den schmalen Pfad nach unten. Mehr als einmal mussten sie ausweichen oder wieder umkehren, wenn sich der Grat als unwegsam erwies. Die Sonne lag hinter einem dunstigen Schleier verborgen, der die Luft mit einer schweren Feuchtigkeit erfüllte. Je tiefer sie kamen, desto mehr versperrten ihnen Bäume und Sträucher den Weg, die die steilen Hänge bewuchsen und einen seltsamen Kontrast zu der kargen Steinlandschaft bildeten.
    Langsam näherten sie sich dem unteren Ende der Schlucht und konnten bereits den steinigen Untergrund erkennen, der den Boden bildete. Doch nicht die Geröllbrocken erregten die Aufmerksamkeit der Menschen. Es waren die Wände der Schlucht, die sauber und fast in einem rechten Winkel abschlossen. Im Gegensatz zum rauen und zerklüfteten oberen Ende des Abgrunds zog sich der Weg nahezu in gerader Linie durch das Gestein.
    „Stehen bleiben!“, unterbrach ein leiser Zuruf Talons die Menschen in ihren Betrachtungen.
    Ein Winken mit der Hand deutete ihnen an, etwas zurück zu bleiben. Er legte sich flach auf den Boden und schob sich an den Rand des Pfads vor. Die anderen drei taten es ihm gleich.
    „Oh Gott“, entfuhr es Alice Struuten leise. Sie legte sich die Hand auf den Mund und beobachtete das Bild mit großen Augen. Dutzende von Löwen, durch den Dunst im Verborgenen gelegen, zogen unter ihnen vorbei. Die Tiere hatten alle den Kopf gesenkt und marschierten stumm durch die Schlucht.
    Die Menschen warteten mehrere Minuten, bis die Raubtiere im Nebel verschwunden waren, dann erhoben sie sich vorsichtig.
    „Wo wollen die alle nur hin?“, fragte sich Alice laut. Sie klopfte sich den Staub von der knappen Kleidung.
    „Dorthin, wo auch Sie wollen. Nicht wahr?“, beantwortete Janet Verhooven die Frage mit einem Blick auf Talon. Dieser verharrte wie versteinert in der Hocke. Seine Augen waren zu schmalen Schlitzen zusammen gekniffen. Sein Atem ging gepresst.
    „Ich muss dorthin.“ Er rutschte den Hang herab und glitt in das Dickicht der Pflanzen, die einen breiten Saum links und rechts des Weges bildeten.
    „Hier entlang!“, rief er den anderen drei zu. „Solange wir uns hier verborgen halten, sollten wir den Löwen aus dem Weg gehen können.“
    Nur mühsam kam die Gruppe im dem harten Gestrüpp vorwärts. Immer wieder mussten sie innehalten und sich im Unterholz verstecken, sobald ein weiteres Rudel Löwen an ihnen vorbei zog. Langsam wurde die Schlucht breiter und ging in eine leicht abfallende Landschaft über. Der Dschungel gewann hier die Oberhand zurück und überwucherte die Landschaft in seinen satten Farben.
    Doch plötzlich wichen die gewaltigen Bäume zurück. Wie ein Hügel erhob sich inmitten des Dschungels eine wuchtige Anlage aus hellem Stein. Zu beiden Seiten wurden die Gebäude von den gleichen Steinpfeilern gesäumt, die sie bereits in der Savanne entdeckt hatten.
    Die fein gemaserte Oberfläche war an zahlreichen Stellen weggesprengt und mit Wurzeln durchbrochen, die sich aus dem Inneren des Materials nach außen zu schieben
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