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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde
Autoren: O Krouk
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vielleicht, in dem ein Bett, ein schmaler Schrank und ein Nachtschränkchen Platz fanden. Ein Fenster mit heruntergefahrenen Jalousien zu ihrer Linken. Eine Tür, zu der das Fußende des Betts zeigte.
    Sie war am Leben.
    Sie befand sich in einem Krankenhaus.
    Schon wieder.
    Ein Grund mehr, von den Kollegen verspottet zu werden. Sicherlich zerrissen sie sich bereits die Mäuler über ihren missglückten …
    Oh Höllenfürst! Sie war nicht im Dienst verletzt worden, sondern bei einer heimlichen Mission, als sie und Ash versucht hatten …
    Ash!
    Plötzlich saß sie aufrecht und blinzelte eine schmutzig weiße Wand an. Für einen Sekundenbruchteil verschwamm die Umgebung vor ihren Augen, und die Uhr an der Wand blinzelte zurück. Seltsam, dieses Bild, das ihr Hirn da in die Realität projizierte. Ebenso fremd erschien ihr auch ihr Körper, den sie noch nicht vollständig wieder unter Kontrolle hatte. Aber wenigstens war sie nicht mit Handschellen an das Bett gefesselt. Also keine Gefangene. Noch nicht.
    Während sie ihre Atmung in den Griff bekam, hörte auch ihr Herz auf, gegen den Brustkorb zu trommeln. Sobald ihr Körper mitmachen würde, musste sie von hier weg, und zwar schleunigst.
    Unter dem Krankenhausnachthemd tastete sie über den Verband, der ihren Bauch wie ein Korsett einzwängte. Keine Schmerzen. Zumindest keine, die zu ertragen sie nicht gelernt hätte.
    Sie stützte sich ab, rutschte von der Bettkante, und die Beine gaben unter ihr nach. Sie krallte sich am Bettgestell fest und drückte ihr Gesicht in das Laken, an dem der warme Geruch ihres Körpers klebte. Die Knie taten ihr vom Aufprall weh, doch sie versuchte, sich hochzustemmen.
    Los, steh auf!
    Wie an der Akademie. Irgendwann lag sie immer auf dem Boden, aber sie kam jedes Mal wieder hoch. Auch jetzt, obwohl es keinen Ausbilder gab, der nach ihr treten würde.
    Ihre Beine zitterten unter dem Gewicht ihres Körpers. Die nackten Fußsohlen klebten am kalten Linoleum. Nach einigen Atemzügen traute sie sich, das Bett loszulassen und einen Schritt zu machen. Gleich einen weiteren. Schon wieder schien ihr der Boden fast entgegenzukommen. Doch diesmal behielt sie ihr Gleichgewicht und sah mit zusammengekniffenen Lidern zur Uhr, die es nicht mehr wagte, ihr zuzuzwinkern.
    Die Tür schwang auf.
    Erschrocken taumelte Zarah zurück. An ihrem Rücken ging das Krankenhausnachthemd auf. Mit entblößtem Hintern drückte sie sich gegen die Wand, während eine Krankenschwester an ihr vorbeiflatterte. Die Gute war so ungestüm, dass sie mit ihrem rechten Schmetterlingsflügel am Türrahmen entlangschrammte und der Staub einem azur-silbernen Regen gleich zu Boden rieselte. Sie landete auf dem Fußende des Betts, die vogelartigen Krallen um den metallenen Bogen geschlungen, und fixierte Zarah mit ihren Facettenaugen.
    »Ach, du bist ja eine ganz Ungeduldige!«, flötete die Krankenschwester, und ihr Stimmchen schraubte sich unerträglich in die Höhe. »Du darfst doch nicht aufstehen! Oder denkst du, wir hätten nicht genug Mühe mit dir gehabt? Husch, husch, in dein Bettchen, meine Süße!«
    Vorsichtig schielte Zarah zur Tür – doch der fliegende Liebreiz in Person schalt sie erneut, diesmal noch fiepender, höher und schneidender: »Nein, nein, nein! Denk nicht einmal daran, du Dummerchen.«
    Zarah schüttelte den Kopf, um das Pfeifen und Schrillen aus ihren Ohren herauszubekommen. An der Wand entlang schob sie sich zu ihrem Bett und setzte sich, die Hände brav im Schoß zusammengelegt. Die Vorstellung, dem Flatterwesen einfach den Hals umzudrehen und somit für Stille zu sorgen, lockte sie immer mehr.
    »Wunderbar, Liebes! Einfach wunderbar! Du machst das ganz toll, mein Herzchen.«
    Nein, du willst sie nicht töten.
    Stattdessen beschloss Zarah, sich bei der nächsten Verniedlichungsform zu übergeben. Zum Glück kam schon der Arzt und unterbrach den sich anbahnenden Redeschwall. Behutsam lehnte er die Tür hinter sich an, als befürchtete er, durch ein unbedachtes Geräusch ein Monster aufzuwecken.
    Durch und durch menschlich, der Mann. Dafür brauchte Zarah nicht einmal nach dem Armband mit dem Identifizierungschip Ausschau zu halten, welches die Menschen zu tragen hatten, um sich als solche kenntlich zu machen. Armfessel nannten sie es, obwohl das Band sie gar nicht physisch fesselte und mehrere vom Obersten Dämonenrat geförderte Forschungsinstitute bestätigten, dass das Gefühl der Freiheitsberaubung sich bereits nach einem halben Jahr
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