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Tal der Träume

Tal der Träume

Titel: Tal der Träume
Autoren: Patricia Shaw
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stand da und wusste nicht weiter.
    William hielt ihr erneut die Hand hin. »Du kennst Christy und mich doch.«
    »Ja. Wo ist Minto?« Sie blieb noch immer auf Distanz.
    »Sie ist weg.« William sprach leise und ruhig mit ihr. »Wir kümmern uns jetzt um dich. Keine Sorge, wir müssen nun fahren.«
    Sie schaute nervös zur Tür. »Wohin?«
    »Nach Hause. Wir bringen dich nach Hause.«
    Harriet schien sich zu freuen. »Ja, das ist wohl das Beste. Ich war hier nicht viel nütze. Tut mir Leid, Mr. Walters.«
    »Zu was denn nütze?«, fragte Christy mit drohender Stimme.
    »Oh, zum Herstellen von Seife und Kerzen.«
    »Verstehe«, meinte er mit einem Nicken. »Darf ich Ihnen die Stufen hinunterhelfen, Harriet?«
    »Nein, ich kann allein gehen.« Zu seinem Erstaunen segelte sie aus der Tür und die Treppe hinunter, als sei ein Nachthemd mit einem Laken darüber die passende Kleidung für eine Spazierfahrt. Gott sei Dank würde niemand sie in Mollards Kutsche sehen können.
    Harriet stapfte den Weg entlang, wobei das Laken durch den Schlamm schleifte.
    William drehte sich noch einmal zu der abgeschiedenen Behausung um.
    »Ich wünschte, Yorkey wäre hier«, sagte er zu Christy.
    »Yorkey? Wieso?«
    »Ich wette, diese Hütte hätte er mit dem größten Vergnügen angezündet.«
     
    Nach ihrer Heimkehr bereitete Harriet ihnen Schwierigkeiten. Sie kauerte auf dem Rand des Himmelbetts und weigerte sich, sie zur Kenntnis zu nehmen. Nicht einmal mit Tom Ling wollte sie sprechen.
    »Sie scheint zu glauben, sie wäre im Kloster gewesen«, meinte William müde, als er aus dem Schlafzimmer auftauchte. »Sie will keine Männer um sich haben. Mehr bringe ich nicht aus ihr heraus.«
    Christy erinnerte sich an die boshafte Bemerkung des Predigers. Kein Wunder, dass sie sich so verhielt. Er fragte sich, welche hässlichen Geschichten Walters zu ihrer angeblichen Erlösung ersonnen hatte.
    »Meinen Sie, Sibell Hamilton würde kommen?«, fragte William.
    »Sie könnte sie vielleicht zur Vernunft bringen und wenigstens waschen.«
     
    Sibell war überrascht, ergriff aber rasch Hut und Mantel. »Selbstverständlich komme ich mit, Christy.«
    »Was ist los?«, wollte Maudie wissen, erhielt aber ausnahmsweise keine Antwort.
    »Oh, wir fahren im großen Stil«, staunte Sibell, als er ihr in den Landauer half. »Ich bin so froh, dass Harriet endlich zu Hause ist. Sagten Sie, sie sei krank? Der arme William, als hätte er nicht schon genug Sorgen.«
    Christy wendete den Wagen und erklärte Sibell die Lage. Sie war verblüfft. »Sie ist die ganze Zeit über dort gewesen?«
    »Sieht so aus.«
    »Guter Gott, aber was ist nun mit ihr?«
    »Nervenzusammenbruch, würde ich sagen. Eine Überdosis Religion … Sie hockt im Schlafzimmer und klammert sich an einer Bibel fest.«
    »Du meine Güte. Ich glaube, Sie sollten besser Dr. Byrne holen, nachdem Sie mich abgesetzt haben.«
    Christy schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass sie ihn jetzt schon in ihrer Nähe duldet.«
    Während die Männer zu Mittag aßen, gelang es Sibell, Harriet zu baden, ihr Haar zu trocknen und sie anzukleiden. Sie hatte beschlossen, die junge Frau nicht wie eine Kranke zu behandeln, da sie ohnehin schon völlig verstört war. Harriet hatte mit ihr gesprochen, von den Sünden der Männer erzählt, vom Leben allgemein und ihrer eigenen Lasterhaftigkeit. Sibell war entsetzt. Sie reagierte mit einem beruhigenden Lächeln und beschwichtigte Harriet, als diese bei dem Gedanken, die Botschaft Gottes an eine andere Frau weiterzugeben, ganz aufgeregt wurde.
    Als Sibell ihr Essen brachte – Suppe, frisches Brot mit Butter, Brathähnchen, Sahnecreme –, aß Harriet alles restlos auf.
    »Ihr Appetit scheint nicht gelitten zu haben«, berichtete Sibell später. »Ein gutes Zeichen, wie mir scheint.«
     
    Tage später ließ Harriet Dr. Byrne endlich in ihr Zimmer. Er war sachlich und duldete keinen Widerstand, zog einen Stuhl ans Bett und fühlte ihr den Puls.
    »Nun, junge Dame, prüfe ich Herz und Lungen, damit ich weiß, wie es um Sie steht.«
    William wartete nervös auf das Ergebnis. Der Arzt schien lange zu brauchen, und als er schließlich ins Wohnzimmer trat, bat er William, sich zu setzen.
    »Körperlich ist sie in bester Verfassung«, verkündete er. »Aber verdammt durcheinander. Ich würde sagen, sie hat einen geistigen Zusammenbruch erlitten, aber er hält sich im Rahmen. Viel Ruhe, gutes Essen und Beschäftigung sind meine Empfehlung. Sie sagt, sie liest gerne und
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