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Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot

Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot

Titel: Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot
Autoren: Lisa J. Smith
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und liefen weiter hin-
    unter in das kleine Tal, in dem sich der neuere Teil des Friedhofs befand.
    Schließlich setzten Elena und Stefano sich in das frisch gemähte Gras
    neben dem großen, marmornen Grabstein, in den der Name »Gilbert«
    eingemeißelt war.
    »Hi, Mom. Hi, Dad«, flüsterte Elena. »Es tut mir leid, dass ich so lange
    nicht hier war.«
    Damals, in ihrem alten Leben, hatte sie das Grab ihrer Eltern oft be-
    sucht, nur um mit den beiden zu reden. Sie hatte das Gefühl gehabt, als
    könnten sie Elena irgendwie hören, als würden sie ihr von dort, wo sie jetzt
    waren, Gutes wünschen. Sie hatte sich immer erleichtert gefühlt, wenn sie
    ihnen von ihren Sorgen erzählen konnte. Und bevor ihr Leben so kompliz-
    iert geworden war, hatte sie ihnen alles erzählt.
    Sie streckte eine Hand aus und berührte sanft die Namen und Daten, die
    in den Grabstein gemeißelt waren. Dann senkte sie den Kopf.
    »Es ist meine Schuld, dass sie tot sind«, murmelte sie. Stefano gab einen
    leisen Laut von sich, der Widerspruch signalisierte, und sie drehte sich zu
    ihm um. »Es ist meine Schuld«, wiederholte sie, und ihre Augen brannten.
    »Die Wächter haben mir den Hergang erzählt.«
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    Stefano seufzte und küsste sie auf die Stirn. »Die Wächter wollten dich
    töten«, erwiderte er. »Um dich zu einer von ihnen zu machen. Und
    stattdessen haben sie versehentlich deine Eltern getötet. Es ist ebenso
    wenig deine Schuld, als hätten sie auf dich geschossen und ihr Ziel
    verfehlt.«
    »Aber ich habe meinen Vater in jenem kritischen Augenblick abgelenkt
    und den Aufprall verschuldet«, sagte Elena und ließ die Schultern hängen.
    »Die Wächter selbst haben von einer ›missglückten Mission‹ ge-
    sprochen«, entgegnete Stefano, »und würden alles dafür tun, dass es nicht
    nach ihrer Schuld klingt. Sie geben Fehler nicht gerne zu. Tatsache ist
    aber, dass der Unfall, bei dem deine Eltern ums Leben kamen, nicht
    passiert wäre, wenn die Wächter nicht eingegriffen hätten.«
    Elena senkte die Lider, um die Tränen zu verbergen, die in ihren Augen
    schwammen. Was Stefano sagt, ist wahr, dachte sie. Trotzdem gelang es
    ihr nicht, den meineSchuldmeineSchuldmeineSchuld- Chor in ihrem Kopf
    zum Schweigen bringen.
    Da bemerkte sie einige wilde Veilchen, die links von ihr wuchsen, und
    sie pflückte sie zusammen mit einigen Butterblumen. Stefano schloss sich
    ihr an und reichte ihr ein Sträußchen Akelei mit gelben glockenförmigen
    Blüten, das sie ihrem winzigen Wildblumenstrauß hinzufügen konnte.
    »Damon hat den Wächtern nie vertraut«, bemerkte er leise. »Nun,
    natürlich nicht – sie halten nicht viel von Vampiren. Aber darüber hinaus
    …« Er griff nach einem Stängel wilder Möhre, der neben einem nahen Gr-
    abstein wuchs. »Damon hatte ziemlich fein geschärfte Sinne, um Lügen
    aufzuspüren – Lügen, die Leute sich selbst einredeten, und Lügen, die sie
    anderen Leuten auftischten. Als wir Kinder waren, hatten wir einen Priv-
    atlehrer – einen Priester. Ich mochte ihn, mein Vater vertraute ihm, aber
    Damon hatte für ihn nur Verachtung übrig. Als der Mann mit dem Gold
    meines Vaters und einer jungen Dame aus der Nachbarschaft davonlief,
    war Damon als Einziger nicht überrascht.« Stefano lächelte Elena an. »Er
    sagte, die Augen des Priesters seien falsch gewesen. Und dass er zu glatt
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    gesprochen habe.« Stefano zuckte die Achseln. »Meinem Vater und mir ist
    das nie aufgefallen. Aber Damon.«
    Elena lächelte zittrig. »Er wusste immer genau, wenn ich nicht ganz ehr-
    lich zu ihm war.« Plötzlich blitzte eine Erinnerung in ihr auf: an Damons
    dunkle schwarze Augen, die in ihre schauten, seine Pupillen erweitert wie
    die einer Katze, den Kopf zur Seite geneigt, als ihre Lippen sich trafen. Sie
    wandte den Blick von Stefanos warmen grünen Augen ab, die so anders
    waren als Damons dunkle, und wand den dicken Stängel der wilden Möhre
    um die Blumen in ihrer Hand. Als der Strauß zusammengebunden war,
    legte sie ihn auf das Grab ihrer Eltern.
    »Ich vermisse ihn«, sagte Stefano leise. »Es gab eine Zeit, da hätte ich
    gedacht … eine Zeit, da sein Tod vielleicht eine Erleichterung gewesen
    wäre. Aber ich bin so dankbar, dass wir zueinander gefunden haben – dass
    wir wieder Brüder waren – bevor er starb.« Er legte Elena sanft eine Hand
    unters Kinn und hob ihren Kopf, sodass sie ihm in die Augen sehen
    musste. »Ich weiß doch, dass du ihn geliebt hast, Elena. Es ist in
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