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talon006

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Titel: talon006
Autoren: Shion
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seinen Beinen schmerzten unerträglich. Trotzdem zog er das linke Bein vor und hieb es in den ausgedörrten Boden. Talon schob sich nach vorne und drückte gleichzeitig den gewaltigen Körper seines Gegners zur Seite.
    Überrascht taumelte der Löwe zurück und stürzte. Doch sofort kam er wieder auf alle Viere. Talon nutzte die gewonnene Sekunde und riss sein Messer aus dem Gürtel. Den nächsten Angriff des Löwen fing er nur mit dem linken Unterarm ab. Durch die offene Deckung hieben die Krallen mehrere tiefe Wunden in Brust und Schultern des hochgewachsenen Mannes.
    Talon nahm die Schmerzen nicht mehr wahr. Seine Gedanken richteten sich auf die Klinge in seiner Hand, die in den Körper des Löwen stach. Er zog das Messer zur Seite zurück und riss damit lange, klaffende Wunden in das Fell, das sich nun schnell rot färbte.
    Im Hintergrund hielten sich seine drei Begleiter zurück und sahen dem Kampf entsetzt zu. Alice Struuten packte Eugene, den belgischen Fahrer, bei den Schultern und forderte ihn auf, Talon zu helfen. Dieser löste sich hastig aus ihrem Griff und lachte trocken auf.
    „Bin ich verrückt? Ich werde mich da nicht einmischen!“
    Er hatte schon die ganze Zeit seinen 38er Revolver in der schweißbedeckten Hand, um einen Schuss auf den Löwen abzugeben. Doch die beiden Kontrahenten belauerten sich mit solch einer Geschwindigkeit, dass Eugene Mauris keine freie Schussbahn fand.
    Der Atem brannte heiß in Talons schmerzenden Lungen. Blut aus einer tiefen Stirnwunde war ihm in die Augen gelaufen und behinderte ihn bei seiner Sicht. Er folgte fast nur noch seinen Instinkten, wenn er die Angriffe des Löwen abwehrte. Tausendfach eingeübte Bewegungen und Reaktionen, deren Herkunft er nicht kannte, übernahmen die Kontrolle in seinem Körper.
    Langsam spürte er, wie die Attacken und Hiebe der Raubkatze schwächer wurden. Umso heftiger setzte er nach, um endlich aus diesem Kampf als Sieger hervor zu gehen. Und endlich sackte der massige Körper vor ihm auf den Boden und blieb regungslos liegen. Blut lief aus zahlreichen Wunden und versickerte zwischen den trockenen Grashalmen in der Savanne.
    Müde reinigte Talon sein Messer und steckte es in den Gürtel. Eine unendliche Schwere machte sich in seinem Körper breit. Unwillig schüttelte er leicht den Kopf, als er sich den toten Löwen betrachtete.
    „Vergib’ mir, Bruder“, murmelte er rau. „Doch ich kann nicht umkehren.“
    Aus dem Augenwinkel nahm er die drei Menschen wahr, die sich nur langsam dem Schauplatz näherten. Sie standen so eng zusammen, als hofften sie, die Nähe böte ihnen ausreichend Schutz. Talon nahm es trotz seiner Mattheit fast amüsiert zur Kenntnis.
    „Lasst uns weiter gehen“, eröffnete er ihnen dennoch nur kurz.
    Entsetzt hob Alice die Hände und machte einen Schritt auf ihn zu.
    „Aber – gute Güte! Ihre Wunden!“ Sie schnallte sich ihren Rucksack ab und kramte zwischen den Utensilien nach etwas Verbandsmaterial.
    „Die Wunden werden sich schließen“, antwortete er ihr nur kurz. „Ich habe gerade getötet. Diese Wunde klafft tiefer in mir.“ Talon ging in die Knie und legte die Hand auf die blutüberströmte Flanke des Löwen. Schon jetzt war die Kälte deutlich zu spüren, die von dem toten Körper Besitz ergriff.
    Eugene Mauris trat zu ihm hin und lachte rau auf.
    „Sind Sie immer so zart besaitet?“, fragte er und schüttelte ungläubig den Kopf. „Das Biest hat uns schließlich angefallen! Was hätten Sie denn sonst tun sollen?“
    In Talons Augen glomm unterdrückter Hass gegen den fremden Mann auf. Er betrachtete sich den Belgier mehrere Augenblicke lang, bis dieser sich unbehaglich in dem Blick wand. Talon ballte die Hände zur Faust.
    „Er war eine Wache und wollte nur, dass wir umkehren.“ Seine breite Brust hob und senkte sich unter den hastigen Atemzügen, mit denen er seine Gefühle in den Griff bekommen wollte. „Und ich habe ihn herausgefordert.“
    In seine Gedanken versunken, blickte Talon zum Dschungel herüber, dessen üppiges Grün einen harten Kontrast zum ausgetrockneten Savannenboden bildete. Aus dem undurchdringlichen erscheinenden Gespinst aus Blättern, Lianen und Ästen schälte sich eine weit entfernte Stimme, die sich in seinen Gedanken verlor.
    „Deshalb müssen wir weiter“, fuhr er fort. Sein Blick ging zu den drei Menschen, die sich alle nicht sicher waren, wie sie ihm begegnen sollten. Er spürte die Distanz, die zwischen ihnen lag.
    „Andere werden ihn finden“,
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