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Tag der Buße

Titel: Tag der Buße
Autoren: Faye Kellerman
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ich mich damit egoistisch verhalte, dann ist es eben so. Mrs. Levine, es wäre das Beste für alle, keine schlafenden Hunde zu wecken.«
    Frieda senkte den Kopf. »Wenn ich es nun meinen Kindern erzählte? Nicht meinem Mann. Das könnte ich nicht, aber meinen Kindern … sie könnten die Wahrheit ertragen.«
    »Nein, tun Sie das nicht«, sagte Decker. »Bitte, tun sie das nicht. Ich werde nie mehr nach Brooklyn kommen, warum also überhaupt damit anfangen? Was hätte das für einen Sinn? Sie sind eine religiöse Frau. Was würde Ezra denken? Was würden Ihre Töchter denken? Warum sollten sie schlecht von Ihnen denken? Und wenn es Ihr Mann per Zufall doch erführe? Warum wollen Sie sich zu diesem späten Zeitpunkt mit all diesem … diesem Müll auseinandersetzen? Sie haben Ihren Frieden mit mir gemacht. Nun machen Sie Ihren Frieden mit Gott. Und seien Sie nicht so hart gegen sich selbst. Sie sind eine gute Frau, die einmal einen Fehler gemacht hat. Ich jedenfalls bin sehr froh, daß Sie ihn gemacht haben.«
    Frieda spürte einen Kloß im Hals und mußte heftig schlucken. Sie nahm seine Hand und küßte sie. Dann hielt sie sie noch weiter fest, um ihre Wärme zu spüren. Decker nahm ihre Hand, küßte sie ebenfalls und streichelte sie. Dann legte er sie in ihren Schoß zurück.
    »Passen Sie bitte gut auf sich auf«, sagte er. »Und auf Ihre Familie, besonders auf Noam. Ich wünsche Ihnen allen alles Gute.«
    Frieda nickte und ließ ihn zögernd los. Dann stand sie auf und ging zur Tür. Bevor sie hinausging, wünschte sie ihm ohne Tränen ein Schana towa. Gemar chatima towa.
    Ein gutes neues Jahr. Möge dir das Schicksal günstig sein.
     
    Obwohl sie normalerweise keine Flugangst kannte, war Rina nervös. Wenn nun Peters Wunde aufging, während sie in der Luft waren? Sie hatte ihn gebeten, noch ein oder zwei Tage zu warten, aber er war immer noch jenseits aller Vernunft. Verhielt sich immer noch stur wie ein Maulesel.
    Ich muß hier raus, hatte er zu ihr gesagt.
    Na schön, hatte Rina geantwortet. Sie könnten ja in ein Hotel im Norden des Staates New York gehen. Dann kriegen die Kinder was von der schönen Herbstlandschaft mit.
    Ich hasse die Kälte.
    Wir suchen uns ein schönes geheiztes Hotel. Oder eine bezaubernde kleine Pension. Du magst doch die Natur.
    Vergiß es.
    Können wir dann nicht wenigstens mit dem Auto nach Florida fahren? Dann wären wir, falls du – was Gott bewahre – Hilfe brauchst, nicht zehntausend Meter hoch in der Luft.
    Ich werde keine Hilfe brauchen, und Autofahren ist anstrengend. Ich fliege mit dem Flugzeug nach Florida. Wenn ihr mitkommen wollt, müssen du und die Jungs ebenfalls ein Flugzeug nehmen.
    An diesem Punkt hatte Rina aufgegeben.
    Jetzt saßen sie in einem Terminal am Kennedy International und warteten, daß ihr Flug aufgerufen wurde. Rina versuchte sich zur Ruhe zu zwingen. Reine Willenssache. Aber es funktionierte nicht.
    Peter war schlechtgelaunt und hatte große Schmerzen. Nicht daß er das zugegeben hätte. Wenn man ihn fragte, behauptete er, es ginge ihm gut. Aber sie wußte es besser. Die Jungen ebenfalls. Sie hatten furchtbare Angst, daß er jeden Moment sterben könnte.
    Sie versicherte ihnen, daß er nicht sterben würde.
    Er versicherte ihnen, daß er nicht sterben würde.
    Doch weil man ihm ansah, daß er große Schmerzen hatte, klangen diese Versicherungen hohl. Sammy und Jacob waren eindeutig verängstigt. Normalerweise töteten sie Rina vor einem Flug den letzten Nerv. Jetzt saßen sie da wie Statuen.
    Absolut untypisch.
    Rina nahm zwei Zehn-Dollar-Scheine aus ihrer Brieftasche und sagte zu ihnen: »Habt ihr nicht Lust, euch irgendwas Schönes für den Flug zu kaufen?«
    Sie sahen sich an. Dann sagte Sammy zu Peter: »Ist das okay?«
    »Wieso fragst du mich denn um Erlaubnis?« blaffte Decker ihn an. »Wenn eure Mutter sagt, es ist okay, dann ist es okay.«
    Sammy zuckte bei dem Tonfall der Stimme seines Stiefvaters zusammen.
    Decker seufzte. »Sammy, es geht mir gut – nein, es geht mir nicht gut. Ich hab’ im Moment leichte Schmerzen. Aber es wird alles wieder gut.«
    »Ich laß dich in Ruhe, Peter«, sagte Sammy.
    »Ich auch«, stimmte Jake mit ein.
    »Nein, ich will ja gar nicht, daß ihr mich in Ruhe laßt«, sagte Decker. »Ich hab’ euch beide sehr lieb und freue mich darauf, eine Weile mit euch zusammen zu sein und Dinge zu tun, die ich als Kind gemacht habe. Aber im Augenblick bin ich ein bißchen grantig. Tut mir den Gefallen und seht einfach
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