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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris
Autoren: Henri Sanson
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behauptet, es habe ein Stillstand von fünfzehn bis zwanzig Minuten stattgefunden, und die Guillotine habe eine Weile gefeiert. Diese Angabe ist falsch und war nur auf den Effekt berechnet, um einer Sache, in welcher man schon zu viel Hebel in Bewegung gesetzt hatte, ein noch mehr dramatisches Ende zu geben.
    Es trug sich nichts Besonderes zu, als Lacenaire an die Reihe kam, und er wurde mit ebensowenig Umständen hingerichtet wie sein Mitschuldiger Avril. Ich wollte zu jener Zeit einer so abgeschmackten Fabel öffentlich widersprechen, fand aber kein Journal bereit, meine Widerlegung aufzunehmen.
    Was ich zu sagen habe, ist nur, daß dieser berühmte Verbrecher bis zum letzten Augenblick eine merkwürdige Kaltblütigkeit und Entschlossenheit bewahrte.–
    Kaum drei Wochen später, am Mittwoch, dem 27. Januar 1836, richteten wir an dem alten Orte das Schafott auf, um einen ehemaligen Militär namens Joseph David, vierzig Jahre alt, welcher im Invalidenhause seine Schwägerin ermordet hatte. Er wurde um halb neun Uhr hingerichtet und zeigte außerordentlichen Mut.
Zwei Anschläge auf Louis Philipp
Fieschi, Morey, Pépin, die Höllenmaschine; Louis Alibaud.
    Am Freitag, dem 19. Februar desselben Jahres, hatten wir eine dreifache Hinrichtung, welche die traurigsten Erinnerungen an das Konsulat erweckte. Ich meine die Hinrichtung von Fieschi, Morey und Pépin, alle drei durch den Pairshof zum Tode, und Fieschi mit der verschärften Strafe des Vatermords, verurteilt. Es war in der Angelegenheit der Höllenmaschine, welche auf dem Boulevard des Temples in dem Augenblicke losging, als der König Louis Philipp mit seinem Geleite vorüberzog, um den Jahrestag des 28. Juli 1830 zu feiern.
    Man erinnert sich aller Einzelheiten jener schmachvollen Katastrophe. Der König und sein Sohn entrannen durch ein Wunder dem Kugelregen; aber zweiundvierzig Personen fielen um sie her, von denen neunzehn nicht wieder aufstanden: ein Marschall von Frankreich, tapfere Generäle, welche in hundert Schlachten erhalten geblieben waren, Beamte, Kaufleute, ehrsame Handwerker, Frauen, Kinder kamen als Opfer dieses schändlichen Attentats um. Selbst der Urheber dieses Verbrechens wäre beinahe demselben erlegen, denn als man ihn verhaftete, war er durch einige Gewehrläufe seiner mörderischen Maschine leicht verwundet.
    Nachdem man seine Identität festgestellt hatte, erfuhr man, er sei ein Korse von niederer Abkunft namens Fieschi, der alle Gewerbe durchgemacht habe, selbst Überläufer und Spion gewesen, durch ein entehrendes Urteil geschändet, in das tiefste Elend gesunken war und sich aus Spekulation zum politischen Mörder gemacht hatte, indem er sich einigen unglücklichen Fanatikern verkaufte, welchen der Königsmord kein Verbrechen schien.
    Fieschi, seinen verräterischen Gewohnheiten getreu, hatte nichts Eiligeres zu tun, als diese Fanatiker den Gerichten zu überliefern. Es waren ein Sattler aus der Straße St. Victor und ein Gewürzkrämer aus dem Faubourg St.-Antoine, zu welchen sich später ein Klempner namens Boireau und ein Buchbinder namens Bescher gesellt hatten.
    Dieses Verschwörerpersonal war durchaus schlecht rekrutiert, um das Schicksal eines Reiches zu ändern. Ich will die bekannten Verhandlungen in dieser Angelegenheit nicht noch einmal erzählen.
    Die Erinnerung an Lacenaire war noch in den Gemütern wach. Wenn Fioschi nicht jenem berühmten Muster so weit folgte, daß er dem Verbrechen eine Lobrede hielt, so ahmte er ihm doch in der Schändlichkeit der Angeberei nach. Weniger darauf bedacht, sich selbst zu rechtfertigen, als seine Mitschuldigen anzuklagen, erwarb er sich die Geneigtheit der Polizei, welche in dieser Angelegenheit gern eine höhere Urheberschaft auffinden mochte, und da die Zeit den Verbrechern günstig war, so fand auch Fieschi im Publikum nach Lacenaire seine Ernte an Popularität. Er wurde in seinem Gefängnis gepflegt und konnte vor dem Pairshofe eine neue Art der Beredsamkeit entfalten, deren possierliche Ausschweifungen zuweilen zum Lächeln reizten, deren gallichte und gehässige Ausfälle aber auch das Herz mit Widerwillen erfüllten.
    Das Ergebnis dieser Bemühung war, daß Fieschi zwei seiner Mitschuldigen, den Sattler namens Morey, einen Greis von einundsechzig Jahren, und den Gewürzkrämer namens Pépin, kaum fünfunddreißig Jahre alt und Vater von vier jungen Kindern, mit sich auf das Schafott zog. Boireau aber wurde nur zu zwanzig Jahren Haft verurteilt und Bescher freigesprochen.
    Morey
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